Der Internationale Währungsfonds (IWF) rechnet mit "gravierenden wirtschaftlichen Auswirkungen" der Coronavirus-Pandemie in Europa. Das Virus habe Europa "mit atemberaubender Heftigkeit" getroffen, berichtet die Süddeutsche Zeitung mit Verweis auf den IWF. In den großen Volkswirtschaften falle wegen der landesweit angeordneten Schließungen ganzer Branchen rund ein Drittel der Produktion aus.
"Das bedeutet, dass in jedem Monat, in dem diese Sektoren geschlossen bleiben, das jährliche Bruttoinlandsprodukt um drei Prozent sinkt", ziert die Süddeutsche den IWF. Hinzu kämen die Störungen und Auswirkungen auf die übrige Wirtschaft. Europa werde in eine "tiefe Rezession stürzen". Niemand könne wissen, wie lange sie anhalten werde.
Der Währungsfonds weist darauf hin, dass die sozialen Marktwirtschaften Europas nicht auf Krisen wie diese ausgerichtet seien. Die Regierungen stemmten sich mit "aggressiven" Maßnahmen dagegen, sowohl zeitlich als auch vom Umfang her. "Wenn es jemals eine Zeit für die Verwendung verfügbarer Finanzpuffer und politischer Räume gab, dann ist es das jetzt." Die von den Ländern in Windeseile geschnürten Rettungsprogramme und die Aussetzung fiskalischer Regeln seien die richtige Antwort, schreibt der IWF in einem Blog. "Die Haushaltsregeln und -grenzen werden zu Recht ausgesetzt, um eine umfassende Soforthilfe zu ermöglichen." Zentralbanken hätten zudem massive Programme für den Ankauf von Vermögenswerten auf den Weg gebracht. Und die Finanzaufsicht Anforderungen gelockert, damit Banken weiterhin die Wirtschaft stützen können.
Der IWF hält die groß angelegten Interventionen der Europäischen Zentralbank sowie die Forderung der europäischen Staats- und Regierungschefs, dass Länder in Notlagen den Euro-Rettungsfonds nutzen können, für "wichtig". Die Entschlossenheit der Euro-Staaten, das Notwendige zur Stabilisierung des Euro zu tun, "sollte nicht unterschätzt werden". Die Idee gemeinsamer Euro-Anleihen, sogenannter Corona-Bonds, wird nicht erwähnt.
Der IWF verweist darauf, dass die meisten der europäischen Länder, die nicht Mitglied der EU sind, bereits um Finanzhilfen in Washington angefragt hätten. "Von Russland und der Türkei abgesehen, haben die meisten der neun Nicht-EU-Schwellenländer in Mittel- und Osteuropa bereits Soforthilfe beantragt", heißt es in dem Blog. Sie kommen zu den mehr als 70 Ländern hinzu, die ohnehin bereits Soforthilfe beim IWF angefragt haben. "Das ist die höchste Zahl an Nachfragen nach Krediten, die der IWF jemals zu einem Zeitpunkt hatte." Die Länder ersuchen um schnelle Kredite, um die unmittelbaren Folgen der Corona-Krise zu finanzieren. Der IWF erwartet, dass weitere Länder folgen werden.
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Diese Studie schätzt die volkswirtschaftlichen Kosten der wegen der Corona-Epidemie erfolgenden partiellen Stilllegung der Wirtschaft anhand von Szenarienrechnungen. Bei einer Shutdown-Dauer von zwei Monaten erreichen die Kosten je nach Szenario zwischen 255 und 495 Mrd. Euro und reduzieren die Jahreswachstumsrate des BIP zwischen 7,2 und 11,2 Prozentpunkte; bei drei Monaten erreichen sie bereits 354 bis 729 Mrd. Euro (10,0 bis 20,6 Prozentpunkte Wachstumsverlust). Am Arbeitsmarkt könnten bis zu 1,8 Mio. sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze (1,35 Mio. Vollzeitäquivalente) abgebaut werden und mehr als 6 Mio. Arbeitnehmer von Kurzarbeit betroffen sein. Die öffentlichen Haushalte werden ohne Berücksichtigung der umfangreichen geplanten Bürgschaften und Kredite um bis zu 200 Mrd. Euro belastet. Von besonderer Relevanz für politische Entscheidungen ist die Frage, welche Kosten eine Verlängerung des Shutdown verursacht. Hier zeigt sich, dass eine einzige Woche Verlängerung zusätzliche Kosten in Höhe von 25 bis 57 Mrd. Euro und damit einen Rückgang des BIP-Wachstums von 0,7 bis 1,6 Prozentpunkte verursacht. Angesichts dieser Kosten ist es besonders dringlich, Strategien zu entwickeln, um die Wiederaufnahme der Wirtschaftstätigkeit mit dem Eindämmen der Corona-Epidemie vereinbar zu machen.
Download der Publikation mit den Szenariosimulationen unter: http://www.ifo.de/DocDL/sd-2020-04-fuest-etal-volkswirtschaftliche-kosten-corona-2020-04-15.pdf