Der geplante Schuldenschnitt für Griechenland stellt nach Aussage von Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann den Status von Staatsanleihen als risikofreie Wertpapierklasse in Frage. Insbesondere ausländische Investoren fragten sich, warum sie europäische Staatsanleihen kaufen sollten, wenn sie eventuell an der Schuldentilgung beteiligt würden, sagte Ackermann am Montag bei der Euro Finance Week in Frankfurt. Mit dem Schuldenschnitt gebe die Politik explizit zu, "dass Staatsanleihen nicht mehr risikofrei sind".
In der gegenwärtig gültigen Eigenkapitalrichtlinie Basel II werden Staatsanleihen von Mitgliedsländern der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) offiziell als "risikofrei" eingestuft und bei der Bemessung von Eigenkapitalanforderungen deshalb mit "Null" gewichtet. Gleichwohl meiden Banken derzeit die Anleihen vieler Staaten, wie die Renditeanstiege prominenter staatlicher Schuldner in Europa zeigen. Commerzbank-Chef Martin Blessing hatte kürzlich sogar von einem "Käuferstreik" gesprochen.
Vor diesem Hintergrund forderte Ackermann, sich noch einmal über die Vorgaben der künftigen Eigenkapitalrichtlinie Basel III zu unterhalten, denn diese zwinge Banken dazu, noch mehr Staatsanleihen zu kaufen. Der Vorsitzende des Baseler Ausschusses, Stefan Ingves, hatte in der vergangenen Woche gesagt, über den regulatorischen Status der Risikofreiheit von Staatsanleihen müsse in nächster Zeit geredet werden.
Der deutsche Finanzsstaatssekretär Jörg Asmussen sprach sich am Montag dafür aus, zunächst an der Nullgewichtung von Staatsanleihen bei der Ermittlung des Eigenkapitalbedarfs festzuhalten. "Der Ansatz der Nullgewichtung von Staatsanleihen muss mittelfristig überdacht werden, aber nicht jetzt, nicht mitten in der Krise", sagte er.
Unruhige Dekade für Banken
Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann rechnet mit einer unruhigen Dekade für Banken. Insbesondere die Auswirkungen der verstärkten Regulierung seien nicht absehbar, sagte Ackermann. Er sieht jedoch die Gefahr gegeben, dass deutsche Banken im globalen Wettbewerb ins Hintertreffen geraten. "Natürlich kann man europäischen Banken viele Fesseln anlegen." Dadurch könne eine gewisse Sicherheit entstehen. "Aber dann können wir im Wettbewerb nicht bestehen", sagte der Banker.
Die erhöhten regulatorischen Anforderungen könnten zudem die Geschäftsmodelle der Banken enorm einschränken. "Die Wahrscheinlichkeit, dass Teilnehmer sich aus dem Markt zurückziehen oder mit anderen zusammengehen ist sehr hoch", sagte er.
Banken sollen künftig nach Willen der Politik und der Europäischen Bankenaufsicht (EBA) höhere Kapitalanforderungen erfüllen. Damit soll verhindert werden, dass ein Zusammenbruch dazu führt, dass die Finanzmärkte in eine Krise gestürzt werden, wie es nach der Insolvenz von Lehman Brothers 2008 geschehen ist.
[Bildquelle: Frank Romeike/RiskNET GmbH]
Kommentare zu diesem Beitrag
Erst kommt die Staatsanwaltschaft zu Besuch, jetzt will Ackermann nicht mehr in den Aufsichtsrat bei der Deutschen Bank wechseln. Zusammenhänge? Angeblich keine. Ackermann nennt in einer schriftlichen Mitteilung vom Montagabend seine Erklärung. "Die extrem herausfordernden Verhältnisse auf den internationalen Finanzmärkten und im politisch-regulatorischen Umfeld verlangen meine volle Aufmerksamkeit als Vorsitzender des Vorstands der Bank", schreibt er. Daher habe er keine Zeit, die "für die zur Realisierung des Vorhabens erforderlichen vielen Einzelgespräche mit Aktionären" zu führen.
Insidern zufolge hatten Investoren Bedenken angemeldet. Zwei gewöhnlich gut informierte Personen bemängelten, dass Ackermann nicht genügend Zeit habe, um sich bei ihnen in Stellung zu bringen. Zudem sei es schwierig sich zu positionieren, weil derzeit gegen den Deutsche-Bank-Chef ermittelt wird, erklärten die beiden Personen. Unter den Investoren der Deutschen Bank müsste er im Vorfeld der Hauptversammlung 25% für seine Kandidatur gewinnen, um direkt vom Vorstandsvorsitz in den Aufsichtsrat zu wechseln. Ansonsten muss er die vom deutschen Aktiengesetz vorgesehene zweijährige Karenzzeit einhalten.
Als neuer Kandidat für den Aufsichtsratsvorsitzen der Deutschen Bank wurde der derzeitige Allianz-Vorstand Paul Achleitner vorgeschlagen. Wie die Allianz am Montagabend mitteilte, wird Paul Achleitner Ende Mai 2012 aus dem Vorstand der Allianz SE ausscheiden, wenn ihn der Aufsichtsrat von seinen vertraglichen Verpflichtungen entbindet. Der Personalausschuss wird dem Aufsichtsrat in seiner ordentlichen Sitzung im Dezember empfehlen, dieser Bitte zu entsprechen. Ein Nachfolger werde rechtzeitig bestimmt, hieß es.
"Es ist ein Verlust für die Allianz, aber ein Gewinn für die deutsche Finanzwelt und den guten Ruf deutscher Unternehmen", schreibt Allianz-Chef Michael Diekmann in einer Mitteilung an die Belegschaft, in die Dow Jones Newswires Einblick hatte. Profitieren werde außerdem der Ruf der Allianz als traditionelle Talentschmiede für höchste Führungspositionen innerhalb der deutschen Wirtschaft. "Paul Achleitners dreißigjährige Kapitalmarkterfahrung qualifiziert ihn für diese große Herausforderung", so Diekmann.
Geplant war eigentlich, dass Ackermann auf der Hauptversammlung im Mai 2012, an deren Ende er aus seinem Amt als CEO ausscheidet, an die Spitze des Aufsichtsrates gewählt wird.
Sie waren es NIE!!!