Operational Risk

Älteste Bank der Schweiz unter Verdacht des Steuerbetrugs


Älteste Bank der Schweiz unter Verdacht des Steuerbetrugs News

Strafverfolger in den Vereinigten Staaten ermitteln gegen die älteste Bank der Schweiz wegen des Verdachts, für amerikanische Bürger insgesamt 1,2 Milliarden Dollar auf Auslandskonten versteckt und damit der Besteuerung entzogen zu haben. Es ist der jüngste Fall von einer ganzen Reihe von Steuervergehen, denen die USA in der Schweiz nachgeht.

Die Anklageschrift richtet sich gegen die Privatbank Wegelin & Co, gegründet 1741. Es ist das erste Mal, dass sich die amerikanischen Behörden damit eine komplette Bank vorknöpfen und nicht wie in der Vergangenheit mehrfach einzelne Banker aus der Schweiz.

Bei der UBS-Niederlassung in Stamford im Bundesstaat Connecticut beschlagnahmten die Strafverfolger von einem Konto der Bank Wegelin 16 Millionen Dollar. "Die Wegelin Bank hat US-Steuerzahlern bei der Hinterziehung geholfen oder diesen Taten Vorschub geleistet", sagte Preet Bharara, der zuständige Staatsanwalt aus Manhattan. "Und sie haben sich nicht davon abschrecken lassen, dass mit der Untersuchung ähnlicher Praktiken bei der UBS eine kristallklare Warnung ausgesprochen war."

Richard Strassberg, der Rechtsvertreter der Bank wollte sich zu den Vorwürfen nicht äußern. Wegelin & Co verwaltete Ende 2010 ein Gesamtvermögen von etwa 25 Milliarden Dollar.

Das Kreditinstitut steht seit Anfang Januar unter Beschuss aus Amerika. Zunächst waren drei Banker mit dem gleichen Vorwurf ins Visier der Strafverfolger geraten. Zwischen 2002 und 2011 sollen sie Kunden geholfen haben, amerikanisches Geld vor dem Fiskus zu verstecken.

Wegelin, so die Strafverfolger, habe sich bemüht, sogar in die Lücke zu springen und Geschäfte zu übernehmen, die bei der Großbank UBS nicht mehr zu machen waren, nachdem dort die Steuerfahnder schon 2008 zugeschlagen hatten.

Die UBS und ein weiteres Kreditinstitut haben ihren Service mit unangemeldeten Nummernkonten inzwischen aufgegeben. Wegelin will diesen Weg anscheinend nicht gehen. "Wir bleiben bei unseren Verpflichtungen", sagte Wegelin-Partner Konrad Hummler in der vergangenen Woche. Die Bank werde die anstehenden Prozesse bis zum Ende durchfechten.

Die UBS AG hatte dagegen 2009 eingeräumt, am Steuerbetrug gegenüber den US-Behörden mitverantwortlich zu sein. Um nicht strafrechtlich belangt zu werden, brach die UBS ihr lange gehütetes Bankgeheimnis und übergab den US-Behörden eine Liste mit den Namen von 4.000 Kontoinhabern. Zusätzlich zahlte UBS 780 Millionen Dollar Strafe.

Die Anklageschrift im Fall Wegelin zeigt nach Einschätzung des Anwalts Bryan Skarlatos, dass "die USA Willens ist, auch die Schweizer Banken selbst zu belangen, wenn sie nicht die Namen derjenigen Kontoinhaber nennen, die in Amerika Steuern zahlen müssen." Skarlatos ist für die New Yorker Kanzlei Kostelanetz & Fink tätig und hat hunderte Steuerschuldner mit Geheimkonten vertreten.

Auch die Schweiz insgesamt gerate wieder unter Druck, ein Abkommen für alle Banken gültiges Abkommen zu schließen, sagte Skarlatos. Derartige Verhandlungen laufen seit Monaten. Die USA verlangt die Herausgabe aller Namen amerikanischer Steuerbürger, die Geheimkonten im Steuerparadies Schweiz unterhalten.

Das Verfahren erlaubt einen der seltenen Einblicke in die geschützte Welt der eidgenössischen Bankenwelt. "Ganz gezielt" habe es Wegelin darauf "angelegt", jene Kunden anzuwerben, die bei der UBS ihre Gelder nicht mehr vor der Steuer hätten verstecken können, heißt es in der Anklageschrift. Mitarbeiter der Bank hätten ihren Kunden ausdrücklich versprochen, dass US-Behörden nicht von ihren Konten erfahren würden. Auf die lange Tradition des Bankgeheimnisses sei dabei hingewiesen worden.

In der Anklageschrift werden sehr anschaulich Details der Beziehungen mit drei Dutzend amerikanischen Bankkunden beschrieben. Selbst die versteckten Summen können nachgelesen werden. Geworben habe die Bank aus St. Gallen damit, dass sie schwer von den US-Behörden zu belangen sei, weil sie außerhalb der Schweiz keine Niederlassungen unterhalte. "Weil die Kunden Angst vor einer strafrechtlichen Verfolgen aus den USA hatten", heißt es in der Anklageschrift, habe Wegelin entschieden, man könne hohe Gebühren für seine Dienste verlangen.

Um das System zu perfektionieren, sei es diesen Kunden erlaubt worden, Konten unter falschem Namen zu führen oder lediglich mit der berühmten Nummer. Daneben habe die Bank Scheinfirmen und Stiftungen gegründet, die unter dem Recht von Liechtenstein, Panama oder Hongkong firmierten. Über die Webseite SwissPrivateBank.com, die von einer Drittfirma geführt wurde, hat Wegelin nach Erkenntnissen der Staatsanwälte zwischen 2005 und 2009 neue Kunden geworben.

Um das Risiko einer Enttarnung zu verringern, hätten Banker zeitweise private Mailadressen benutzt um E-Mails mit den US-Kunden auszutauschen. Kontostände oder Dokumente seien nie elektronisch verschickt worden.

Die Bank Wegelin hat sich auf das jetzt bevorstehende Strafverfahren vorbereitet. Im Januar wurde der größte Teil der Bank an die Raiffeisen-Gruppe verkauft, um es vor dem Zugriff der US-Behörden zu sichern. Wegelin & Co behielt nur das US-Geschäft. Auch das halbe Dutzend Managing Partners ist weiter an Bord.

 

[Bildquelle: iStockPhoto; Text basierend auf The Wall Street Journal]

Risk Academy

Die Intensiv-Seminare der RiskAcademy® konzentrieren sich auf Methoden und Instrumente für evolutionäre und revolutionäre Wege im Risikomanagement.

Seminare ansehen
Newsletter

Der Newsletter RiskNEWS informiert über Entwicklungen im Risikomanagement, aktuelle Buchveröffentlichungen sowie Kongresse und Veranstaltungen.

jetzt anmelden
Lösungsanbieter

Sie suchen eine Softwarelösung oder einen Dienstleister rund um die Themen Risikomanagement, GRC, IKS oder ISMS?

Partner finden
Ihre Daten werden selbstverständlich vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Weitere Informationen finden Sie in unseren Datenschutzbestimmungen.