Sport und Business haben viel gemein. Nicht nur im Sponsoring, der Werbung oder bei Fernsehverträgen. Auch in den jeweiligen Disziplinen liegt eine gewisse Nähe, in der akribischen Vorbereitung, hier wie dort. Ein Beispiel: der Biathlonsport. Dort liegen Chance und Risiko nah beieinander – sei es beim Schießen oder der Wahl des richtigen Materials. Einblicke in seine Sportart Biathlon gab unserer Redaktion Benedikt Doll. Einer, der es wissen muss, schließlich wurde Doll erst vor kurzem Weltmeister in Hochfilzen. Die Fragen stellten Frank Romeike, Gründer und geschäftsführender Gesellschafter des Kompetenzportals RiskNET sowie verantwortlicher Chefredakteur der Zeitschrift RISIKO MANAGER, und Prof. Dr. Matthias Scherer, Technische Universität München.
Sie sind etwas überraschend Weltmeister bei der WM 2017 in Hochfilzen geworden! Glücklicher Zufall oder punktgenaue Vorbereitung?
Benedikt Doll: Das kann man von zwei Seiten betrachten. Zum einen muss in diesen 24 Minuten Wettkampf alles passen. Läuferisch bin ich immer dabei, jedoch am Schießstand brauche ich manchmal etwas Glück. Auf der anderen Seite mache ich Biathlon schon seitdem ich sieben bin, also 20 Jahre, immer mit dem Ziel, ganz oben zu stehen, und so betrachtet ist es eher eine akribische Vorbereitung auf dieses Ziel und kein Zufall.
Wann haben Sie sich bewusst für eine Profikarriere als Sportler entscheiden? Gab es dafür ein Schlüsselerlebnis? Welche Rolle spielte ihr Vater Charly Doll, ein sehr erfolgreicher Berg- und Ultraläufer und langjähriger Weltrekordhalter im Zwölfstundenlauf?
Benedikt Doll: Die Entscheidung fällt mit dem Abschluss der Schule, bei mir war es das Abitur mit 19 Jahren. Mit diesem Alter kann man schon sehr gut abschätzen, ob eine erfolgreiche Zukunft als Profisportler realistisch ist. So steht man also mit dem Schulabschluss vor der Entscheidung weitermachen oder nicht. Für mich gab es jedoch nie die Überlegung aufzuhören. Mein Vater hat mich mit seiner Expertise und Erfahrung in Sachen Trainingsgestaltung schon sehr früh dazu gebracht, auf meinen Körper zu hören und selbst zu wissen, was für ein Training mir guttut und mich weiterbringt.
Beim Schießen ist die Risikoabwägung zwischen schnellem Anschlag und genauem Zielen offensichtlich. Geschieht solch eine Entscheidung jeweils situationsbedingt und spontan, oder legt man sich vor einem Rennen eine Strategie zurecht?
Benedikt Doll: Da kann ich nur von mir aus sprechen. Die Risikostrategie wird teilweise schon vorbestimmt und vor dem Wettkampf entschieden. Im Einzelwettkampf fällt ein Schießfehler mit einer Minute ins Gewicht, da macht es auf jeden Fall Sinn, zwei, drei Sekunden länger zu zielen. In den Wettkämpfen Mann gegen Mann beziehungsweise Frau gegen Frau entscheidet man situationsbedingt direkt am Schießstand. Da muss man manchmal auch volles Risiko schießen, um zum Beispiel zusammen mit einer Führungsgruppe den Schießstand zu verlassen. Ist man dann zu langsam, trifft man vielleicht alle Scheiben, aber das Podest ist trotzdem nicht mehr erreichbar, und man will ja ganz oben stehen.
Gehen Sie bei Staffelrennen ein anderes Risiko ein als bei Individualstarts?
Benedikt Doll: Der Unterschied von Staffelrennen zu Individualstarts sind ja die jeweils drei Nachlader. Mit diesen kann man Schießfehler noch ausmerzen. Da es, je länger man am Stand steht, aufgrund der Erschöpfung durch das Laufen, immer zittriger wird, versucht man diese Nachlader zu vermeiden und das gleiche Risiko wie in den Individualstarts zu wählen.
Welches Risiko hat ein Dopingsünder erwischt zu werden? Wie könnte das Kontrollsystem weiter verbessert werden?
Benedikt Doll: In diesem Bereich schaue ich hauptsächlich auf mich, und solange ich merke, dass ich aus eigener Kraft die Möglichkeit habe, ganz oben auf dem Podest zu stehen, ist es mir auch egal, wenn andere meinen, sie müssen den Sport manipulieren. Schade finde ich, dass es das Image des leidenschaftlichen Spitzensports so beschädigt. Das größte Problem im weltweiten Kontrollsystem sind die großen Ungleichheiten zwischen den verschiedenen Nationen. Je nach Nation wird man als Sportler unterschiedlich intensiv kontrolliert.
Welche Rolle spielt das Material im Biathlon, und wer optimiert dieses? Gibt es auch hier eine Risikoabwägung?
Benedikt Doll: Bei dem Material arbeiten wir zwar immer auf dem aktuellsten Stand, aber sehr konservativ. So wählt man bei den Skiern zum Beispiel lieber den Ski, von dem man weiß, dass er bei sich ändernden Temperaturen trotzdem noch funktioniert, als einen Ski, der zur Zeit des Skitests vor dem Wettkampf noch schneller war.
Sie studieren Marketing und Vertrieb und haben die Fotografie als Hobby. Welche Marketingmaßnahmen machen Sie noch selbst, wo vertrauen Sie auf professionelle Partner?
Benedikt Doll: Grundsätzlich habe ich bei allen Maßnahmen immer noch die Hand oben drauf. Ich arbeite jedoch mit einem Berater, der mir viele Aufgaben abnimmt, Entscheidungen vorbereitet und immer mit seiner Expertise zur Seite steht.
Die Leidenschaft fürs Kochen haben Sie vermutlich von Ihrem Vater, einem ehemaligen Sternekoch. Welche Rolle spielt die Ernährung für das Sportlerleben, und was sollte sich der Hobbysportler davon abschauen?
Benedikt Doll: Ernährung ist ein sehr wichtiger Baustein beim Erbringen sportlicher Leistung. Ohne den richtigen Nährstoff-Mix im Essen fehlt die Energie beim Sporttreiben und die Regeneration verlangsamt sich. Bei uns Spitzensportlern ist eine schlechte Ernährung ein wichtiger Prozentsatz, der fehlt, um eine Topleistung abzurufen.
Sportler sind permanente Optimierer. Was machen sie im Olympiawinter 2018 besser als in diesem Jahr?
Benedikt Doll: Das bisherige System in unserer Trainingsgruppe ist sehr erfolgreich. Bis auf wenige kleinere, individuelle Optimierungen, werden wir in der kommenden Olympiasaison wieder den gleichen Weg einschlagen. Das bedeutet ähnliche Trainingsinhalte, Trainingsorte und personelle Strukturen.
Benedikt Doll ist deutscher Biathlonprofi. Seit der Saison 2015/16 gehört Doll zum festen deutschen Kader für den Biathlon-Weltcup. Bei den Weltmeisterschaften 2017 in Hochfilzen gewann er im Sprint seinen ersten Weltmeisterschaftstitel und zugleich sein erstes Einzelrennen im Weltcup. Parallel zu seiner Profikarriere studiert er seit 2011 Marketing und Vertrieb an der HFU Furtwangen.