Die Veränderungen an den internationalen Kapitalmärkten haben in den letzten 10 Jahren einen tief greifenden Paradigmenwechsel in der deutschen Versicherungsbranche eingeläutet, so die Ergebnisse zweier Studien, die das Center for Applied Research in Finance and Insurance (CARFI) an der Universität Ulm zusammen mit der Unternehmensberatung Horváth & Partners veröffentlicht haben. Die Studie „Stand und Perspektiven der wertorientierten Steuerung in deutschen Versicherungsunternehmen“ verdeutlicht, dass in den vergangenen Jahren eine wert- und risikoorientierte Unternehmenssteuerung stark an Bedeutung gewonnen hat. Beschleunigt wird diese Entwicklung noch durch die sich abzeichnenden Anforderungen durch die internationalen Rechnungslegungsstandards IFRS sowie die Regelungen von Solvency II.
Moderne Verfahren und Modelle im Risikomanagement
Dieser Paradigmen-Wechsel erfordert moderne Verfahren und Modelle im Bereich des Risikomanagements und der Unternehmenssteuerung. Damit werden Rendite und Risiken von Produkten und Unternehmen messbar und zu zentralen Kenngrößen künftiger Unternehmenssteuerung. Asset-Liability-Management wird damit (eine zentrale) Voraussetzung für diese neue Art, Versicherungsunternehmen zu steuern.
Dabei ergeben sich allerdings eine Vielzahl von komplexen Fragestellungen:
- Welche stochastischen Modelle sind für eine konsistente Unternehmenssteuerung sinnvoll und gut geeignet?
- Welche Prozesse passen zu diesen neueren Steuerungskonzepten?
- Welche Bereiche sollen als Profitcenter gesteuert werden? Welche als Servicecenter? (Beispiele für die Problematik dieser Entscheidung sind das Management der Kapitalanlagen und der Rückversicherung)
- Wie können diese Entwicklungen durch intelligentes Data-Mining unterstützt werden?
Allerdings kommt es darauf an, sowohl die bekannten, quantifizierbaren Risiken zu managen, als auch die nicht bekannten oder nicht quantifizierbaren. Risikomanagement muss deshalb immer als ein Prozess verstanden werden, der in alle Entscheidungsprozesse des Unternehmens eingebunden werden muss.
Die Implementierung dieser neuen Modelle und Prozesse ist für jeden Versicherer ein umfangreiches und komplexes Projekt, das erhebliches Know-how erfordert. Die Studien von CARFI und Horváth & Partners zeigen, dass etliche Versicherer dies verstanden haben und mittlerweile große Anstrengungen unternehmen, diesen Veränderungsprozess erfolgreich zu gestalten.
Benchmarkstudie Solvency II: Status Quo und Erwartungen
Zu einem analogen Ergebnis kommt auch die „Benchmarkstudie Solvency II: Status Quo und Erwartungen“. Die Autoren Frank Romeike (RiskNET) und Prof. Dr. Matthias Müller-Reichart (Lehrstuhlinhaber für Risiko-Management des Studienganges Financial Services, FH Wiesbaden) sind bei der Frage nach den größten Herausforderungen bei der Umsetzung von Solvency II vor allem auf zwei Punkte gestoßen: Daten und Menschen.
Ein umfassendes und tragfähiges Risikomanagement braucht Datenkonsistenz, Datenintegrität, schnelle Zugriffe und Flexibilität bei Auswertung und Reporting. Das in vielen Versicherungen vorherschende Sammelsurium von häufig eigen entwickelten und auf unterschiedlichen Systemen laufenden Programmen und Systemen kann dieses Ziel nur bedingt unterstützen.
Neben einer notwendigen Investition in risikoadäquate IT- und Datenstrukturen muss aber auch das Humankapital in den Versicherungsunternehmen auf Solvency II vorbereitet werden. Exzellente Risikospezialisten, die sich perfekt mit hochkomplexen Risikomodellen oder der dynamischen Finanzanalyse auskennen, stellen für die Assekuranz der Zukunft zweifellos einen wesentlichen Wettbewerbsfaktor dar.
Weitere Details zur Benchmarkstudie finden Sie hier