Die beiden prominenten Ökonomen Hans-Werner Sinn und Clemens Fuest vom Münchener ifo-Institut schlagen wegen der jüngst stark angestiegenen Target-Salden im Eurosystem Alarm. Die Forderungen der Bundesbank legten im November um 46 Milliarden Euro auf den Rekordstand von 754 Milliarden zu.
Vereinfacht gesagt sind die Target-Salden die Überziehungskredite, die die Bundesbank anderen Notenbanken im Eurosystem gewährt. "Die Bundesregierung sollte intervenieren", verlangte Fuest. Deutschland müsse die Europäische Zentralbank (EZB) dazu bringen, den übermäßigen Gebrauch der Überziehungskredite zu verhindern.
Als Ursache haben beide Wirtschaftsprofessoren das Anleihekaufprogramm (QE) der EZB ausgemacht sowie eine Kapitalflucht aus dem Sorgenland Italien. Der Rückkauf von Staatspapieren durch die nationalen Notenbanken schwemme derzeit sehr viel Überweisungsgeld nach Deutschland, das großteils für den Kauf deutscher Aktien und Firmen verwendet wird. Damit sei es in Sicherheit gebracht, konstatierte Sinn parallel zu Fuest im Handelsblatt.
Für Sinn leiten sich daraus zwei gefährliche Folgen ab. Einerseits würden damit die Staaten im Süden der Eurozone wie Spanien und Italien von einem erheblichen Haftungsrisiko befreit. Denn anstatt beispielsweise eine ausländische Versicherung als Gläubiger bedienen zu müssen, wechseln die Anleihen in die Bilanz der heimischen Notenbank. Dort sind sie laut Sinn "unverzinsliche, niemals fällig zu stellende Buchschulden".
Deutschland geht nach Einschätzung von Sinn und Fuest dadurch ein erhebliches Risiko ein. Sollte ein Land aus dem Währungsblock ausscheiden, müsse die Bundesrepublik mit erheblichen Verlusten rechnen, weil die Zentralbank des ausscheidenden Landes in Konkurs ginge. Denn ihre Target-Schulden lauteten weiter auf Euro, während ihre Forderungen auf die neue nationale, stark abwertende Währung liefen.