Ein von EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso einberufenes Beratergremium um den ehemaligen Direktor des Internationalen Währungsfonds (IWF), Jacques de Larosière, hat vor einer zu starken Einbindung der Europäischen Zentralbank (EZB) in die europäische Finanzaufsicht gewarnt. Die EZB solle in der künftigen Aufsichtsstruktur zwar eine größere Rolle spielen als bisher, aber nicht in die Beaufsichtigung einzelner Banken einbezogen werden, heißt es in dem aktuellen Bericht. Das Gremium warnt davor, dass die Unabhängigkeit der EZB Schaden nehmen könnte, wenn sie beispielsweise in die Rettung einer Finanzinstitution involviert wäre. Auch wäre ein Dialog mit den 27 Staatschefs "komplex". Statt dessen regen die Berater die Schaffung eines "European Systemic Risk Council" an, der aus dem erweiterten EZB-Rat und Vertretern einiger nationaler Finanzaufsichtsbehörden bestehen sollte. Die Experten fordern in ihrem Papier zudem eine gründliche Überarbeitung von Basel II. Die Eigenkapitalanforderungen an Banken müssten erhöht und die Regeln für außerbilanzielle Einheiten verschärft werden.
Insgesamt plädiert das Gremium für eine Stärkung der europäischer Kompetenzen bei der Überwachung der Finanzdienstleistungsindustrien. Dazu sollten europäische Ausschüsse nationaler Behörden mehr Befugnisse erhalten. Diese Ausschüsse sollen verbindliche Standards für Banken, Versicherer und Wertpapierfirmen schaffen und auch Aufsichtsbefugnisse für Ratingagenturen bekommen. In dem Bericht wird darüber angeregt, dass die europäischen Staaten mit dem IWF zusammenarbeiten sollen, um ein "Frühwarnsystem" zu schaffen, das die Politikverantwortlichen rechtzeitig im Falle systemischer Risiken im Finanzsystem alarmiert. "Grundsätzlich ist die Krise deswegen entstanden, weil die Alarmglocken nicht ausreichend laut waren", erklärte de Larosière.
"Die Forderung nach einer intensiveren Zusammenarbeit der EU-Aufsichtsbehörden und einer engeren Verzahnung von makroökonomischer Analyse und Finanzmarktaufsicht wird von den privaten Banken begrüßt", erklärte Manfred Weber, Geschäftsführender Vorstand des Bankenverbandes, anlässlich der Vorstellung des Larosière-Berichtes. "Dabei darf es jedoch nicht bleiben. Wir hätten uns gewünscht, die Expertengruppe hätte sich auch - was EU-weit tätige Institute angeht - für die Übertragung von Aufsichtskompetenzen zwischen den Behörden ausgesprochen." Dadurch könne die Aufsicht auf Gruppenebene nachhaltig verbessert und für die Unternehmen spürbar erleichtert werden, so der Bankenverband. Entsprechende Vorschläge habe die EU-Kommission im Oktober 2008 im Rahmen der Überarbeitung der Capital Requirements Directive (CRD) vorgelegt, sei damals im EU-Rat aber noch auf deutlichen Widerstand gestoßen. "Somit besteht die Kluft zwischen zersplitterter Aufsichtsstruktur und politisch gewollter und ökonomisch sinnvoller EU-Finanzmarktintegration bedauerlicherweise fort", betonte Weber.
Positiv wertet der Bankenverband die Forderung der Larosière-Gruppe nach einer engeren Abstimmung von gesamtwirtschaftlicher Analyse und der Beaufsichtigung einzelner Unternehmen. "Aus den makroökonomischen Entwicklungen hätte man frühzeitiger die Gefahren für die Stabilität des Finanzsystems erkennen können. Wenn aus solchen Analysen rechtzeitig Aufsichtstrategien für systemrelevante Unternehmen und Unternehmensgruppen abgeleitet werden, kann man die Risiken für Institute und Gesamtsystem zeitiger und spürbar reduzieren", so Weber weiter. Die Schaffung des von der Arbeitsgruppe vorgeschlagenen "European Systemic Risk Council" könne hilfreich sein. Dabei komme es jedoch vor allem darauf an, die Arbeit von EZB, nationalen Notenbanken und Aufsichtsbehörden deutlich enger miteinander zu verzahnen. Vor diesem Hintergrund sei es im Übrigen sinnvoll, die Deutsche Bundesbank - wie schon die EZB - mit dem direkten Mandat für die Finanzmarktstabilität auszustatten.
Matthew Dalton ist Korrespondent von Dow Jones Newswires in Brüssel.
[Quelle: www.risiko-manager.com]
Kommentare zu diesem Beitrag