Die Überarbeitung der aufsichtsrechtlichen Genehmigungsverfahren für Fusionen und Übernahmen im Banken-, Versicherungs- und Wertpapiersektor der EU ist in Rekordzeit erfolgt. Am heutigen Tag will das Europäische Parlament (EP) in erster Lesung über die Richtlinie abstimmen. Da sich die Abgeordneten zuvor mit dem Ministerrat auf einen Kompromiss verständigt haben, ist das Gesetz damit de facto verabschiedet. Erst im September hatte die Kommission den Vorschlag für eine Richtlinie vorgelegt, mit der gleich fünf EU-Gesetze geändert werden, darunter das komplexe Regelwerk für "Märkte für Finanzinstrumente" (MiFID). Die überarbeiteten Vorgaben zielen auf neue Bewertungskriterien für ein Übernahmevorhaben und die Straffung des Prüfverfahrens ab. Strittig gewesen waren die Fristen für die Prüfung eines geplanten Zusammenschlusses. Derzeit gelten 65 Arbeitstage mit der Möglichkeit einer Verlängerung. Künftig muss die Untersuchung nach dem Kompromiss in 60 Tagen abgeschlossen werden, so wie es der Ministerrat verlangt hat. Die Kommission hatte eine Frist von 30 Tagen vorgeschlagen, der im EP führende Wirtschaftsausschuss hatte für 47 Tage plädiert. In der geplanten Richtlinie ist zudem vorgesehen, dass die Aufsichtsbehörden innerhalb der Fusionsprüfung nur einmal die Möglichkeit erhalten, das Verfahren "anzuhalten". Der Kompromiss sieht bei Fusionen von EU-Unternehmen eine Unterbrechung von maximal 20 Tagen vor und bei Fusionen, an denen Unternehmen aus einem Drittstaat beteiligt sind, 30 Tage. Bei der Bewertung eines Fusionsvorhabens sollen die Aufsichtsbehörden künftig die finanzielle Solidität des Käufers und das Geldwäscherisiko berücksichtigen sowie "das Ansehen" des Käufers und der für das neue Unternehmen vorgesehenen Führungskräfte. Mit der Gesetzesänderung wird eine Maximalharmonisierung angestrebt, mit der Protektionismus verhindert und die Wettbewerbsfähigkeit der EU-Finanzunternehmen gestärkt werden soll. Nach dem jetzigen Gemeinschaftsrecht können die Aufsichtsbehörden einen geplanten Zusammenschluss in diesem Bereich blockieren, wenn dadurch die "solide und umsichtige Führung" der Zielgesellschaft gefährdet sein könnte. Zuletzt hatten Bankenaufseher in Polen und Italien davon ausgiebig Gebrauch gemacht. In einer 2005 durchgeführten Umfrage der Kommission unter den Marktbeteiligten war die unterschiedliche Anwendung des EU-Rechts als Hindernis für die grenzübergreifende Konsolidierung des EU-Finanzsektors identifiziert worden.