Vor wenigen Tagen hat das International Accounting Standards Board (IASB) das Diskussionspapier „Internationaler Rechnungslegungsstandard (IFRS) für Versicherungsverträge – Phase II“ veröffentlicht. „Diese Veröffentlichung stellt einen Meilenstein auf dem Weg zur Entwicklung eines umfassenden und international anerkannten Standards für Versicherungsverträge dar“, sagt Axel Wehling, Geschäftsführer für die Querschnittsbereiche im Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Bislang müssen Versicherungsunternehmen für die bilanzielle Abbildung der Versicherungstechnik mit einer Zwischenlösung in Form des internationalen Rechnungslegungsstandards IFRS 4 leben.
Für die Versicherungswirtschaft ist dieses Projekt von erheblicher Bedeutung, da es um die Abbildung der Versicherungstechnik geht. Im Mittelpunkt des Diskussionspapiers stehen unter anderem das anzuwendende Bewertungsmodell, der Zeitpunkt der Gewinnerfassung, die Bewertungsbasis, die Frage des Ansatzes und des Ausweises von Abschlusskosten und die Behandlung von Gewinnbeteiligungsverträgen. Wie auch bei anderen Rechnungslegungsstandards verfolgt das IASB dabei einen prinzipienbasierten Ansatz, um der Vielfalt der Produkte zu entsprechen und auch sicherzustellen, dass der IFRS von Beständigkeit ist und nicht immer wieder an aktuelle Marktentwicklungen angepasst werden muss.
Das IASB zielt auf eine zeitwertorientierte Bilanzierung ab, womit die bisherige Bilanzierungspraxis signifikant verändert werden würde. Das Diskussionspapier geht dabei von einem so genannten „Exit Value“ aus. Demnach soll eine Verpflichtung aus einem Versicherungsvertrag mit dem Betrag angesetzt werden, den ein Versicherer leisten müsste, wenn er die Verbindlichkeiten einem Dritten überträgt. Versicherungsverträge werden aber gewöhnlich nicht an einem aktiven Markt gehandelt und übertragen, sondern abgewickelt. „Hier zeichnet sich Gesprächsbedarf mit dem IASB ab, ob sich mit dieser Methode für die Mehrzahl der Versicherungsverträge die wirtschaftliche Realität zutreffend bilanziell abbilden lässt“, so Axel Wehling.
Der GDV setzt sich nachdrücklich für eine dem Geschäftsmodell von Versicherungen adäquate Rechnungslegung ein. Charakteristisch für dieses Geschäftsmodell ist der Risikoausgleich im Kollektiv und in der Zeit. Ein zukünftiger Rechnungslegungsstandard muss nach Auffassung des GDV helfen, diese wirtschaftliche Realität angemessen abzubilden. Um dieses Ziel zu erreichen unterstützt die Versicherungswirtschaft das IASB auch weiterhin, einen weltweit akzeptierten Rechnungslegungsstandard für Versicherungsverträge zu erarbeiten. Der GDV ist optimistisch, gemeinsam mit dem IASB geeignete Regelungen zu finden. Ein endgültiger Standard für Versicherungsverträge wird allerdings frühestens im Jahr 2010 vorliegen, so dass mit einer verpflichtenden Anwendung dieses Standards ab 2011 zu rechnen ist.