Als Kompetenzzentrum der Finanzdienstleitungsbranche und zentraler Ansprechpartner für Politik und Regulatoren spielt das Frankfurter Institut für Risikomanagement und Regulierung (FIRM) in der Diskussion um eine bessere Regulierung sowie ein professionelles Risikomanagement seit Jahren eine wichtige Rolle: Sowohl durch die fundierte Aus- und Weiterbildung von Risikomanagern als auch durch die gezielte Förderung der Grundlagen- und anwendungsorientierten Forschung auf dem Gebiet des Risikomanagements und der Regulierung ist es gelungen, vielfältige inhaltliche Impulse zu setzen, den Anliegen der Finanzdienstleistungsbranche Geltung zu verschaffen und somit auch einen Beitrag zur Stärkung des Finanzplatzes Deutschland zu leisten.
Wissenschaftler diskutieren über eine nachhaltige Finanzarchitektur
Im diesem Kontext trafen sich vom 20. bis 22. Juni profunde Experten aus der Welt des Risikomanagements und der Regulierung unterschiedlicher Branchen zu einem Dialog im Hotel Hyatt Regency Mainz. Vorgeschaltet war am ersten Tag eine Wissenschaftstagung, auf der unter anderem Prof. Dr. Arnd Wiedermann (Universität Siegen) über die Regulierung der Emission strukturierter Finanzprodukte für Retail-Anleger referierte. Prof. Dr. Bernd Skiera (Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt) setzte sich mit den Auswirkungen des Nicht-Kundengeschäfts auf die Stabilität in der Finanzindustrie auseinander. Prof. Dr. Natalie Packham (Frankfurt School of Finance & Management) stellte einen Forschungsansatz zur Messung von Modellrisiken dynamischer Hedging-Strategien vor und Prof. Dr. Andreas Pfingsten (Westfälische Wilhelms-Universität Münster) setzte sich mit zyklischen Effekten auseinander. Abschließend stellte Prof. Dr. Jan Pieter Krahnen, Direktor des Center of Excellence SAFE und des Center for Financial Studies, wies in seinem Vortrag darauf hin, dass funktionsfähige Finanzmärkte eine notwendige Bedingung für eine florierende Wirtschaft, für Wachstum und Wohlstand seien. Sie lenken Kapital zu produktiven und innovativen Projekten und erhöhen damit die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt. Die letzten Jahre haben jedoch gezeigt, dass Fehlentwicklungen an den Finanzmärkten, ein schlecht ausgestaltetes Finanzsystem ungeahnte Risiken für Wirtschaft, Gesellschaft und Staat bergen.
Die Krise hat vor allem umfassende Zweifel an den Selbststabilisierungskräften der Finanzmärkte geweckt. Das Exzellenzzentrum "Sustainable Architecture for Finance in Europe" (SAFE) nimmt diese vielschichtigen Herausforderungen zum Anlass, um Anforderungen an einen optimalen Ordnungsrahmen für die Finanzmärkte und ihre Akteure im Sinne einer "nachhaltigen Architektur" zu erforschen. In der bisherigen Forschung der Finanzmärkte fokussiert man sich immer noch zu stark auf einzelne Akteure und Themen. SAFE bündelt das Wissen darüber, was in den verschiedenen Märkten geschieht, nicht nur in den klassischen finanzökonomischen Forschungsbereichen, sondern nimmt auch bereichsübergreifende Fragestellungen (etwa zum Thema "Systemische Risiken") in Angriff.
Die Eurokrise und die Instabilität des Finanzsystems standen im Zentrum der Diskussionen
Wolfgang Hartmann, Vorsitzender des Vorstands des Frankfurter Institut für Risikomanagement und Regulierung, wies noch einmal darauf hin, dass zukünftig ein qualifizierter und zukunftsorientierter Dialog über makro- und mikroprudenzielle Risiken mit den Überwachungs- und Führungsgremien von der systemrelevanten Banken sowie der Aufsicht auf Augenhöhe geführt werden muss.
Mit dem diesjährigen Offsite legte FIRM einen soliden Grundstein für diesen Dialog. Den Anfang übernahm Dr. Joachim Nagel, Mitglied des Vorstands der Deutschen Bundesbank, der über die aktuellen Entwicklungen der Eurokrise referierte. Die europäische Schuldenkrise befindet sich inzwischen in ihrem vierten Jahr und sie hält noch immer große Herausforderungen bereit. Das gilt für Regierungen und für Parlamente, das gilt für Zentralbanken und es gilt nicht zuletzt auch für den Bankensektor, der seit Ausbruch der Finanzkrise im Zentrum eines anhaltenden Deleveraging-Prozesses steht.
Daniela Weber-Rey, Chief Governance Officer & Deputy Global Head Compliance, diskutierte die aktuellen Governance-Herausforderungen vor dem Hintergrund der Kodexentwicklungen sowie des europäischen Corporate Governance Action Plans. Ihr Fazit: Die Tätigkeit der Aufsichtsräte wandelt sich von einer Kontrolltätigkeit hin zu einer Mitunternehmerschaft. Außerdem stellt die Erweiterung der Aufgaben größere Anforderungen an die fachliche Qualifikation und an den zeitlichen Einsatz der Aufsichtsräte.
Dr. Carsten Lehr, Geschäftsführer der "Bundesrepublik Deutschland – Finanzagentur", skizzierte in seinem Vortrag die wesentlichen Herausforderungen für das Schuldenmanagement im 21. Jahrhundert. Er schloss seinen Vortrag mit den aus seiner Sicht größten Herausforderungen des 21. Jahrhundert: 1. Konsolidierung der Staatsfinanzen, 2. Demografischer Wandel, 3. Ökologie, 4. Technologie und 5. Komplexität.
Entscheidend ist eine gelebte Risikokultur
Anschließend diskutierten Christoph Schwager (Chief Risk Officer, EADS), Christian Sewing (bis vor wenigen Wochen Deputy Chief Risk Officer der Deutschen Bank) und Tom Wilson (Chief Risk Officer der Allianz) die Anforderungen an das Risikomanagement bis 2020. Ihr gemeinsames Fazit: Das beste Risikomanagement-System und die besten quantitativen Modelle bleiben unwirksam, wenn das Risikomanagement nicht tagtäglich im Unternehmen gelebt wird. Eine gelebte Risikokultur ist eines der nachhaltigsten Instrumente für Unternehmen aller Branchen.
Auch Sabine Lautenschläger (Vizepräsidentin der Deutschen Bundesbank) folgte der Einladung des Frankfurter Institut für Risikomanagement und Regulierung und setzte sich in ihrem Vortrag am abschließenden dritten Tag mit der europäischen Bankenaufsicht auseinander. Politik wie Aufsicht sind zu Recht angehalten, zumindest richtige Lehren aus der Krise zu ziehen, wenn sie die Krise schon nicht verhindern konnten, so Lautenschläger. Eine der Lehren ist die Bankenunion, die im Juni 2012 auf den Weg gebracht worden ist. Der EU-Gipfel hat dabei unter anderem beschlossen, die Bankenaufsicht auf die EZB zu übertragen. Im Dezember 2012 sind dann weitere Bausteine dazu gekommen. Diese umfassen neben dem einheitlichen Aufsichtsmechanismus für die Eurozone (Single Supervisory Mechanism) den einheitlichen Abwicklungsmechanismus (Single Resolution Mechanism). Auch eine gemeinsame europäische Einlagensicherung ist Teil der Diskussion.
Eine europäische Aufsicht durch eine einheitliche Abwicklung zu ergänzen, hält die Vizepräsidentin für eine sehr gute Idee; ja sogar für eine Notwendigkeit. Kontrolle und Haftung sollten Hand in Hand gehen. Ein europäischer Abwicklungsmechanismus wiederum braucht ebenfalls einheitliche Vorgaben und Instrumente für sein Handeln, die zurzeit mit der EU Bank Recovery and Resolution Directive (BRRD) erarbeitet werden. Für eine effektive und effiziente Bankenunion sind indes noch weitere, das materielle Aufsichtsrecht betreffende, Voraussetzungen zu erfüllen: Eine zentrale Aufsicht auf europäischer Ebene benötigt einheitliche Aufsichtsregeln, so Lautenschläger. Mit der Verabschiedung der "Capital Requirements Regulation und Directive" und deren erwartetem Inkraftreten ab dem 1. Januar 2014 sind wir hier einem echten "Single Rule Book" für Banken, aber auch für die Bankenaufseher, einen ganz wichtigen Schritt näher gekommen, so Lautenschläger weiter.
Kritisch äußerte sich Lautenschläger zu dem potenziellen Konflikt zwischen den Zielen der EZB: Einerseits Preisniveaustabilität und andererseits ein stabiles Bankensystem. Dieser Zielkonflikt kann die "innere Unabhängigkeit" der EZB gefährden. "Längerfristig halte ich es daher für notwendig, den Single Supervisory Mechanism auf eine solide rechtliche Basis zu stellen. Um eine Primärrechtsänderung wird man dabei nicht herumkommen, damit die Governance-Struktur verbessert werden und die Geldpolitik von der Bankenaufsicht klarer abgegrenzt werden kann" so die Vizepräsidentin weiter.
Fazit: Für das FIRM Offsite 2014 werden allen Beteiligten die Themen nicht ausgehen. Und bis dahin wird FIRM die Diskussion aktiv begleiten und aktiv gestalten. Wie bereits in den vergangenen vier Jahren.
Dr. Joachim Nagel (Mitglied des Vorstands, Deutsche Bundesbank) skizzierte in seinem Vortrag die aktuellen Entwicklungen der Euro-Krise sowie die Situation der deutschen Banken.
Dr. Hans-Joachim Massenberg (Mitglied der Hauptgeschäftsführung, Bundesverband deutscher Banken e. V. sowie Mitglied des Vorstands FIRM), Wolfgang Hartmann (Vorsitzender des Vorstands, FIRM), Dr. Joachim Nagel (Mitglied des Vorstands, Deutsche Bundesbank) sowie Dietmar Ilg (DZ Bank).
Christoph Schwager (Chief Risk Officer, EADS), Matthias Oetken (HSH Nordbank), Ralf Wollenberg (Leiter Risikocontrolling Bankhaus Lampe KG) sowie Dr. Carsten Lehr (Geschäftsführer der "Bundesrepublik Deutschland – Finanzagentur GmbH")
Christian Sewing (links; Deutsche Bank) im Gespräch mit Hubertus Väth (Geschäftsführer Franfurt Main Finance)
Frank Romeike (links; Geschäftsführender Gesellschafter RiskNET, Mitglied des FIRM-Beirats sowie verantwortlicher Chefredakteur RISIKO MANAGER) im Gespräch mit Christoph Schwager (Chief Risk Officer, EADS)
Wolfgang Hartmann (33 Jahre für die Commerzbank, u. a. als Chief Risk Officer tätig; heute Vorsitzender des Vorstands bei FIRM)
Dr. Joachim Nagel (Mitglied des Vorstands, Deutsche Bundesbank): Die Krise ist erst vorbei, wenn die strukturellen Probleme in einzelnen Ländern gelöst wurden.
Dr. Natalie Packham ist Juniorprofessorin für Quantitative Finance an der Frankfurt School of Finance & Management.
Daniela Weber-Rey (Chief Governance Officer & Deputy Global Head Compliance, Deutsche Bank) diskutierte die Governance-Herausforderungen vor dem Hintergrund der Kodexentwicklungen und des europäischen "Corporate Governance Action Plans".
Dr. Carsten Lehr (Geschäftsführer der "Bundesrepublik Deutschland – Finanzagentur GmbH") skizzierte in seinem Vortrag wesentliche Herausforderungen für das Schuldenmanagement im 21. Jahrhundert.
Hubertus Väth (Franfurt Main Finance), Wolfgang Hartmann (FIRM) sowie Dr. Stephan Bredt (Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung)
Pausengespräche im Hyatt Regency Main in Mainz
Dr. Natalie Packham und Dr. Heike Brost (beide Frankfurt School of Finance & Management) im Gespräch mit Dr. Carsten Lehr (Geschäftsführer der "Bundesrepublik Deutschland – Finanzagentur GmbH")
Das Hotel Hyatt Regency Mainz besticht architektonisch durch eine gelungene Symbiose aus einem spektakulären Neubau und der Festung Fort Malakoff aus dem 19. Jahrhundert, die in den modernen Hotelkomplex integriert ist.
Tom Wilson (Chief Risk Officer der Allianz) und Wolgang Hartmann (Vorsitzender des Vorstands bei FIRM)
Christoph Schwager (Chief Risk Officer, EADS) setzte sich in seinem Vortrag u. a. mit High-Tech-Risiken am Rande der Physik auseinander.
Dr. Peter König, Geschäftsführer DVFA – Deutsche Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management
Tom Wilson (Chief Risk Officer der Allianz): "Risikomanagement ist eine Kultur, kein Kult"
Christian Sewing (bis vor wenigen Wochen Deputy Chief Risk Officer der Deutschen Bank; nun Leiter Group Audit) setzte in seinem Vortrag den Schwerpunkt vor allem auf die Risikokultur sowie ein ganzheitliches Risikomanagement in der Bank.
Diskussionen zu hochaktuellen Themen standen im Zentrum des FIRM-Offsite.
Marcus Kramer (Chief Risk Officer der BayernLB sowie Mitglied des Vorstands bei FIRM) und Christian Sewing (Deutsche Bank).
Wolfgang Hartmann moderierte als Vorsitzender des Vorstands bei FIRM das Offsite.
Prof. Dr. Wolfgang König (Johann Wolfgang Goethe-Universität sowie Mitglied des Vorstands bei FIRM).
Dr. Korbinian Ibel (Head of Group Risk Controlling and Capital Management, Commerzbank AG)
Der FIRM-Vorstand (von links nach rechts): Prof. Dr. Udo Steffens (Frankfurt School of Finance & Management), Bernd Loewen (KfW Bankengruppe), Christian Sewing (Deutsche Bank), Wolfgang Hartmann, Marcus Kramer (BayernLB), Dr. Thomas Poppensieker (McKinsey & Company), Prof. Dr. Wolfgang König (House of Finance, Goethe-Universität), Dr. Stephan Bredt (Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung).
Breakout beim Offsite direkt neben der Festung Fort Malakoff in Mainz.
Gedankenaustausch auf der Terrasse des Hyatt Regency Mainz.
Wolfgang Hartmann erinnerte während des Abendessens an vier Jahre FIRM und verabschiedete sich temporär zu einem rund eineinhalbjährigen Aufenthalt in den USA. Dort wird er u. a. an der University of North Texas (UNT) lehrend tätig sein.
Sabine Lautenschläger (Vizepräsidentin der Deutschen Bundesbank) setzte sich in ihrem Vortrag mit der europäischen Bankenaufsicht auseinander.
[Bildquelle oben: © Maksym Dykha - Fotolia.com / Bilder unten: Rafael Herlich/Frankfurt sowie Bild Lautenschläger: Deutsche Bundesbank]
Kommentare zu diesem Beitrag
Geldpolitik allein kann nach Ansicht des EZB-Ratsmitglieds Jens Weidmann die Schuldenkrise in der Eurozone nicht lösen. Die Staaten sollten sich vielmehr von stillschweigenden Garantien für Geschäftsbanken lösen, riet der Präsident der Deutschen Bundesbank am Sonntag auf einer Veranstaltung in der Provence. "Die Geldpolitik hat schon viel geleistet für das Abfedern der wirtschaftlichen Folgen der Krise, aber sie allein kann die Krise nicht lösen", sagte der Notenbanker. Den größten Beitrag leiste die Geldpolitik für die Preisstabilität.
Für eine Entlastung der öffentlichen Haushalte sei es wichtig, dass die Verbindung zwischen Banken und Regierungen gelöst werde. "Europas Banken halten zuviele Staatsanleihen ihrer Regierungen", sagte Weidmann. Banken müssten ihre Bestände an Staatsanleihen künftig verstärkt nach Risiken gewichten.
Angesichts eines absehbaren Ausstiegs der US-Notenbank aus der expansiven Geldpolitik tut die Europäische Zentralbank gut daran, an der lockeren Geldpolitik festzuhalten. Diese Ansicht begründete Wirtschafts- und Währungskommissar Olli Rehn mit den Worten: "Während die geldpolitische Stoßrichtung in den USA restriktiver werden kann, bleibt die Politik in der Eurozone angemessen ausgerichtet."
EZB-Präsident Mario Draghi hatte am Donnerstag für die Eurozone niedrige Zinsen für einen längeren Zeitraum angekündigt. Selbst eine neuerliche Zinssenkung ist aus Sicht der Euro-Notenbank möglich. Die Federal Reserve könnte dagegen das Anleihenkaufprogramm von 85 Milliarden US-Dollar monatlich im späteren Verlauf des Jahres zurückschrauben.
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