Insolvenzantragspflicht ist unerlässlich

Aufhebung des Insolvenzschutzes und deren Folgen 


Insolvenzantragspflicht ist unerlässlich: Aufhebung des Insolvenzschutzes und deren Folgen  Kolumne

Für uns alle kam Corona unerwartet. Viele mittelständische Unternehmen haben auch aktuell noch mit den Folgen der Pandemie zu kämpfen. Als eine von unterschiedlichen Maßnahmen hat die Regierung daher zweitweise die Insolvenzantragspflicht ausgesetzt. Seit Mai ist sie wieder in Kraft und sofort gab es Stimmen, welche die Maßnahmen noch länger laufen lassen möchten. Dabei ist die Insolvenzantragspflicht unerlässlich.

Ist ein Unternehmen zahlungsunfähig oder überschuldet, muss es dies melden und damit ein Insolvenzverfahren beginnen. Zurecht ist Insolvenzverschleppung strafbar und hat schwerwiegende Folgen. Da die Covid-19-Pandemie bei einer großen Anzahl von Unternehmen zu Zahlungsengpässen geführt hat, wurde die Insolvenzantragspflicht ausgesetzt. Angeschlagene Unternehmen konnten so stabilisiert werden. Als eine von vielen Hilfestellungen während der Corona-Zeit war dies sicherlich auch sinnvoll.

Corona macht langjährige Probleme sichtbar

Doch wer immer noch in größeren unternehmerischen Schwierigkeiten steckt, kann dies nicht länger auf fehlende Hilfen vom Staat schieben. Die Vielzahl an Insolvenzen, die nun von Experten befürchtet wird, haben sich häufig bereits vor der Corona-Pandemie angedeutet. Viele Unternehmen haben die Trends der letzten Jahre verschlafen. Die Zeichen der Zeit wurden ignoriert. Wenn man hört, dass Betriebe im Jahr 2020 ihren MitarbeiterInnen kein Home-Office ermöglichen können, weil die Infrastruktur dafür nicht vorhanden ist, dann wird das Grundproblem dieser Unternehmer-Generation mehr als offensichtlich. Um diesen Digitalisierungs-Rückstand aufzuholen, helfen auch keine Staatshilfen. Und schon gar keine Aussetzung der Insolvenzantragspflicht. 

Schockstarre ist keine Lösung

Ja, Corona kam unerwartet. Und ja, sehr viele Unternehmen, auch im Mittelstand, hatten und haben mit den Folgen monatelanger Verdienstausfälle zu kämpfen. Auch in meinem Unternehmen wurden von einem auf den anderen Tag alle Aufträge gestrichen. Das gilt es erst einmal zu verkraften. Doch nach dem ersten Schock konnte es für uns nur eine Lösung geben: schnell reagieren und aktiv werden. Innovative Wege gehen, um das Unternehmen neu aufzustellen. Ich bin froh, dass wir uns aus eigener Kraft umstellen und damit erfolgreich wirtschaften konnten, sodass wir heute wirtschaftlich besser aufgestellt sind als vor der Pandemie.

Die Gegebenheiten für sich nutzen

Wer schlau war, hat Corona für sich genutzt. Es widerspricht dem Unternehmergeist, nichts zu tun und auf den Staat zu hoffen. Natürlich war dies in manchen Bereichen leichter als in anderen – keine Frage. Doch selbst im Event- und Gastronomie-Bereich haben sich ganz neue Möglichkeiten ergeben. Ein bekanntes Unternehmen aus dem Veranstaltungsbereich etwa, hat in kürzester Zeit auf digitale Events umgestellt und ist damit zum Marktführer in diesem Bereich aufgestiegen. Wer seine Produktion flexibel auf Erzeugnisse umgestellt hat, die in der Pandemiezeit gefragt waren, konnte finanziell deutlich profitieren. Ich kenne Gastronomen, die in 2020 sogar ein Rekordjahr hatten, da sie Staatshilfen erhalten und bei deutlich niedrigeren laufenden Kosten durch das To-Go-Geschäft weiterhin Einkünfte verzeichneten.

Jeder ist in erster Linie für sich selbst verantwortlich

Es gibt immer Ausreden und Gründe, warum es gerade nicht läuft. Eine Pandemie ist vermutlich sogar die beste Ausrede, die es gibt. Doch alles auf äußere Umstände oder fehlende Hilfen zu schieben ist immer leicht. Als UnternehmerIn bin ich zunächst einmal für mich und mein Unternehmen selbst verantwortlich. So wie ich ohne Hilfe meine Firma gegründet habe, so muss ich sie auch selbst durch eine schwere Zeit bringen. Das Wort UnternehmerIn kommt schließlich von "etwas unternehmen". Und so sollte man auch in Krisen immer in Aktion bleiben. 

Staatshilfen sind keine Dauerunterstützung

Die Staatshilfen waren sicherlich richtig und an ganz vielen Stellen gut investiert. Auch das Aussetzen der Insolvenzantragspflicht war für einen gewissen Zeitraum absolut sinnvoll. Doch wer nun immer noch nicht auf eigenen Beinen stehen kann, der hat wohl bereits vor der Pandemie nicht zielführend gewirtschaftet. Hier fehlt es an Eigenkapital. Kleinere Herausforderungen, die sich vor der Pandemie noch kaschieren ließen, sind nun zu unüberbrückbaren Problemen geworden. Insofern tut das Insolvenzrecht nun das, was es soll: Den Markt bereinigen. Vor wie nach der Pandemie.

Risikomanagement 2.0

Die letzten Monate waren nicht immer einfach, aber lehrreich. Wir alle haben Erfahrungen gemacht, die wir für die kommenden Jahre aufnehmen und nutzen sollten. So werden Business Continuity-Pläne anders gestaltet werden müssen. Der Umsatz-Totalausfall ist möglich und sogar wahrscheinlich geworden. Bis 2020 war der Ansatz in der Risikoplanung, 3 bis 4 Monate ohne Einkommen überstehen zu können. Nun hat sich dieser Zeitraum auf circa 6 Monate ausgedehnt. Dafür müssen Unternehmens-Strategien neu erarbeitet und angepasst werden.

Und noch ein weiteres Thema hat stark an Relevanz gewonnen: Innovationen. Sie sind für den Fortbestand eines Wirtschaftsunternehmens unerlässlich. Also nutzen wir die Chance, uns jetzt ohne Druck auf die Trends der Zeit einzustellen. Damit wir für die nächste Krise gewappnet sind.

Autor
Gerold Wolfarth ist CEO der bk Group – ein europaweit agierendes Unternehmen mit mehr als 200 Mitarbeitern aus 27 Ländern.
Gerold Wolfarth
ist CEO der bk Group – ein europaweit agierendes Unternehmen mit mehr als 200 Mitarbeitern aus 27 Ländern. Aufgewachsen auf dem elterlichen Bauernhof, ohne konkrete berufliche Perspektiven, hat er aus seinem Kinderzimmer heraus gegründet und in den Folgejahren sich und sein Unternehmen ständig weiterentwickelt.

[ Bildquelle Titelbild: Adobe Stock.com / VRD ]
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