Die Deloitte-Studie "Compliance-Management in der Bau- und Immobilienwirtschaft", die Aussagen von 85 Branchenunternehmen ausgewertet hat, zeigt: Compliance hat in der Bau- und Immobilienwirtschaft aufgrund branchenspezifischer Risiken einen sehr hohen Stellenwert. Der Einsatz von Compliance-Management-Systemen (CMS) steigt, vor allem, weil sie Ethik und Integrität der Unternehmenskultur signalisieren. Entsprechend gut aufgestellt sind die einzelnen Unternehmen, wobei Betriebe mit weniger als 50 Mitarbeitern noch Aufholbedarf haben. Knapp zwei Drittel aller Unternehmen haben bereits eine oder mehrere Compliance-Risikoanalysen durchgeführt, die höchste Relevanz besitzen die Themen Immobilienankauf und Auftragsvergabe. Ein Fünftel der Unternehmen hat eine eigene Abteilung für das Compliance-Management.
"Die Studie bestätigt die Zustimmung zu einem umfassenden Compliance-Management, dennoch sehen viele Befragte die Relevanz eher branchen- als unternehmensspezifisch", kommentiert Michael Müller, Partner und Leiter Real Estate bei Deloitte.
Ziel: Verstöße frühzeitig erkennen
Die Grundelemente eines Compliance-Management-Systems sind: Compliance-Kultur, -Ziele, -Organisation und -Risiken, ferner -Programm, -Kommunikation sowie -Überwachung und -Verbesserung. Grundsätzlich soll sichergestellt werden, dass Verstoßrisiken frühzeitig erkannt und entsprechende Maßnahmen eingeleitet werden können.
Risikofaktoren
60 Prozent der Befragten haben bereits eine Compliance-Risikoanalyse durchgeführt – und bewerten in der Folge die Relevanz eines systematischen Compliance-Managements deutlich höher. Die Branchenbedeutung desselben leitet sich nach übereinstimmender Meinung aus den hohen Einzelvolumina je Geschäftsvorfall, der geringen Anzahl Beteiligter sowie den in der Regel langjährigen Geschäftsbeziehungen ab.
Externer Druck steigt
Die höchste Relevanz sehen die Befragten beim Immobilienankauf und bei der Auftragsvergabe weniger im Bereich Vermietung und Personal. Auch kommt dem Risikomanagement eine hohe Bedeutung im Bezug auf das Compliance Management zu. Den größten externen Einfluss auf die Compliance Policy der Unternehmen haben Gesetzgeber, Gesellschaft allgemein und Eigenkapitalgeber. Dabei sehen sich die Unternehmen in Compliance-Fragen einem verstärkten Druck seitens Gesetzgeber und Öffentlichkeit ausgesetzt.
Whistleblowing-Systeme noch selten
Rund zwei Drittel der Studienteilnehmer haben eine Grundwertevereinbarung, circa 80 Prozent zudem spezifische Verhaltensrichtlinien formuliert. Jedoch nutzen nur 40 Prozent systematische und turnusmäßige Compliance-Kommunikationsinstrumente. Rund 60 Prozent, darunter vor allem kleinere Unternehmen, leiten keinerlei Compliance-Informationen an Dritte weiter. Bei der Personalauswahl berücksichtigt ein Drittel Compliance-relevante Kriterien. Nur 37 Prozent der befragten Unternehmen haben anonyme Hinweisgebersysteme (Whistleblowing-Systeme) eingeführt. Die geringe Akzeptanz mag daran liegen, dass sich Unternehmen scheuen eine Kultur des Misstrauens zu schaffen – ob sich dies mit der aktuellen rechtlichen Diskussion ändert, ist ungewiss.
Drei Aspekte sind maßgeblich für den organisatorischen Rahmen des Compliance Managements: die Verantwortlichkeiten, die personellen Ressourcen und die Systematisierung. Jedes zweite Unternehmen hat einen Compliance-Beauftragten, weitere 16 Prozent wollen einen benennen. Auch hier liegen die Werte für kleinere Unternehmen deutlich niedriger. Etwa ein Fünftel der Unternehmen verfügt allerdings sogar über eine eigene Abteilung und mehr als die Hälfte nutzt bereits oder plant ein institutionalisiertes System zu installieren.
Genereller Nutzen und Wert eines CMS
Knapp zwei Drittel derer, die ein CMS haben, bewerten alle Aspekte ihres Compliance Managements mit "gut" oder "optimal". Dies stellt gegenüber Unternehmen ohne CMS eine signifikante Verbesserung dar. Insbesondere gilt das für "Dokumentation", "Aufdeckung und Aufarbeitung" sowie "interne Compliance-Kommunikation". Unabhängig aber, ob die Befragten Befürworter oder Skeptiker sind, stimmen sie prinzipiell eher positiven als negativen Aussagen über ein CMS zu.
"Die Bau- und Immobilienwirtschaft ist sich der steigenden Compliance-Management-Anforderungen sehr bewusst – und ist zu mittelständischen Unternehmen anderer Branchen in vielerlei Hinsicht besser aufgestellt. Die Studie zeigt, dass das allgemeine Verständnis hierzu deutlich über die Einhaltung gesetzlicher Regelungen hinausgeht und der Einbettung in den Kontext einer wert- und werteorientierten sowie nachhaltigen Unternehmensführung bedarf", schließt Rolf Künemann, Director im Bereich Real Estate.
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