Neue Vorschläge der EU-Kommission

Aufsicht der Ratingagenturen und Corporate Governance in Banken


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Im Rahmen ihrer Arbeit zur Verhütung künftiger Finanzkrisen und zur Stärkung des Finanzsystems hat die Europäische Kommission Änderungen der Vorschriften zu Ratingagenturen vorgelegt und eine öffentliche Konsultation zur Reform der Corporate Governance in Finanzinstituten eingeleitet.

In Bezug auf Ratingagenturen verfolgt die Kommission im Wesentlichen zwei Ziele: Einerseits die wirksame und zentralisierte Beaufsichtigung auf europäischer Ebene und andererseits eine größere Transparenz im Hinblick auf die Auftraggeber der Ratings, damit alle Agenturen Zugang zu den gleichen Informationen haben. Nach Einschätzung der EU-Kommission würden die vorgeschlagenen Maßnahmen die Aufsicht verbessern, den Wettbewerb im Ratingmarkt beleben und den Anlegerschutz stärken. Auf dem Gebiet der Corporate Governance hat die Kommission eine öffentliche Konsultation zu einer Reihe von Fragen eingeleitet, unter anderem Maßnahmen für ein wirksameres Risikomanagement in Finanzinstituten und für die Stärkung der Aktionärsrechte.

Nach den Worten von Kommissionspräsident José Manuel Barroso lanciert die Kommission mit den aktuellen Vorschlägen den letzten Schritt zur Vervollständigung der EU-Finanzdienstleistungsreform. Der für den Binnenmarkt und Dienstleistungen zuständige Kommissar Michel Barnier äußerte die Erwartung, dass die Änderungen der Vorschriften für Ratingagenturen eine bessere Aufsicht und mehr Transparenz in diesem zentralen Sektor schaffen. „Die Maßnahmen seine jedoch nur ein erster Schritt. "Wir untersuchen diesen Markt derzeit eingehender", so Barnier.

Im Hinblick auf ihre Vorschläge zur Corporate Governance in Finanzdienstleistungsunternehmen zeigte sich der EU-Kommissar davon überzeugt, dass eine echte Krisenverhütung in den Unternehmen anfängt. Zur Vermeidung künftiger Krisen müssten sich daher die Banken selbst ändern. Zudem müssten wirksamere interne Kontrollen gewährleistet, ein besseres Risikomanagement gefördert und die Rolle der Aufsichtsorgane gestärkt werden. Schließlich müssten auch die bestehenden Regeln für eine langfristig tragbare Vergütungspolitik rasch umgesetzt werden, um eine übermäßige Risikobereitschaft einzudämmen. Konkret enthalten die neuen Vorschläge der EU-Kommission zu den oben genannten Bereich unter anderem die folgende Sachverhalte.

Verbesserung der EU-Aufsicht von Ratingagenturen

Da Ratingdienste nicht an ein bestimmtes Gebiet gebunden sind und die von einer Agentur abgegebenen Ratings von Finanzinstituten in ganz Europa verwendet werden können, schlägt die Kommission ein stärker zentralisiertes System zur Beaufsichtigung von Ratingagenturen auf EU-Ebene vor. Den vorgeschlagenen Änderungen zufolge würde eine neue europäische Aufsichtsbehörde, die Europäische Wertpapieraufsichtsbehörde (European Security Markets Authority, ESMA), mit exklusiven Befugnissen zur Beaufsichtigung der in der EU registrierten Ratingagenturen ausgestattet. Hierzu gehören auch alle europäischen Filialen von bekannten Ratingagenturen wie Fitch, Moody's und Standard & Poor's.

Gemäß dem Kommissionsvorschlag hätte die ESMA das Recht, Informationen anzufordern, Ermittlungen einzuleiten und Untersuchungen an Ort und Stelle vorzunehmen. Emittenten strukturierter Finanzinstrumente, werden auch allen anderen interessierten Ratingagenturen Zugang zu den Informationen gewähren müssen, die sie ihren eigenen Agenturen bereitstellen, damit diese unangeforderte Ratings abgeben können. Auch die Problematik der Interessenkonflikte bei Bonitätsbewertungen wird von der EU-Kommission adressiert – so können Ratingagenturen beispielsweise keine Beratungsdienste anbieten. Da Ratingagenturen die ihren Ratings zugrunde liegenden Methoden, internen Modelle und zentralen Bewertungsannahmen offenlegen müssen, werden sie nach Ansicht der EU-Kommission auch zwangsläufig transparenter.

Bei einer Umsetzung der Vorschläge würden Ratingagenturen nach Einschätzung der Kommission in einem gegenüber den bestehenden vielfältigen nationalen Regelungen sehr viel einfacheren Aufsichtsrahmen operieren und hätten leichteren Zugang zu den benötigten Informationen. Außerdem würden die Nutzer von Ratings infolge der EU-Beaufsichtigung sämtlicher Ratingagenturen und des stärkeren Wettbewerbs zwischen diesen einen besseren Schutz genießen.

Der Vorschlag der Kommission wird dem EU-Ministerrat und dem Europäischen Parlament kurzfristig zur Prüfung zugeleitet. Bei Annahme der Empfehlungen dürften die neuen Regeln im Laufe des Jahres 2011 in Kraft treten.

Reform der Corporate Governance in Finanzinstituten

Neben den oben beschriebenen Vorschlägen zur Neugestaltung der Rahmenbedingungen für Ratingagenturen hat sich die Kommission auch dazu verpflichtet, die Corporate Governance in Finanzinstituten zu verbessern. Insbesondere solle gewährleistet werden, dass die Interessen der Verbraucher und anderer Beteiligter stärker berücksichtigt, Unternehmen nachhaltiger geleitet und Konkursrisiken längerfristig verringert werden. Als ersten Schritt leitet die EU-Kommission nun eine öffentliche Konsultation zu einem Grünbuch ein, das mögliche Ansätze für folgende Ziele darlegt:

  • Verbesserung des Funktionierens und der Zusammensetzung der Verwaltungsräte von Finanzinstituten im Interesse einer wirkungsvolleren Beaufsichtigung der Geschäftsleitung,
  • Schaffung einer Risikokultur auf allen Ebenen von Finanzinstituten, um zu gewährleisten, dass den langfristigen Unternehmensinteressen Rechnung getragen wird,
  • Einbeziehung der Aktionäre, Aufsichtsorgane und externen Revisoren in Fragen der Corporate Governance sowie
  • Änderung der Vergütungspolitik zur Eindämmung unverhältnismäßiger Risikofreudigkeit
  • Die Konsultation läuft bis zum 1. September 2010. Etwaige künftige Vorschläge mit oder ohne Rechtsetzungscharakter dürften im Laufe des Jahres 2011 angenommen werden.


[Bildquelle: iStockPhoto]

Kommentare zu diesem Beitrag

Markus /14.06.2010 10:30
"Neue Vorschläge der EU-Kommission"

Eine Reform wie NICHTS....

"VERBESSERUNG DES FUNKTIONIERENS und der Zusammensetzung der Verwaltungsräte von Finanzinstituten im Interesse einer wirkungsvolleren Beaufsichtigung der Geschäftsleitung"

Und wie soll das bitte umgesetzt werden???

Verpflichtung für CEO an Aktuarseminaren, FRM, PRM oder entsprechenden Risk-Mangement Programme teilzunehmen.

"Schaffung einer Risikokultur auf allen Ebenen von Finanzinstituten, um zu gewährleisten, dass den langfristigen Unternehmensinteressen Rechnung getragen wird"

Die langfristigen Unternehmensinteressen sind irrelevant, da alle auf kurzfristige Geschäfte aus sind. Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Haftung!!!
Mehr Eigenkapital zum Schutz der Gemeinschaft und zum eindämmen entsprechender Geschäfte. Insolvenzregeln für Banken-Versicherungen-usw

"Einbeziehung der Aktionäre, Aufsichtsorgane und externen Revisoren in Fragen der Corporate Governance"

Ich favorisiere: Einbeziehung der Staatsanwaltschaft in Fragen der Corporate Governance

"Änderung der Vergütungspolitik zur Eindämmung unverhältnismäßiger Risikofreudigkeit"

Beibehaltung der Vergütungspolitik, Umstellung auf Langfristigkeit (Laufzeitkongruenz), Eigenhaftung nicht Fremdhaftung
Fred /14.06.2010 14:00
@Markus: Kann nur zustimmen beim Punkt "Einbeziehung der Staatsanwaltschaft in Fragen der Corporate Governance". Frage mich warum das nicht passiert. Die gesetzlichen Grundlagen existieren doch. Warum werden die Staatsanwaltschaften nicht aktiv? Thema zu komplex? Überlastung? Teil des Systems?
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