Der Entwurf des Ausführungsgesetzes zur EU-Ratingverordnung

Aufsicht über Ratingagenturen


News

Im Zuge der Finanzkrise geriet nicht zuletzt die Arbeit der Ratingagenturen in die Kritik. Die Ende 2009 in Kraft getretene EU-Ratingverordnung verpflichtet die Agenturen nun erstmals, europaweit verbindliche Regelungen zu beachten. Um das Einhalten dieser Regelungen sicherzustellen, haben die Mitgliedsstaaten aufsichtsrechtliche Strukturen zu gewährleisten. Seit Kurzem liegt dazu ein Gesetzentwurf vor. Dieser Beitrag skizziert den Hintergrund der Regelungen und gibt einen Ausblick auf die zu erwartenden Neuerungen.

Die Wirtschaftskrise hat vieles auf den Prüfstand gestellt. Und sie hat grundsätzliche Fragen aufgeworfen. Eine lautet: Wie lässt sich den Schwächen des Finanzsystems sinnvoll begegnen? Unter anderem, so hieß es oft, indem man die Arbeit der Ratingagenturen genauer unter die Lupe nimmt. Ihnen lastete man eine maßgebliche Mitverantwortung am Krisenverlauf an. Die Kritik bezog sich etwa darauf, dass die Agenturen das Risiko heikler und hochkomplexer Finanzprodukte falsch eingeschätzt hatten. Hinzu kam ein schwelender Interessenkonflikt, waren doch die gerateten Finanzprodukte von den Agenturen teils selbst mit entwickelt worden. Bemängelt wurde schließlich, dass sich die zuspitzende Marktsituation weder rechtzeitig in den Ratings wiederspiegelte, noch deren zeitnahe Anpassung erfolgte. Alles in allem führte dies schon früh zu Überlegungen, die Aktivitäten der Agenturen künftig strikter zu regulieren und zu beaufsichtigen.

Verbindliche Vorgaben formuliert dazu seit Ende 2009 die EU-Ratingverordnung [Vgl. Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 (ABl. L 302 vom 17.11.2009, S. 1)]. Die Verordnung selbst trat am 7. Dezember 2009 in Kraft. Ziel ist es, einen gemeinsamen Regulierungsansatz einzuführen, um insbesondere die Integrität, Transparenz sowie die Verlässlichkeit von Ratingtätigkeiten zu fördern und die Ratingqualität zu verbessern. Dazu enthält die Verordnung unter anderem Bedingungen zur Abgabe von Ratings sowie weitere Organisations- und Verhaltensregeln für Ratingagenturen; sie sollen deren Unabhängigkeit fördern und Interessenkonflikte vermeiden. Für Ratingagenturen, die europaweit tätig sind, gelten diese Pflichten unmittelbar. Denn anders als beim europarechtlichen Instrument der Richtlinie brauchen europäische Verordnungen nicht erst in nationales Recht der Mitgliedsstaaten umgesetzt zu werden.

Pflichten aufzustellen, ist aber nur eine Seite der Medaille. Ebenso wichtig ist es sicherzustellen, dass die Agenturen die Vorgaben einhalten. Erforderlich ist insoweit ein effektives Aufsichtssystem. Noch fehlt es allerdings an einer institutionalisierten europäischen Aufsicht mit entsprechenden Kompetenzen. Daher sind hier zunächst die Mitgliedsstaaten gefordert, zuständige Behörden zu benennen. Sie sind ausdrücklich mit den notwendigen Überwachungs- und Ermittlungsbefugnissen auszustatten, um ihre Aufgaben wahrnehmen zu können (Vgl. Art. 22 der EU-Ratingverordnung). Um dem nachzukommen, und um insoweit die notwendigen rechtlichen Grundlagen zu schaffen, hat das Bundeskabinett am 13. Januar 2010 den Entwurf eines Ausführungsgesetzes vorgelegt [Vgl. Ausführungsgesetz zur Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 über Ratingagenturen (Ausführungsgesetz zur EU-Ratingverordnung)]. Die nachfolgenden Ausführungen geben zunächst einen Überblick zum Gesetz. Daran anknüpfend werden auf Basis der Gesetzesbegründung einzelne Eckpunkte näher vorgestellt.

Überblick

Der Entwurf des Ausführungsgesetzes ist knapp gefasst und enthält lediglich drei Artikel:

  • Die zentrale Bestimmung bildet Artikel 1. Sie sieht in zweierlei Hinsicht punktuelle Anpassungen im Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) vor: Zum einen ist beabsichtigt, unter der Überschrift „Ratingagenturen“ einen neuen Abschnitt 3a in das WpHG einzufügen. Er besteht in der Entwurfsfassung lediglich aus einer Vorschrift: Dem neuen § 17 WpHG-E. Diese Norm soll explizit die "Überwachung der Ratingagenturen" regeln. Zum anderen ist angedacht, die schon bestehenden Regelungen zu den Ordnungswidrigkeiten gem. § 39 WpHG zu ergänzen: Vorgesehen ist hier ein neuer Absatz 2b mit einem umfangreichen Bußgeldkatalog. Er soll bei Verstößen gegen die in der EU-Ratingverordnung festgelegten Pflichten greifen.

Der Idee des Gesetzgebers, die Ratingaufsicht in das WpHG zu integrieren, liegt unter anderem der Gedanke zu Grunde, dass es sich dabei um ein durch die Aufsichtspraxis gefestigtes Regelungsumfeld handelt. Ausweislich der Gesetzesbegründung sei es dadurch möglich, etwaige derzeit noch nicht erkennbare Regelungslücken der EU-Ratingverordnung durch den Rückgriff auf allgemeine Vorschriften und Prinzipien des WpHG zu schließen. Soweit die EU-Ratingverordnung keine speziellen Regelungen enthält, sollen dann also die allgemeinen Vorschriften der Wertpapieraufsicht zur Anwendung kommen.

  • Ergänzend enthält Artikel 2 der Entwurfsfassung Änderungen des Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetzes. Dadurch sollen die Ratingagenturen als neue Gruppe von beaufsichtigten Unternehmen über ein Gebühren- und Umlagesystem an der Finanzierung der Aufsicht beteiligt werden.
  • Abschließend regelt Artikel 3 des Ausführungsgesetzes dessen Inkrafttreten. Da es sich um eine Entwurfsfassung handelt, fehlt es hier noch an einer konkreten Zeitbestimmung. Das Gesetz selbst muss spätestens bis Anfang Juni in Kraft getreten sein. Man wird aber durchaus mit einer zeitnahen Umsetzung rechnen dürfen.


Eckpunkte

Die nachfolgend beschriebenen Eckpunkte konzentrieren sich auf die wesentlichen Neuerungen, wie sie im WpHG verankert werden sollen, um die laufende Überwachung der Ratingagenturen zu gewährleisten. Die genannte Änderung des Finanzdienstleistungsgesetzes, die sich insofern im Kern allein auf Finanzierungsaspekte beschränkt, bleibt im Folgenden ausgeklammert.

Aufsichtsbehörde

Die EU-Ratingverordnung verpflichtet die Mitgliedsstaaten in Art. 22 Abs. 1 dazu, bis zum 7. Juni 2010 eine zuständige Behörde für die Beaufsichtigung der Ratingagenturen zu benennen. Ab diesem Zeitpunkt sollen die Ratingagenturen bei den entsprechenden Behörden ihre Anträge auf Registrierung stellen können. Zentrale Aufsichtsbehörde ist hierzulande die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Konsequenterweise sieht der Gesetzentwurf in § 17 Abs. 1 S. 1 WpHG-E vor, der BaFin die Aufsicht über die Ratingagenturen zu übertragen.

Befugnisse

Nach § 17 Abs. 2 WpHG-E übt die Bundesanstalt die ihr übertragenen Befugnisse aus, soweit dies für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben und die Überwachung der Einhaltung der in der EU-Ratingverordnung geregelten Pflichten erforderlich ist. Nach der Gesetzesbegründung ist die BaFin insoweit verpflichtet, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die Vorschriften der EU-Ratingverordnung effektiv durchzusetzen; selbstredend bleibt sie insoweit an das verfassungsmäßig verankerte Gebot der Verhältnismäßigkeit gebunden.

Unterlagen

Nach § 17 Abs. 3 WpHG-E sind der BaFin grundsätzlich alle Unterlagen in deutscher Sprache vorzulegen, es sei denn Artikel 15 Absatz 3 der Ratingverordnung sieht etwas anderes vor. Die Bundesanstalt kann zudem verlangen, die Unterlagen zusätzlich in englischer Sprache zu erstellen und vorzulegen. Das kann beispielsweise dann erforderlich und sinnvoll sein, wenn es darum geht, sich mit den Aufsichtsbehörden anderer Mitgliedsstaaten oder dem Ausschuss der europäischen Wertpapierregulierungsbehörden (CESR) abzustimmen.

Im Übrigen gilt hier aber wie so oft: Keine Regel ohne Ausnahme. So kann die BaFin auf eine deutschsprachige Version der Unterlagen verzichten und eine Vorlage in ausschließlich englischer Sprache erlauben, wenn das vorlagepflichtige Unternehmen einer Gruppe von Ratingagenturen angehört oder in einem Drittstaat ansässig ist (§ 17 Abs. 3 S. 2 WpHG-E). Insoweit hebt die Gesetzesbegründung hervor, dass bei solchen internationalen Sachverhalten das Verwaltungsverfahren wiederum durch die Abstimmung mit ausländischen Behörden geprägt sein kann. Eine Pflicht, deutschsprachige Unterlagen zu erstellen, könnte sich für die betroffenen Unternehmen als übermäßig belastend darstellen und sich eventuell nicht mehr durch einen ausreichenden Nutzen für ein effektives Verwaltungsverfahrens rechtfertigen lassen.

Prüfungsrecht

§ 17 Abs. 4 WpHG-E enthält sodann ein Prüfungsrecht der BaFin, um das Einhalten der Pflichten aus der EU-Ratingverordnung zu überwachen. Eine solche Prüfung ist jederzeit und selbst ohne konkreten Anlass möglich. Überraschende Stichproben, so die Überlegung, müssen möglich sein, wenn die Aufsicht ihrer Verpflichtung zur effektiven Überwachung nachkommen soll. Erfasst sind von etwaigen Prüfungen die Agenturen selbst, die mit ihnen verbundenen Unternehmen sowie die zur Durchführung von Rating-Tätigkeiten eingeschalteten Personen oder Unternehmen. Nicht dazu gehören hingegen die gerateten Unternehmen.

Prüfungspflicht

Nach § 17 Abs. 5 WpHG-E sind die Agenturen schließlich verpflichtet, sich einmal jährlich durch einen von der BaFin beauftragten Wirtschaftsprüfer bezüglich des Einhaltens der EU-Vorgaben prüfen zu lassen. Die regelmäßigen Prüfungen dienen dazu, eine umfassende Beaufsichtigung der Agenturen zu gewährleisten. Dabei ist der Prüfungsaufwand – gerade bei größeren Unternehmen – nicht zu unterschätzen. Folglich sind diese Regelprüfungen letztlich nur durch den Einsatz externer Wirtschaftsprüfer zu leisten. Da möglicherweise aber nur wenige Wirtschaftsprüfer über hinreichende Sachkunde verfügen, um die sehr spezielle und komplexe Materie der EU-Ratingverordnung beurteilen zu können, ist es nach Satz 2 der BaFin vorbehalten, jeweils den Prüfer aus einem Kreis nach ihren Erkenntnissen qualifizierter Prüfer zu beauftragen.

Die weiteren Bestimmungen des § 17 Abs. 5 WpHG-E enthalten dann nähere Details zu den Prüfungen. So legt die BaFin beispielsweise für jede Regelprüfung das Datum des Prüfungsbeginns und den Berichtszeitraum fest, um alle anstehenden Regelprüfungen in einem einheitlichen Vergabeverfahren auszuschreiben und so für einen zügigen und gleichmäßigen Prüfungsverlauf zu sorgen. Schließlich wird der BaFin aber auch die Möglichkeit eingeräumt, in Ausnahmefällen von der Pflicht zu einer jährlichen Regelprüfung abzusehen: Ist beispielsweise der Umfang der Ratingtätigkeit eines Unternehmens sehr gering, können für bestimmte Unternehmen durchaus längere Prüfungsintervalle festgelegt werden. Ebenso wird der BaFin die Prüfungsteilnahme selbst erleichtert: Sie ist berechtigt, jederzeit an der Regelprüfung teilzunehmen, um sich vom ordnungsgemäßen Prüfungsablauf zu überzeugen und gegebenenfalls Anhaltspunkten für weiteren Untersuchungsbedarf nachzugehen. Zudem besitzt die BaFin das Recht, auf die inhaltliche Gestaltung der Regelprüfung Einfluss zu nehmen, indem sie etwa Prüfungsschwerpunkte bildet. Schließlich sind die Prüfer noch verpflichtet, der BaFin unmittelbar nach Beendigung der Prüfung einen Prüfungsbericht vorzulegen. Solche Prüfberichte bilden für die BaFin die Grundlage der routinemäßigen Kontrollfunktion. Sollten Prüfer im Laufe einer Prüfung schwerwiegende Verstöße gegen die EU-Ratingverordnung feststellen, ist die BaFin darüber unverzüglich in Kenntnis setzen, um gegebenenfalls Eilmaßnahmen treffen zu können.

Wie lassen sich diese sehr detaillierten Prüfungserfordernisse des Absatzes 5 bewerten? Sicher sind sie für die Ratingagenturen neu. Hinsichtlich der beabsichtigten Prüfungspraxis ergeben sich alles in allem aber keine nennenswerten Besonderheiten – insbesondere nicht im Vergleich mit dem Vorgehen, wie es bereits aus anderen Zusammenhängen bekannt ist (beispielsweise der Aufsicht von Kreditinstituten). Zu beachten ist ferner, dass die Regelungen durchaus eine gewisse Flexibilität bieten, um in Einzelfällen die Agenturen nicht über Gebühr zu belasten. Wie sich das in der Prüfungspraxis auswirken wird, bleibt abzuwarten.

Vollziehbarkeit

§ 17 Abs. 6 WpHG-E will sicherstellen, dass Maßnahmen der BaFin zur Durchsetzung der EU-Ratingverordnung sofort vollziehbar sind. Daher haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Maßnahmen der Bundesanstalt nach den Absätzen 2, 4 und 5 keine aufschiebende Wirkung. Diese Regelung ist nach der Gesetzesbegründung zur Gefahrenabwehr auf den Finanzmärkten geboten. Andernfalls könnten hier in kurzer Zeit sehr hohe Schäden für Dritte entstehen, die auf die Integrität der Märkte, einschließlich der Tätigkeit der Ratingagenturen vertrauen.

Verordnungsermächtigung

Das Bundesministerium der Finanzen erhält in § 17 Abs. 7 WpHG-E schließlich noch eine Ermächtigung zum Erlass einer Rechtsverordnung. Darin können weitere Details zur Prüfungen von Ratingagenturen geregelt werden, wie z. B zur Art sowie zum Umfang und Zeitpunkt der Prüfungen nach den Absätzen 4 und 5. Das Ministerium soll die Ermächtigung durch Rechtsverordnung zudem ohne Zustimmung des Bundesrates auf die BaFin übertragen können.

Bußgeldtatbestände

Um die Pflichten aus der EU-Ratingverordnung auch einzuhalten, verpflichtet Art. 36 Unterabsatz 1 explizit dazu, wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen bei Verstößen gegen die Vorgaben einzuführen. Entsprechend dieser zwingenden Regelung sollen in einem neu eingefügten Art. 39 Abs. 2b WpHG-E Verletzungen aller Ge- und Verbote des Gemeinschaftsrechts als Ordnungswidrigkeiten sanktioniert werden. Nicht weniger als 42 (!) Katalogtatbestände sind in diesem Absatz aufgeführt. Ordnungswidrig handelt nach der Entwurfsfassung explizit, wer gegen die EU-Ratingverordnung verstößt, indem er vorsätzlich oder leichtfertig einen der normierten Katalogtatbestände verwirklicht. Ohne hier auf sämtliche Regelungen im Detail einzugehen, seien zur Illustration nur einige Beispiele hervorgehoben. Sie beziehen sich auf die besonders schwerwiegenden Fälle, bei denen der Bußgeldrahmen bis zu einer Million Euro umfassen kann. Solche Fälle liegen vor, wenn eine Ratingagentur

  • ein Rating abgibt, obwohl ein Interessenkonflikt vorliegt (§ 39 Abs. 2b Nr. 11);
  • gegenüber demselben bewerteten Unternehmen oder einem verbundenen Dritten sowohl Beratungs- als auch Ratingleistungen erbringt (§ 39 Abs. 2b Nr. 12);
  • bei einer Veränderung der Methoden, Modelle oder grundlegenden Annahmen, die Auswirkungen auf Ratings hat, kein neues Rating erstellt (§ 39 Abs. 2b Nr. 35) oder
  • trotz des Fehlens verlässlicher Daten nicht auf die Abgabe eines Ratings verzichtet oder ein vorhandenes Rating nicht zurückzieht (§ 39 Abs. 2b Nr. 38).

Bei den übrigen Verstößen gegen die EU-Ratingverordnung liegt der Bußgeldrahmen deutlich niedriger. Um aber eine angemessene und abschreckende Sanktion selbst gegenüber größeren Unternehmen noch zu behalten, sieht der Gesetzentwurf aber auch bei minder schweren Verstößen sowie im Rahmen von Organisationsverschulden vor, dass der Ausgangsrahmen nicht unter 200.000 Euro liegen sollte.

Ordnungswidrig handelt nach § 17 Abs. 3 WpHG-E schließlich auch, wer gegen die EU-Ratingverordnung verstößt, indem er vorsätzlich oder fahrlässig einer vollziehbaren Anordnung nach Nr. 1 bis 4 zuwiderhandelt.

Konsequenzen

Die Konsequenzen der Neuregelungen für die Praxis sind durchaus gravierend, unterlagen die Agenturen auf europäischer Ebene bislang weder einer Regulierung noch einer Aufsicht. In erster Linie sind als Folgerungen die mit den Regelungen verbundenen zusätzlichen organisatorischen Konsequenzen für die Agenturen zu nennen, sowie die sicher nicht unerheblichen Bürokratiekosten. Zwar können Agenturen – wie bereits erwähnt – im Rahmen der aufsichtsrechtlichen Prüfung durchaus von Erleichterungen profitieren (beispielsweise indem auf Antrag auf einen jährlichen Prüfungsturnus verzichtet wird). Das wird jedoch wohl nur in Ausnahmefällen greifen.

Ausblick

Abschließend sei noch ein Ausblick skizziert und auf eine Besonderheit hingewiesen. Denn die Änderungen infolge des Ausführungsgesetzes werden vermutlich nur von kurzer Dauer sein: Schon zum 1. Januar 2011 soll die Überwachung von Ratingagenturen im Rahmen einer neuen Aufsichtsarchitektur auf europäische Institutionen übergehen; damit werden die hier vorgestellten Neuerungen vermutlich größtenteils wieder außer Kraft treten. Ein Pfeiler der neuen Aufsichtsstruktur wird die noch zu schaffende Europäische Wertpapieraufsichtsbehörde (European Securities ans Markets Authority, ESMA) sein. Offen ist derzeit allerdings noch, wie die Aufsicht durch die ESMA konkret aussehen soll.

Hätte man also insoweit noch warten können? Wohl nicht. Denn die Ratingagenturen sollen ausweislich der EU-Ratingverordnung ab dem 7. Juni 2010 ihre Anträge zur Registrierung stellen können. Entsprechende Anträge können zu diesem Zeitpunkt aber nur an die nationalen Aufsichtsbehörden gehen. Bliebe den Ratingagenturen dieser Weg versperrt, könnten ihre Ratings ab dem 7. Dezember 2010 nicht mehr für aufsichtsrechtliche Zwecke verwendet werden.

Im Übrigen: Es ist durchaus nicht unwahrscheinlich, dass einige der hier aufgeigten Eckpfeiler sich so oder doch ähnlich in einem künftigen europäischen Aufsichtssystem wiederfinden werden. Wie das konkret aussehen wird, bleibt indes abzuwarten.

Fazit

Die EU-Ratingverordnung hat einen umfassenden rechtlichen Rahmen für die Arbeit der Agenturen geschaffen. Ein wichtiger Pfeiler ist dabei die augenblicklich (noch) von den Mitgliedsstaaten sicherzustellende Aufsicht der Agenturen. Das Ausführungsgesetz gibt insofern einen Rahmen vor, der sich in das hierzulande bestehende Aufsichtskonzept einfügt und durchaus flexible Ansätze enthält.


Autor:

Dr. André Niedostadek, LL.M. ist Vertretungsprofessor für Privat- und Gesellschaftsrecht an der Hochschule Harz in Halberstadt sowie Rechtsanwalt und Wirtschaftsmediator in Düsseldorf.




[Bildquelle: iStockPhoto]

Kommentare zu diesem Beitrag

Pleitegeier /28.01.2010 15:33
Spät, zu spät..., aber immerhin: Eine strenge und konsquente Aufsicht über die Ratingagenturen ist sehr begrüßenswert und wird hoffenltich bald in der Praxis zu finden sein!!!
oekoek68 /28.01.2010 23:09
Zum Fazit: Hoffentlich nutzen die Lobbyisten die "flexiblen Ansätze" in der nationalen Umsetzung nicht dazu, um die Aufsicht zu verwässern. Solche Gesetze für Ratingagenturen (und auch die für Banken) hätten kurze Zeit nach der Finanzmarktkrise auf den Weg gebracht werden sollen. Inzwischen sind die arroganten Banker und Ratinggesellschaften wieder so weit von der Bodenhaftung entfernt dass sie schon wieder aufbegehren gegen die Vorkehrungen zu neuen Krisen.
hobi /28.01.2010 23:55
Ich frage mich nur, ob ein europäischer Alleingang hier der sinnvolle Weg ist. Alle drei großen Ratingagenturen sind US-amerikanisch (okay, Fitch hat einen französischen Gesellschafter). Müsste da die Regulierung nicht weltweit erfolgen. In jedem Fall ein mutiger Schritt der EU. Jetzt fehlt nur noch die lobbyfreie und konsequente Umsetzung. Ich bin gespannt ...
marcus /29.01.2010 08:04
Verordnung ist das eine ... Umsetzung das andere. Wichtig ist aus meiner Sicht vor allem, dass die Aufseher (bspw. BaFin) mit ausreichend qualifizierten Experten ausgestattet werden. Da das bis heute bei der Bankenaufsicht/Versicherungsaufsicht nicht funktioniert bin ich skeptisch, dass dies bei der Beaufsichtigung der Ratingagenturen klappt. ;-(
Michael /30.01.2010 00:12
Alles in die Tonne treten. Wozu drei große bzw. einige kleine Ratingagenturen, wenn das Rating-System als solches versagt hat.

Dieses ganze rumgeeiere, Verordnung hier, Vorschlag da, Umsetzung.......

Was geändert werden muss: Banken schrumpfen oder gesunden:

EIGENVERANTWORTUNG (bei der RIsikobewertung, nicht blind Ratings folgen), LIQUIDITÄT (im Sinne der Risikovorsorge--> Haftende EK-Quote 20% oder gerne mehr), EIGENHAFTUNG (Bei Gewinn->erst Risikovorsorge 5 Jahre Laufzeit [] Kein Gewinn-> keine Boni).

Simpel, transparent und zum scheitern verurteilt, weil zu einfach!!!!
RISIKO MANAGER /30.01.2010 21:04
Freispruch für Moody's und S&P

[Von Redaktion RISIKO MANAGER, Quelle: Risiko-Manager.com, 27.01.2010]

Die internationalen Ratingagenturen haben einen wichtigen Sieg im Rechtsstreit um ihre Mitschuld am Entstehen der weltweiten Finanzkrise vor zwei Jahren errungen. Ein US-Bezirksgericht in Manhattan sprach die Agenturen Moody's und S&P jetzt vom Vorwurf der irreführenden Bewertung von hypothekenbesicherten Wertpapieren frei, die die im September 2008 zusammengebrochene Investmentbank Lehman Brothers ausgegeben hatte. Mitursächlich für die schwerste Finanzkrise seit dem Börsen-Crash von 1930 waren Wertpapiere, die mit Forderungen auf Hypothekenkredite hinterlegt waren. Als 2007 die Häuserpreise in den USA einbrachen und viele Hausbesitzer ihre Kredite nicht mehr bedienen konnten, brach der Markt für derartige Wertpapiere zusammen, obwohl die Bewertungen dieser Wertpapiere sehr gut waren. Investoren beschuldigten daraufhin die Ratingagenturen, die als Zertifikate angebotenen Anlagen nicht nur mit attraktiven Bonitätsnoten ausgestattet, sondern speziell für Bestbewertungen entwickelt und strukturiert zu haben.

Nun wies nun US-Bezirksrichter Lewis A. Kaplan alle Anschuldigungen im Fall Lehman zurück. Ein schriftliches Urteil will er zu einem späteren Zeitpunkt vorlegen. "Wir sind erfreut, dass der Richter unserem Antrag auf Klageeinstellung gefolgt ist", sagte Steven Weiss, Sprecher des Medienkonzerns McGraw-Hill, zu dem die Ratingagentur Standard & Poor's gehört. Auch Moody's-Sprecher Michael Adler zeigte sich zufrieden. Für die unterlegenen Investoren ist die Angelegenheit aber noch nicht vom Tisch. Bevor der nächste Schritt unternommen werde, solle aber zunächst das schriftliche Urteil abgewartet werden, sagte Joel Laitman, der die Gruppe der klagenden Wertpapierzeichner berät. In der Klage ging es um Wertpapiere im Volumen von mehr als 93 Mrd. USD, die Lehman mit Hypothekenforderungen besichert und über einen Zeitraum von 21 Monaten bis Anfang 2007 ausgegeben hatte. Die Papiere waren mit "AAA"-Ratings speziell für den Verkauf an Pensionsfonds und Versicherungsunternehmen ausgelegt, die nach ihren Regularien nur als sicher geltende Wertpapiere mit Bestnoten erwerben dürfen.
Michael /31.01.2010 15:18
@RISKO MANAGER

"....Investoren beschuldigten daraufhin die Ratingagenturen, die als Zertifikate angebotenen Anlagen nicht nur mit attraktiven Bonitätsnoten ausgestattet, sondern speziell für Bestbewertungen entwickelt und strukturiert zu haben."

"...Die Papiere waren mit "AAA"-Ratings speziell für den Verkauf an Pensionsfonds und Versicherungsunternehmen ausgelegt, die nach ihren Regularien nur als sicher geltende Wertpapiere mit Bestnoten erwerben dürfen."

Genau da liegt der Hase im Pfeffer, die eine Seite zahlt für Ratings, in der Erwartung, diese an große potente Geldgeber zu verkaufen. Die andere Seite: Moody´s und Co. verdienen an der Erstellung dieser Ratings.

Ob hier ein Interessenkonflikt vorfliegt???

Moody´s geht mit Sicherheit nicht zum Kunden und sagt:
"Also das Portfolio/Produkt usw. ist Scheisse! Mit Triple-AAA wird das nix!!"
Sodern schlägt vor: "Packt nochmal etwas Substanz mit rein und wir schauen dann mal was wir für euch tun können......"

Selbstverständlich waren bestimmte Bewertungen unter den damaligen Marktparamerten mit AAA einzustufen. Jedoch ist aus den Ratings nicht abzuleiten, dass sich der Häusermarkt in eine andere Richtung orientieren kann oder die Leitzinsen angehoben oder gesenkt werden könneten, noch das Währungseinflüsse eine gewisse Rolle spielen usw. usw.
Soviel zum Thema MARKT- und vorallem MODELLRISIKO und MODELLTRANSPARENZ !!!!!.

Ein Rating OHNE Toleranzen ist absolut nutzlos. Triple-A solange diese oder je Parameter stabil sind.

Erstens sollten Banken/Versicherungen usw. eigene Risikoeinschätzungen anhand zahlreicher Marktparameter durchführen.

Ratings sollten nur der Unterstützung dienen.

Sollten Ratingagenturen nicht verboten werden:

Empfehle ich Stresstests mit zugehöriger Veröffentlichung zu jedem Rating und zur Reduzierung des Interessenkonflikts einen großen Pott in den alle beteiligten einzahlen und der für bestimmte Investmentklassen Meinungen-Ratings abgibt:
z.B. Portfolio DAX, Leitzins 1%, usw. Rating-A, sofern Volatilität >30, Leitzins unter 1,75%....
Risk Academy

Die Intensiv-Seminare der RiskAcademy® konzentrieren sich auf Methoden und Instrumente für evolutionäre und revolutionäre Wege im Risikomanagement.

Seminare ansehen
Newsletter

Der Newsletter RiskNEWS informiert über Entwicklungen im Risikomanagement, aktuelle Buchveröffentlichungen sowie Kongresse und Veranstaltungen.

jetzt anmelden
Lösungsanbieter

Sie suchen eine Softwarelösung oder einen Dienstleister rund um die Themen Risikomanagement, GRC, IKS oder ISMS?

Partner finden
Ihre Daten werden selbstverständlich vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Weitere Informationen finden Sie in unseren Datenschutzbestimmungen.