Laut der aktuellen Panel-Befragung, die von der Zeitschrift "Der Aufsichtsrat" in Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO durchgeführt wurde, spielen die unternehmerische Mitwirkung und Mitverantwortung bei zentralen Unternehmensentscheidungen im Selbstverständnis von Aufsichtsratsmitgliedern deutscher Unternehmen eine immer stärkere Rolle.
Dennoch sieht sich die Mehrheit der Mandatsträger auch in Zukunft vor allem als Kontrolleure und erteilt einer Verschmelzung von operativen und kontrollierenden Funktionen, wie sie das angelsächsische Board-System kennt, eine klare Absage: So antwortete auf die Frage "Sehen Sie im Board-Modell eine Lösung, die Verantwortlichkeiten zusammenzuführen und im Interesse der gemeinsamen Verpflichtung auf das Unternehmensziel effizienter umzusetzen?" eine Mehrheit von 64 Prozent mit "Nein". Die Gegner einer solchen Regelung bewerteten das bestehende duale System mit seiner Trennung von operativen und kontrollierenden Funktionen als effizienter und besser.
Ungeachtet der Diskussion um das duale oder das angelsächsische Modell zeigt die Panel-Befragung, dass Aufsichtsräte schon heute stark in strategische und grundlegende unternehmerische Entscheidungen eingebunden sind. Insbesondere bei Entscheidungen zu Beteiligungen und Akquisitionen sowie Entscheidungen zu Investitionen und Finanzierungen ist ihre unternehmerische Mitwirkung gefragt. Weitere Aktionsfelder sind Fragen zu Produktneueinführungen und Geschäftsfeldern, zur Internationalisierung, zu Unternehmensstrategien und Personalentscheidungen.
Abgrenzung der Einbindung bleibt schwierig
In den Antworten zu der Frage nach der grundsätzlichen Einstellung zur Kompetenzverteilung zwischen Vorstand und Aufsichtsrat wird die Abgrenzungsproblematik deutlich. So sprachen sich 54 Prozent der Befragten für eine "mit-unternehmerische Tätigkeit" aus. 42 Prozent lehnten diese Funktion des Aufsichtsrats dagegen gänzlich ab.
Die Einschätzung, dass mit der wachsenden unternehmerischen Verantwortung des Aufsichtsrats faktisch auch das Haftungsrisiko steigt, wird von 90 Prozent der Befragten geteilt. Um hier gegenzusteuern, sehen 66 Prozent der Befragten den Aufsichtsrat in seinem faktischen Handeln gefordert. Dies betreffe eine differenziertere Aufgabenwahrnehmung des Überwachungsorgans ebenso wie eine Verbesserung der Information und die Organisation der Aufgabenverteilung zwischen Vorstand und Aufsichtsrat. Neben mehr Zeit für die Überwachungstätigkeit sprachen sich die Panel-Teilnehmer für höhere Kompetenzen der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder und die Heranziehung externer Informationsquellen aus. Von etwas mehr als einem Fünftel der Befürworter einer Begrenzung der Mitverantwortung des Aufsichtsrats wurde eine D&O-Versicherung als Möglichkeit benannt.
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