Die US-Notenbank hat nach etwas mehr als zwei Jahren ihren geldpolitischen Straffungskurs unterbrochen. Wie die Federal Reserve nach der jüngsten Sitzung des Offenmarktausschusses (FOMC) mitteilte, behält sie vorerst den Zielsatz von 5,25 % für die Fed Funds Rate bei. Die Entscheidung war weithin erwartet worden, nachdem sich die Signale für eine Abschwächung der US-Konjunktur jüngst verstärkt hatten. Gleichzeitig erklärte die Fed aber auch, dass die Kerninflation in den USA in den vergangenen Monaten hoch gewesen sei. Eine starke Auslastung der gesamtwirtschaftlichen Kapazitäten sowie die hohen Energie- und Rohstoffpreise hätten zudem das Potenzial, für einen anhaltenden Teuerungsdruck zu sorgen. Die Inflation dürfte sich im Zeitverlauf dennoch abschwächen, vor allem wegen der eingedämmten Inflationserwartungen und aufgrund der noch zu erwartenden restriktiven Wirkungen der bisherigen Zinserhöhungen. Allerdings betonte der FOMC auch, dass einige Inflationsrisiken verblieben. Vor diesem Hintergrund seien Ausmaß und Timing weiterer womöglich notwendiger Zinserhöhungen abhängig vom eingehenden Datenstrom zu Inflation und Wachstum. Die Fed hatte ihren Leitzins seit Juni 2004 siebzehn Mal in Folge um 25 Basispunkte erhöht.
Inflationsrisiken im Visier
Auch die Bank of England (BoE) hat weiter makroökonomische Risiken im Visier und erwartet, dass die Inflation in Großbritannien bis in das Jahr 2009 hinein über dem Zwei-Prozent-Ziel der Notenbank liegen wird. In einem aktuellen Inflationsbericht wird betont, selbst eine weitere Zinserhöhung werde an dieser Einschätzung nichts ändern. Die BoE hatte ihren Leitzins jüngst überraschend um 25 Basispunkte auf 4,75 % erhöht und dies mit der Verschlechterung des Inflationsprofils begründet. In dem Bericht verwies die BoE nun darauf, dass die Inflation stärker als bisher erwartet anziehen werde, bevor es 2007 zu einem Nachlassen des Teuerungsdrucks komme. Zudem geht die Notenbank davon aus, dass das Wirtschaftswachstum ebenfalls etwas stärker sein wird als bisher angenommen. Die Risiken für Inflation und Wachstum seien weitgehend ausgeglichen. Wegen des Risikos eines Konjunkturabschwungs in den USA könnte es 2007 sogar zu einer geldpolitischen Lockerung kommen, meint der Ökonom James Knightley von ING.
Risiken aus Zweitrundeneffekten
Andere Fachleute betonten zudem, dass die Inflationsrisiken in Großbritannien begrenzt seien. Preisdruck gebe es vor allem bei Energie und Rohstoffen, die Unternehmen könnten die höheren Kosten aber nur begrenzt weitergeben. BoE-Gouverneur Mervyn King betonte, wegen des bisherigen Ausbleibens von Zweitrundeneffekten – als Folge der hohen Energiepreise – sei eine Entwarnung verfrüht. Ein Zweitrundeneffekt tritt ein, wenn die Energieverteuerung über steigende Löhne und Erzeugerpreise die gesamten Verbraucherpreise dauerhaft erhöht. Der Vermeidung von Risiken aus Zweitrundeneffekten misst auch Hans Peter Weser (Foto), Präsident der Bundesbank-Hauptverwaltung in Düsseldorf, besondere Bedeutung zu. “Ein wichtiger Aspekt der jüngsten zinspolitischen Entscheidungen der EZB ist, den Risiken von Zweitrundeneffekten frühzeitig und energisch entgegenzutreten. Das Vertrauen der Märkte in die Geldpolitik der EZB bestätigt diese Sichtweise”, so Weser im Rahmen des Düsseldorfer Finanz Forums. Trotz der bis zuletzt kräftig gestiegenen Rohstoffpreise und absehbarer Anhebungen indirekter Steuern, wie etwa der Mehrwertsteuer-Erhöhung in Deutschland, liege die vom Markt für die nächsten 10 Jahre erwartete durchschnittliche Jahresinflation im Euro-Raum, gemessen am Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI), nur wenig über 2 %.