Ausweitung der Ratings auf Liquiditätsrisiken


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Ratingagenturen reagieren auf die öffentliche Kritik, die im Zuge der aktuellen Liquiditätskrise an den weltweiten Finanzmärkten an ihren Bonitätsausweisen aufgekommen ist. So erwägt Moody's Investors Service eine Ausweitung ihres Bewertungsinstrumentariums bei komplexen Finanzinstrumenten. Der President und CFO der Ratingagentur, Brian Clarkson, sagte, sein Unternehmen spreche mit den Regulierern über Instrumente, mit denen Fragen von Liquidität und Marktwert behandelt werden könnten. Damit reagiert Moody's auf die öffentliche Kritik, die jüngst an der Form ihrer Ratings aufgekommen war. Investoren und Politik werfen den internationalen Ratingagenturen vor, nicht ausreichend vor Risiken gewarnt zu haben, die mit strukturierten Finanzprodukten verbunden waren. So sind in der aktuellen Krise Banken unter anderem mit Wertpapieren ins Schlingern geraten, obwohl diese eine sehr guten Bonitätsbewertung haben. Dennoch verfielen in den vergangenen Wochen die Marktpreise solcher Titel, einige Wertpapiermärkte wurden gar illiquide. Die Ratingagenturen waren der Kritik, dass es dazu keine Warnsignale gab, zunächst mit dem Argument begegnet, ihre Bonitätsbewertungen erstreckten sich ausschließlich auf das Ausfallrisiko eines Wertpapiers. Zu etwaigen Einbrüchen beim Marktpreis oder zu mangelnder Liquidität sagten Ratings nichts aus. "Der plötzliche Mangel an Liquidität infolge mangelnder Transparenz ist gegenwärtig das größte Problem im Markt", sagte Clarkson. Die Frage sei: "Können wir ein Produkt entwickeln, das etwas über dieses Risiko sagt". An der Beantwortung dieser Frage arbeite Moody's. Nach Informationen der "Financial Times" prüfen auch Standard & Poor's (S&P) sowie Fitch entsprechende Schritte. Zwar bestritt Moody's-President Clarkson, an der jüngsten Krise mitschuldig zu sein. Er räumte allerdings ein, die aktuelle Entwicklung zeige, "dass Märkte sich verändern, manchmal schnell und dramatisch". Clarkson kritisierte, dass Investoren ihre Wertpapier-Ratings häufig nicht verstünden und sie deshalb als einen Freibrief für fairen Marktwert und Liquidität dieser Titel mißbräuchten.

Kreditkrise als Stresstest für das Finanzsystem

Die aktuelle Kreditkrise hat nach Einschätzung von Moody's das moderne, anonyme Finanzsystem im Ganzen einem Stresstest ausgesetzt, bietet aber auch Chancen für korrigierende Reformen. In einer jüngst veröffentlichten Studie unter dem Titel "Stress Testing the Modern Financial System" kommt die Ratingagentur zu dem Schluss, dass die wesentlichen Systemmängel bereits seit dem Beinahe-Zusammenbruch des Hedgefonds Long-Term Capital Management (LTCM) und der dadurch ausgelösten Krise im Jahr 1998 bekannt seien. Zur aktuellen Krise ausgewachen hätten sich anfänglich überfällige, aber ungeordnete Risiko-Neubewertungen der Akteure. Vorausgegangen sei eine längere Phase des gegenseitigen Unterbietens bei der Übernahme von Kreditrisiken - Ausdruck eines zeitweiligen Ungleichgewichts zwischen Gläubigern und Schuldnern.

Ungeordnete Risiko-Neubewertungen

Beigetragen habe dazu ferner die Illusion quasi unbegrenzter Liquidität im Markt, das Platzen der Preisblase am US-Hausmarkt und die ausnehmend schlechte Entwicklung verbriefter Subprime-Hypotheken. Letztere liege "wie ein Schatten" über ganzen Klassen strukturierter Finanzprodukte. Zu einer Panik habe sich die anfängliche Risiko-Neubewertung ausgewachsen, weil verschiedene Faktoren dazugekommen und ein "explosives Gemisch" ergeben hätten, erklärte Moody's-Vice-Chairman Christopher Mahoney als Co-Autor der Studie. Zu hohe Verschuldung, ungetestete Finanzprodukte, preissensible Bilanzierungsregeln und Undurchsichtigkeit des Marktes macht Moody's dabei als problematisch aus.

Flucht aus dem Risiko

Laut Studie ging in früheren Zeiten eine Kreditklemme auf eine straffe Geldpolitik zurück. Heutzutage seien psychologisch wirkende Schocks auf das Marktvertrauen die Ursache. Sie begünstigten eine Flucht aus dem Risiko und führten bei jenen Finanzakteuren zu Liquiditätsengpässen, die von einer vertrauensbasierten Refinanzierung abhängig seien, urteilen Christopher Mahoney und Moody's-Chefvolkswirt Pierre Cailleteau. "Das Problem liegt darin, dass Zentralbanken dafür gemacht sind, Banken am Laufen zu halten und nicht eine Krise des Marktvertrauens zu bewältigen", erklärte Mahoney. Die Schwierigkeit bestehe gegenwärtig darin, nicht nur die Liquidität sicherzustellen, sondern auch die Durchlässigkeit des gesamten Systems, so dass wichtige Finanzinstitutionen außerhalb von Banken weiterhin systematisch Zugang zu existenznotwendiger Finanzierung erhielten. Nach der Krise des Hedgefonds LTCM im Jahr 1998 seien die Systemmängel bereits überwiegend ausgemacht worden: Das übermäßige Vertrauen in die Liquidität, zunehmende Schwierigkeiten bei der Entdeckung von Risiken ebenso wie zunehmende Wechselwirkungen von Vermögenswerten in Stresszeiten und schließlich die Verschuldung, die auf das Ausmaß der Marktdynamik wirke. Als Ergebnis der aktuellen Krise erwartet Moody's, dass sowohl Märkte als auch Politik auf größere Transparenz der Akteure am Finanzmarkt drängen werden. Daneben dürfte die Einführung größerer Liquiditätspuffer gefordert werden.

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