Jochen Sanio, der Präsident des Bundesamtes für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) sprach im Rahmen eines öffentlichen Vortrags am Finanzwirtschaftlichen Forum der Universität Augsburg zum Thema "Aktuelle Fragen der Bankenaufsicht".
Als Initiatoren und Mitveranstalter hatten auch die Teilnehmer der 11. Qualifizierung zum Rating-Analysten, sowie das Alumninetzwerk "Rating-Analysten der Universität Augsburg e.V." die Gelegenheit hochrangige Gäste aus Politik und Gesellschaft zu begrüßen, darunter auch den Aufsichtsratsvorsitzenden der Deutschen Börse AG, Kurt Viermetz, der den Vortrag mit einer Vorstellung des BaFin Präsidenten eröffnete.
In seinem Vortag, unterstrich Sanio zu Beginn nochmals, dass speziell im Bankensektor die Stabilität und Leistungsfähigkeit als Kreditgeber der Wirtschaft von herausragender Bedeutung sei. Jedoch machte er zugleich deutlich, dass er Deutschland für "overbanked" hält und dass dies in den nächsten Jahren Opfer fordern würde.
Nach einem kurzen Abriss über die Entwicklung hin von Basel I zu Basel II zeigte Sanio auf, dass die alten Regelungen, die mittlerweile schon in über 100 Ländern umgesetzt sind, das Risiko, welches eine Bank eingeht, nicht adäquat abbilden, sondern, wie die Vergangenheit gezeigt habe, eher zu riskanteren Krediten führe und dadurch einigen Banken die Einstellung "Hauptsache die Rendite stimmt" zum Verhängnis wurde.
Jochen Sanio (BaFin Präsident), Kurt Viermetz (Aufsichtsratsvorsitzender der Deutschen Börse AG)
Unter der neu gestalteten Regelung von Basel II wird nun nicht mehr ausschließlich auf Eigenkapital gesetzt, sondern es spielen als zweite bzw. dritte Säule die "interne Kontrolle" sowie die "Marktdisziplin durch Transparenz" eine Rolle. Sanio zeigte sich jedoch besonders gegenüber der 3. Säule, der Marktdisziplin skeptisch, da diese unter anderem in einem Feldversuch in Neuseeland nicht zu dem gewünschten Erfolg geführt hatte.
In der ersten Säule, der Eigenkapitalunterlegung, besteht nun bei den Banken die Wahlmöglichkeit zwischen einem "Basic Approach", der in etwa die bisherigen Regelungen widerspiegelt und einem "Advanced Approach", bei dem das interne und externe Rating zur Anwendung kommt. Die einfachere Regelung sei vor allem für Mikroinstitute, wie sie in Deutschland sehr häufig sind, und für Banken in Entwicklungsländern, interessant. Größere Institute würden dabei jedoch hinter ihren Möglichkeiten zurück bleiben.
Für diese Institute ist das interne Rating von entscheidender Bedeutung, da dadurch die Gewichte individuell bestimmt werden. Bei diesem Ansatz werden nach den vier Risikoparametern: Ausfallwahrscheinlichkeit, Verlust bei Ausfall, ausstehender Betrag bei Ausfall und Restlaufzeit des Kredites berechnet. Diese neuen weltweiten Vorgaben ermöglichten es den Banken ihr Kreditportfolio aktiv zu managen und dadurch ihr Eigenkapital noch effizienter zu verwenden. Sanio unterstrich dabei, dass im Gegensatz zum alten Ansatz nicht mehr die "Peitsche" zum Einsatz komme, sondern den Banken durch dieses inhärente Anreizsystem vielmehr das "Zuckerbrot" gereicht würde.
In den USA findet im Moment eine erhitzte Diskussion im Parlament statt, da eine Studie zeigte, dass von den neuen Regelungen nur die großen Banken (17 Prozent Eigenkapitalersparnis) profitierten und mittlere und kleinere Institute benachteiligt würden. Eine heftige Diskussion über die Benachteiligung des Mittelstandes gab es in Deutschland schon vor drei Jahren, damals jedoch konnte von Seiten der USA kein Verständnis für die Relevanz des Themas aufgebracht werden. Sanio gab zu, nun mit einem gewissen Amüsement zur Kenntnis zu nehmen, dass nun auch über dem Teich das Thema für relevant gehalten wird.
Sanio wies noch auf eine interessante Studie hin, die kürzlich in Deutschland erschienen ist. In der so genannten "4th Impact Study", die gemeinsam vom BaFin und der Deutschen Bundesbank erstellt worden war, wurde deutlich, dass die Auswirkungen von Basel II auf die Kreditvergabe in Deutschland auf +/- Null hinauslaufen werden. Jedoch wird es zu einer deutlichen Aufspreizung kommen. So seien Retailbanken, worunter beispielsweise auch die Sparkassen fallen, zunächst zu den Gewinnern zu zählen. Die Verlierer seien aber seiner Meinung nach nicht von Dauer, da alle Banken die Möglichkeit nutzen werden um ihr Portfolio neu zu strukturieren, wodurch sie auch zu Gewinnern würden. Insgesamt führe das neue Gesetz zu einer Eigenkapitaleinsparung und somit werde es zu einer besseren Allokation der Mittel kommen.