Höhere Kapitalanforderungen der Europäischen Bankenaufsicht

Banken sparen die Rezession herbei


Banken sparen die Rezession herbei News

Europäische Banken kämpfen derzeit mit den höheren Kapitalanforderungen der Europäischen Bankenaufsicht (EBA). Um diese zu erreichen, ist derzeit fast jedes Mittel recht: Keine Neukreditvergabe, Schrumpfkur für die Bilanzen, Verkauf von Unternehmensteilen und der radikale Abbau von Schulden. Dieses aggressive Maßnahmenpaket könnte die Rezession in der Eurozone aber verstärken, befürchtet EBA-Chef Andrea Enria. Und Peter Bofinger, Professor an der Universität Würzburg, wird sogar noch etwas deutlicher: "Wir haben das Problem, dass wir in eine schwere Rezession im Euroraum reinlaufen, weil die Banken jetzt einen Credit-Crunch machen."

Beispiele für die radikale Einschränkung der Kreditvergabe finden sich in Deutschland bereits. So fährt Commerzbank-Chef Martin Blessing seine Bilanz radikal herunter, da die EBA beim Blitz-Stresstest im Oktober für sein Institut einen Kapitalbedarf von 2,94 Mrd EUR ermittelt hatte. Um ohne staatliche Hilfe dieses Ziel zu schaffen, stoppt Blessing die Neukreditvergabe für sein Institut außerhalb der Regionen Deutschland und Polen. Die Tochter Eurohypo darf sogar generell kein Neugeschäft mehr machen.

Genau solche Aktivitäten bereiten Politikern, Aufsehern und Wissenschaftlern jedoch Kopfzerbrechen. Denn wenn die Banken zu sehr auf die Bremse treten, um die erhöhten Kapitalanforderungen zu erreichen, dann könnte dies die bereits vorhandenen Rezessionstendenzen in Europa zusätzlich verstärken.

Eine Rezession würde sich jedoch auch auf die Finanzen der Staaten in Europa auswirken und könnte dadurch die Staatsschuldenkrise nochmals anfeuern, glaubt Bofinger. "Wenn wir das nicht in den Griff bekommen, könnten wir am Ende vor einem politischen und ökonomischen Scherbenhaufen stehen", erklärte Bofinger.

Auch Enria sieht die Gefahr, dass die Maßnahmen der Banken "auf die Realwirtschaft" durchschlagen könnten. Daher will er erreichen, dass die Banken die Bilanzen zwar insgesamt schrumpfen, dabei aber die Kreditvergabe nicht kürzen.

Unterstützung erhielt er bei der Euro Finance Week von dem Finanzpolitischen Sprecher von Bündnis90/Die Grünen, Gerhard Schick. "Wir müssen regulatorisch sicherstellen, dass sich das Deleveraging der Banken nicht auf das Realgeschäft auswirkt", forderte der Politiker am Rande der Veranstaltung. Seine Idee ist, dass es im Investmentbanking höhere Eigenkapitalvorschriften als im Retailbanking geben könnte.

Wann Enria mit seinem Team dazu kommt, die Regulierung zu diesem Thema zu bearbeiten, bleibt abzuwarten. Schließlich hat er selbst gesagt, dass er nicht ausreichend Ressourcen besitzt, um alle anstehenden Themen anzugehen.

 

[Bildquelle: iStockPhoto]

Kommentare zu diesem Beitrag

Markus /16.11.2011 00:42
"...Europäische Banken kämpfen derzeit mit den höheren Kapitalanforderungen der Europäischen Bankenaufsicht (EBA). Um diese zu erreichen, ist derzeit fast jedes Mittel recht: Keine Neukreditvergabe, Schrumpfkur für die Bilanzen, Verkauf von Unternehmensteilen und der radikale Abbau von Schulden. Dieses aggressive Maßnahmenpaket könnte die Rezession in der Eurozone aber verstärken, befürchtet EBA-Chef Andrea Enria...."

Warum wird nicht bei den eigenen Kosten gespart????
Gehälter runter, massiv runter, sogar für die Begrüßungsdame in der Konzernlobby!!! Boni streichen!!! Es arbeiten schlicht zuviele Menschen im Finanzbereich, die zu gut bezahlt werden und letzlich zu keiner Wertschöpfung beitragen. Das Geschäftsmodell der privatwirtschaftlichen Bank ist aktuell gescheitert. Diese Banken tragen NICHT zum Wertschöpfungsprozess der Realwirtschaft bei. Sie haben sich in den letzten 20 Jahren extrem von ihr abgekoppelt. Das Hauptinteresse der Banken lag in der eigenen Gewinnmaximierung. Aus wirtschaftswissenschaftlicher Seite sollen Banken als Intermediär auftreten. Wenn dabei halbwegs sinnvolle/realistische Dienstleistungen berechnet werden geht das auch in Ordnung. Jedoch waren die letzten Jahren von einer massiven Flucht in unregulierte Märkte und Geschäftspraktiken geprägt.

"...Auch Enria sieht die Gefahr, dass die Maßnahmen der Banken "auf die Realwirtschaft" durchschlagen könnten. Daher will er erreichen, dass die Banken die Bilanzen zwar insgesamt schrumpfen, dabei aber die Kreditvergabe nicht kürzen..."

Ködern könnte man die Banken relativ simpel:
Gebt das Geld lieber den Unternehmen (die produzieren Waren) als Staaten, weil dort verwalten Politiker mit noch weniger Ahnung als man selbst das Geld.
Markus /16.11.2011 00:44
Ironischerweise scheint in der aktuellen Finanz-Kapitalismus-Krise das genossenschaftliche Bankenmodell bzw. das Sparkassensystem zu überleben
RiskNET Redaktion /17.11.2011 16:37
Der Internationale Bankenverband (IIF) signalisiert grundsätzlich Bereitschaft, sich am Schuldenschnitt für Griechenland zu beteiligen. Auf eine schnelle Lösung ist aber nicht zu hoffen. Wie IIF-Chef Charles Dallara am Donnerstag mitteilte, werde ein Kommitte gegründet, um die Möglichkeiten gemeinsam auszuloten.

Die Brüsseler Beschlüsse vom Oktober seien gut durchdacht und zudem sei man davon überzeugt, dass sich die neue griechische Regierung bemühen werde, die Schuldenreduktion planmäßig umzusetzen, erklärte Dallara. Detaillierte Pläne, wie der Schuldenschnitt umgesetzt werden solle, präsentierte der IIF-Chef jedoch nicht. Man hoffe, in den kommenden Wochen, eine gemeinsame Basis mit den Griechen zu finden.

Die Beteiligung der Privatbanken wird demnach wie im Oktober in Brüssel beschlossen bei 50% liegen. Die Verwirrungen über eine Volksabstimmung in Griechenland und die anschließende Neubildung der Regierung hatten die Banken dazu veranlasst, ihr Angebot erst einmal einzufrieren und die weitere Entwicklung abzuwarten.

Einem Großteil der Banken sollte dieser Beschluss nichts mehr ausmachen. Viele - unter anderem die Deutsche Bank und die Landesbank Baden-Würtemberg - hatten zuletzt ihre griechischen Staatsanleihen auf 40% des ursprünglichen Marktwertes abgeschrieben.
Markus /17.11.2011 22:17
"...signalisiert grundsätzlich Bereitschaft, sich am Schuldenschnitt für Griechenland zu beteiligen...."

Ich signalisiere auch grundsätzlich den Finanzamt meine Bereitschaft Steuern zu zahlen. Muss doch reichen....

"...Einem Großteil der Banken sollte dieser Beschluss nichts mehr ausmachen...."
Kein Wunder, wurde der Großteil der Scheiße in der EZB geparkt.
Ähnlich wie alle BadBanks, lass den Steuerzahler bürgen für unsere Gewinne...

"...hatten zuletzt ihre griechischen Staatsanleihen auf 40% des ursprünglichen Marktwertes abgeschrieben...."
Minus 138% sind ökonomisch sinnvoll....
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