Laut der Studie "Branchenkompass 2008 Kreditinstitute", die von der Unternehmensberatung Steria Mummert Consulting in Zusammenarbeit mit dem F.A.Z.-Institut erstellt wurde, planen 60 Prozent der deutschen Kreditinstitute, ihr Risikomanagement bis zum Jahr 2011 komplett zu überprüfen. Ziel sei es dabei vor allem, Risiken künftig früher erkennen zu können. Insbesondere Investitionen in moderne Frühwarnsysteme sowie eine deutlich verbesserte Datengrundlage sollen die Risikomanager hierbei stärker unterstützen. Die bestehenden Reporting-Systeme lieferten laut der Studie nämlich oftmals nur einen Teil der für die Risikoeinschätzung notwendigen Daten und Analysen.
Silodenken soll überwunden werden
Bei der Mehrheit der Banken bestehe das Risikocontrolling aus einer Vielzahl von unterschiedlichen Datenbeständen und bilde damit eine unzureichende Basis für Risikoanalysen. Der Grund für diesen Status quo sei in historisch gewachsene IT-Strukturen sowie der fehlende Vernetzung der Fachabteilungen zu sehen. Die befragten Banken wollten diese Defizite nun abbauen, indem sie die Informationspflege mit Hilfe moderner Business-Intelligence-IT verbesserten. Zentral verwaltete Daten und standardisierte Prüfverfahren sollen künftig dafür sorgen, dass die Informationsdichte zunimmt und Bankmitarbeiter die Risiken von Finanzgeschäften genauer einschätzen können. Zudem sollten die Daten weniger Fehler enthalten und schneller verfügbar sein. Über Webportale sollen Entscheider beispielsweise auch mobil in der Lage sein, Risikoprüfungen durchzuführen. Derartige Ansätze verkürzten unter anderem die Reaktionszeit bei Kreditentscheidungen.
Die Hälfte der befragten Banken hat laut der Studie damit begonnen, die gesamte Ablaufkette der Risikoprüfung neu zu durchleuchten, um Schwachstellen aufzuspüren. Mehr als die Hälfte der Fach- und Führungskräfte wollten zu diesem Zweck die internen Kontrollsysteme ausbauen. Hierzu gehöre beispielsweise, dass alle Fäden bei einem Chief Risk Officer auf Vorstandsebene zusammenlaufen.
Gleichzeitig plane jedes zweite Institut zusätzliche Investitionen in die Personalentwicklung. Die Mitarbeiter sollten künftig besser darauf trainiert sein, versteckte Risiken zu erkennen. Insbesondere die Genossenschaftsbanken sowie die großen Kreditbanken hätten ihren Nachholbedarf bei den Controllingprozessen erkannt. Bei diesen beiden Bankengruppen planen laut der Studie sieben von zehn Entscheidern, die internen Prozesse der Risikosteuerung und des Controllings zu überprüfen. Übergreifend gibt immerhin jeder dritte Befragte an, seine Bank werde verstärkt in Risikoklassifizierungsverfahren investieren, um im Kreditgeschäft die Ausfallrisiken besser zu messen und um die Kredite entsprechend zu bepreisen. Hier besteht offenbar weiterer Nachholbedarf, obwohl 88 Prozent der Banken bereits in der Vergangenheit in diesen Bereich investiert hätten.
Renditeerwartungen trotz Finanzkrise positiv
Trotz Finanzkrise und Rezessionsszenarien fallen die Renditeerwartungen der Kreditinstitute in Deutschland laut der Studie überwiegend positiv aus: So rechnen 37 Prozent der Topbankmanager für 2009 mit einer Verbesserung der Eigenkapitalrendite. Weitere 32 Prozent erwarten eine stabile Renditeentwicklung. Kurzfristig reagieren die meisten Institute besonnen auf die Krise und nehmen keine übereilten Kurskorrekturen vor. Bis 2011 stellt laut der Analyse allerdings jede zweite Bank ihre Geschäftsstrategie auf den Prüfstand.
Insgesamt stuften die Entscheider dabei die Rezessionsgefahr im Vergleich zu anderen Risikofaktoren am höchsten ein. So sehen 42 Prozent der Befragten im wirtschaftlichen Abschwung eine mögliche Bedrohung für das eigene Institut. Dem stehen 35 Prozent der Entscheider gegenüber, die speziell die Risiken aus der Finanzmarktkrise als existenzbedrohend wahrnehmen, wobei 23 Prozent der Befragten auf die Risiken im Abschreibungsbedarf bei Kapitalanlagen und Krediten verweisen.
Erhebliche Veränderungen der Rahmenbedingungen erwartet
Gemäß der Analyse befürchtet nur jedes zehnte Institut, dass es infolge des stockenden Interbankenhandels zu existenziellen Gefahren bei der Refinanzierung kommt. Zudem glauben acht von zehn Befragten nicht, dass es in Deutschland eine starke Verknappung der Kreditgewährung (Kreditklemme) geben wird. Fast alle Befragten erwarten dagegen verschärfte Kontrollvorschriften für Kreditinstitute seitens des Gesetzgebers und der Aufsichtsbehörden. 82 Prozent rechnen zudem damit, dass bereits im Laufe des nächsten Jahres eine EU-weite – oder gar globale – Finanzaufsicht die Initiative ergreifen wird.
Als eine weitere Konsequenz aus der Finanzmarktkrise erwarten 93 Prozent der Entscheider, dass Privatkunden ihr Geldvermögen verstärkt in sichere Finanzprodukte mit geringeren Renditechancen investieren werden. Um das Vertrauen beim Kunden zurückzugewinnen, hätten die Kundenberatung und der Kundenservice für die Topentscheider daher höchste Priorität. Vor allem die Genossenschaftsbanken, die als Gewinner der Finanzmarktkrise gelten, wollen ihren zahlreichen Neukunden besseren Service bieten und die Beratungskapazitäten aufstocken.
Kommentare zu diesem Beitrag