Das Wirtschaftswachstum in Europa wird sich im kommenden Jahr voraussichtlich abschwächen. Zu dieser Ansicht kommt die Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) in einer aktuell veröffentlichten Studie und verweist dabei auf zu erwartende sinkende Exporte sowie ein Abflauen des Konsums und der Unternehmensinvestitionen in einem Umfeld höherer Zinsen. Für die Eurozone sieht S&P abhängig vom Sparverhalten eine unterschiedliche Entwicklung des Konsumverhaltens in den Ländern. So erwartet S&P-Chefvolkswirt Jean-Michel Six, dass die Sparquote in Deutschland und den Niederlanden steigen wird, was die Abschwächung des Wirtschaftswachstums verstärken dürfte. Hingegen vermutet er eine sinkende Sparquote in Frankreich, Italien und Spanien, was den Effekt der höheren Zinsen abmildern könnte. S&P prognostiziert, dass die ausländische Nachfrage nach europäischen Produkten 2007 wahrscheinlich zurückgehen wird. Zudem sieht die Ratingagentur eine stärkere Aufwertung des Euro zum US-Dollar sowie zu den asiatischen Währungen. Die Aufmerksamkeit der Märkte werde sich wieder auf das Defizit der US-Leistungsbilanz richten, wenn die US-Notenbank zum vorläufigen Ende ihrer Geldstraffungspolitik gekommen sei, heißt es zur Begründung. In diesem Zusammenhang rechnet S&P damit, dass das Exportwachstum der Eurozone sich 2007 auf 4,5% nach geschätzten 6,5% in diesem Jahr abschwächen wird.
Gedämpfte Inflationsrisiken
In Großbritannien können die privaten Haushalte dagegen trotz eines gewissen Abflauens der Nachfrage das Verhältnis ihrer Verschuldung zum verfügbaren Einkommens nicht stabilisieren, welches mit 146 % einen Rekordstand markiert. In diesem Umfeld zeigt sich die Inflation nach Ansicht von S&P "außergewöhnlich gedämpft". Sie liege zwar mit 2,5 % über dem offiziellen Ziel der Bank of England (BoE) von 2 %, zeige aber keine Anzeichen einer Beschleunigung. Dies liege zum Teil daran, dass das durchschnittliche Einkommenswachstum mit 4,1 % in den vergangenen zwölf Monaten per Ende Mai moderat geblieben sei. In diesem Kontext geht S&P davon aus, dass die BoE ihren Leitzins von 4,75 % mindestens bis Jahresende beibehält. Für das Wirtschaftswachstum sagt Chefvolkswirt Six ein reales Plus von 2,5 % für 2006 und 2007 voraus, welches sich 2008 leicht auf 2,8 % beschleunigen dürfte.