In Sachen Corporate Governance lässt es sich Binnenmarktkommissar Frits Bolkestein nicht nehmen, noch möglichst viel festzuschreiben, bevor er die Geschäfte Ende des Monats an seinen Nachfolger Charlie McCreevy abgibt. Vorschläge für eine Regelung der Organhaftung sowie zur Konzerntransparenz sollen voraussichtlich am 20. Oktober vorgelegt werden. Zwei Tage zuvor will Bolkestein bei einer Konferenz zum Thema verantwortungsvolle Unternehmensführung in Den Haag ein Corporate Governance Forum ins Leben rufen. Auch ist noch ein Änderungsvorschlag für die EU-Bestimmungen zur Gründung von Aktiengesellschaften sowie ihrer Kapitalerhaltung zu erwarten.
Nach Bolkesteins Vorstellung soll künftig der Aufsichtsrat kollektiv für den Inhalt von Jahresbericht und Jahresbilanz haften. Direkte Ansprüche auf Schadensersatz sollen die Anleger aber nicht erhalten. Der Jahresbericht soll zudem eine Corporate Governance Erklärung beinhalten, die Aufschluss über den für das Unternahmen maßgeblichen Kodex gibt und darüber informiert, welches Risikomanagement angewendet wird. Dargelegt werden sollen auch die gesellschaftsrechtlichen Strukturen. Für mehr Konzerntransparenz soll die Verpflichtung sorgen, künftig off-shore-Geschäfte vollständig offen zu legen. EU-Ministerrat und Parlament müssen den geplanten Änderungen für die 4. und die 7. Gesellschaftsrichtlinie zustimmen.
Das EU-Forum zur Corporate Governance soll für eine Annäherung der nationalen Kodizes sorgen und ihre jeweilige Anwendung fördern. Die Unternehmen befürchten bereits eine Flut neuer gesetzlicher Vorgaben. Das Europäische Parlament hatte ein solches Gremium in einer Entschließung zur Modernisierung des Gesellschaftsrechts vom April abgelehnt mit der Begründung, eine Harmonisierung der nationalen Kodizes sei ohnehin nicht geplant. Dies hat die Kommission auch bislang beteuert. Die Industrie hat allerdings inzwischen ihre Zweifel.
(Quelle: Dow Jones Newswires)