"BP spendet Nettoverkaufserlöse des aufgefangenen Öls aus dem Bohrloch MC252 für den Tierschutz im Golf von Mexiko". Dieser Auszug aus einer BP-Pressemeldung vom 8. Juni 2010 ist nur ein kleines Beispiel für die miserable Kommunikationspolitik der BP. Und gleichzeitig wird die Lage im Golf von Mexiko immer bedrohlicher. Eine unabhängige Expertenkommission der US-Regierung schätzt, dass die tatsächliche Menge des auslaufenden Öls im Golf von Mexiko doppelt so hoch ist wie bisher angenommen. Statt der geschätzten knapp 19 000 Barrel (ein Barrel = rund 159 Liter) sollen es eher bis zu 40 000 Barrel pro Tag sein, die aus der Ölquelle sprudeln. Davon werden seit vergangener Woche allerdings täglich etwa 15 000 Barrel von einem Tankschiff aufgesaugt. Seit Beginn der Ölpest sind in den vergangenen sieben Wochen fast sechsmal so viel Öl ins Wasser geraten, wie nach dem Unglück des Tankers "Exxon Valdez" am 24. März 1989, als dieser kurz nach Mitternacht auf das Bligh-Riff im Prinz-William-Sund vor Süd-Alaska auflief. Damals strömten insgesamt rund 41 Millionen Liter Öl ins Meer, so viel wie den Schätzungen zufolge derzeit im Golf von Mexiko alle fünf bis 13 Tage.
Ölteppich von Innsbruck bis Plzeň
Doch auch der Druck auf BP nimmt täglich zu. Bislang zahlte BP rund 1,2 Mrd. Euro für die Reinigung und Entschädigungen. Neben den bloßen Folgekosten der Ölpest kann die US-Regierung jedoch auch Strafzahlungen von BP verlangen. Diese könnten pro Barrel maximal 4.300 US-Dollar betragen. Bei 40. 000 Barrel am Tag würden sich die potenziellen Schadenersatzforderungen auf 172 Mio. Dollar täglich summieren.
Sehr anschaulich zeigt die Internetseite www.IfItWasMyHome.com wie groß der Ölteppich im eigenen Land wäre. Gibt man beispielsweise als Ort München ein, reicht die Öllache in der östlichen Ausbreitung bis nach Linz, in der südlichen Ausbreitung bis nach Innsbruck und westlich bis an den Rand des Schwarzwalds. Und auch Plzeň in Tschechien wird noch im Norden erfasst. Und die Öllachen werden täglich größer.
Theorie und Praxis klaffen beim Notfallmanagement auseinander
Ölverschmierte Tiere verenden vor laufenden TV-Kameras, zahlreiche Fischer und die Tourismusbranche fürchten um ihre Existenz und warten bisher vergeblich auf Schadensersatz, Witwen der bei dem Unfall getöteten Arbeitern geben in Interviews medienwirksam bekannt, dass BP sie vollständig im Stich lässt. Und parallel veröffentlicht BP Pressemeldungen, dass der Nettoerlös des aufgefangenen Öls an den Tierschutz gespendet wird.
Seit Beginn der Öl-Pest ist das Krisenmanagement von BP selbst eine Katastrophe. Es entspricht gar nicht der Behauptung der BP in ihrem Nachhaltigkeitsbericht: "Notfallmanagement heißt für BP, jederzeit darauf vorbereitet zu sein, mit unerwarteten Ereignissen konfrontiert zu werden. Um auf Not- und Schadensfälle so schlagkräftig und wirksam wie möglich zu reagieren, bevor sie eskalieren, müssen die Fähigkeiten der Organisation kontinuierlich verbessert werden. Das Notfallmanagement-Grundlagen-Training war daher auch 2005 ein wichtiger Arbeitsschwerpunkt." (vgl. Jahresbericht Nachhaltigkeit 2005). Die Vorwürfe, staatliche Inspektoren bestochen zu haben, um strengen Kontrollen zu entgehen, zeugen zwar auch von einer Art Krisenmanagement, beschädigen jedoch die Reputation des britischen Ölkonzerns in seinem wichtigsten Land für die Erdölförderung und erschweren so die politischen Rahmenbedingungen für die Erteilung von Bohrlizenzen zusätzlich.
Massive Kurs- und Reputationsverluste
Die Gewinne der BP Group lagen in den Jahren vor der Finanzmarktkrise auf einem Niveau von 20 bis 25 Mrd. US-Dollar pro Jahr. Im gesamten Krisenjahr 2009 kam es infolge geringerer Nachfrage zu einem Umsatzeinbruch von 45 Prozent, dem jedoch schon im vierten Quartal 2009 ein starker Aufwärtstrend folgte. Für das Jahr 2010 wurde vor Ausbruch der Ölpest wieder ein Gewinn von über 20 Mrd. US-Dollar erwartet. In den drei Monaten bis Ende März 2010 verdiente BP bereits 5,6 Mrd. US-Dollar und damit 135 Prozent mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Vor diesem Hintergrund haben sich zunächst weder die Börse noch die Konzernleitung für die Ölpest interessiert. Nach Abzug der ursprünglich geschätzten ein bis zwei Milliarden US-Dollar für die Ölpest-Beseitigung wäre immer noch ein Gewinn größer als der Umsatz vieler Industriegiganten übrig geblieben. Diese Einschätzung hat sich inzwischen geändert, zumindest an der Börse. Alle drei großen Ratingagenturen haben die Bonitätseinstufung des britischen Ölkonzerns BP gesenkt. Die BP-Aktie hat seit Ausbruch der Ölpest über 60 Prozent Kursverlust eingebüßt und die Folgekosten für BP aus der Krise sind unabsehbar, werden aber von Analysten auf mehr als 50 Milliarden US-Dollar geschätzt. Tendenz steigend. Auch auf die Zerschlagung der BP und Übernahme durch Konkurrenten wird inzwischen laut spekuliert.
Im Gegensatz zu dem Verbraucherboykott bei der Shell-Krise in der Folge der Versenkung der Ölplattform "BrentSpar" im Jahr 1994 sind die Marken der BP Group in Deutschland (BP, ARAL und Castrol) bisher von der Krise nicht betroffen. Diesmal werden keine Fenster eingeworfen, Tankwarte beleidigt und bedroht oder Tankstellen boykottiert. Aber die Reputationsrisiken sind für BP enorm. Bei seiner Ratingabstufung verwies auch die Ratingagentur Standard & Poor’s auf die möglichen negativen Folgen, die dieser Vorfall für den Ruf des Ölkonzerns und die Marke BP haben könnte. Dass sich die Welt für BP und die Ölkrise interessiert zeigen Auswertungen bei
www.google.com/insights/search/
(Suchbegriffe BP, oil desaster oder ähnliches).Korrelation zwischen Reputation und Rendite
Wie eng der Zusammenhang zwischen Reputation und Rendite ist, wird noch deutlicher, wenn man den Fokus von den Chancen der Reputation auf die mit ihr einhergehenden Risiken wendet. Der Aufbau und die Weiterentwicklung einer guten Reputation dauern oft Jahre oder Jahrzehnte. Umgekehrt kann jedoch die Reputation in Windeseile beschädigt oder gar gänzlich zerstört werden. Daher muss es das Ziel sein, Reputationsbedrohungen rechtzeitig zu erkennen und die Reputation durch Prävention langfristig zu erhalten. Die Vergangenheit zeigt, dass die "Dominorallye" bei Reputationsrisiken rasend schnell verläuft. Der Verlust einer guten Reputation bedeutete dabei nicht selten gar den Niedergang des Unternehmens. Die katastrophalen Entwicklungen der vergangenen Wochen waren insofern eine perfekte Lehrstunde für die Zweifler an der Richtigkeit und Wichtigkeit eines in die Unternehmensstrategie integrierten Reputations-Risikomanagements.
Der britische Ölkonzern BP könnte sich schon bald in einem sehr unternehmensfeindlichen Umfeld wiederfinden. Die US-Regierung übt zunehmend Druck aus und könnte mit gigantischen Strafzahlungen und der Verweigerung neuer Bohrlizenzen die Wirtschaftskraft des britischen Öl-Multis enorm schwächen. Die Analysten betrachten BP sehr kritisch und die Investoren wenden sich zunehmend von dem Unternehmen ab. Zum Schluss könnte auf Basis eines fehlenden Risikomanagement, eines nicht funktionierenden Ventils, einem Mangel an Kontrollen und Aufsicht und eines nicht existenten Krisen- und Notfallmanagements einer der größten und ertragsreichsten multinationalen Konzerne ausgelöscht werden. Die Kosten für das Risikomanagement und Notfallmanagement hätten wahrscheinlich im Promillebereich des jetzt erwarteten Schadens von über 50 Mrd. US-Dollar gelegen.
[Bildquelle: iStockPhoto]
Kommentare zu diesem Beitrag
1. Das Öl fließt unkontrolliert einige Jahre in den Golf von Mexiko.
2. Der Boden zerbricht aufgrund der Druckverhältnisse und es kommt zu einer Tsunami-Katastrophe, die das Küstenland der südlichen USA bis zu 50 Meilen in das Landesinnere verwüsten.
3. Die Kontinentalplatte bricht über eine größere Distanz auf - schon jetzt ist die Rede von ca. 1-5 km langen Rissen.
Muss man solche Szenarien ernst nehmen? Oder ist das alles Panik-Mache? Was sagen die Geologen unter den Risikomanagern? Die gibt es doch bei RiskNET sicherlich auch, oder?
An Stammtischen kann man damit Eindruck schinden. Aber seriös sind die aus meiner Sicht nicht ;-(
So ist es mittlerweile Industrie-Standard, dass bei Gasaustritt - der über Sensoren gemessen wird - über ein ferngesteuertes System ein Ventil das Bohrloch verschließt. Darauf hat BP bei Deepwater Horizon verzichtet. Und ein weiterer, aus meiner Sicht noch massiverer Fehler ist, dass BP sich auf einen evtl. Notfall in keiner Weise professionell vorbereitet hat (weder bezüglich technischer Massnahmen noch der Kommunikationspolitik).
So soll die Liquidität von BP Ende März knapp 7 Mrd. US-Dollar betragen haben. Falls es zu dem Milliardenfonds kommt, müsste BP wohl auf Fremdkapital zugreifen oder Vermögenswerte versilbern (d.h. bei BP wohl, dass Öl- oder Gasfelder verkauft werden).
@Hans: Der geplante Garantiefonds ist von einer Umwandlung des BP-Vermögens in Gemeinwohl-Vermögen nicht weit entfernt ;-)
Ich glaube nicht dass irgendein BP-Manager persönlich haften wird. Und ob Aral morgen statt BP dann einem Wettbewerber wie Exxon, Shell, Chevron und ConocoPhillips gehört, das merken die Kunden doch gar nicht. Die Aktionäre werden ihr Geld verlieren, kleine Mitarbeiter ihren Job und wird anonym in gut bezahlte Beratertätigkeiten oder Aufsichtsratspositionen anderer Unternehmen wechseln. ... Alles wie immer eben ;-)
Der britische Ölkonzern BP hat laut einem Medienbericht den US-Finanzinvestor Blackstone, die US-Bank Goldman Sachs sowie eine nicht näher identifizierte Investmentbank engagiert, um eine feindliche Übernahme zu verhindern. Dabei lägen alle Optionen auf den Tisch, berichtete Charles Gasparino vom US-Fernsehsender "Fox Business" am Montag unter Berufung auf "Wall-Street-Kreise". Zu den Möglichkeiten zählen dem Bericht zufolge der Verkauf von Vermögenswerten sowie Insolvenzantrag nach Chapter 11 in den USA.
Habe gerade auf Spiegel.de gelesen dass heute BP vor dem US-Kongress ums Überleben kämpft und jetzt schon seitens der Senatoren Forderungen von 20 Milliarden US-Dollar im Raum stehen. So schnell kann einer der größten Konzerne der Welt wegen einem kleinen Fehler binnen weniger Wochen abgeschrieben sein. Hoffentlich kapieren das mal die anderen Vorstände auch.
Fitch Ratings hat die Bonitätseinstufung für den britischen Ölkonzern BP zum zweiten Mal in diesem Monat gesenkt. Wie Fitch am Dienstag mitteilte, wurde das langfristige Emittentenausfallrating und die Einstufung für die vorrangig unbesicherten Verbindlichkeiten der BP plc auf "BBB" von "AA" gesenkt. Das Kurzfristrating wurde auf "F3" von "F1+" reduziert. Fitch habe alle Ratings auf Rating Watch Evolving (RWE) von Negative (RWN) gesetzt. Bereits Anfang Juni hatte die Ratingagentur die Einstufung für den Londoner Konzern gesenkt.
Zur Begründung der erneuten Ratingabstufung nannte Fitch das Risiko, dass die entstehenden Kosten der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko eher kurzfristig als langfristig anfallen könnten. Auch der verschärfte Ton der US-Regierung gegen BP und die Klagen gegen den Konzern nannte Fitch als Grund. Die in der Vorwoche von US-Behörden genannte Schätzung, wonach deutlich mehr Öl ausläuft als bisher angenommen, erhöhe zudem mögliche Strafen, die BP zu zahlen habe.
"Das Image des Konzerns ist angekratzt, die Öffentlichkeit schäumt. Die US-Rockband Korn hat andere Stars der Musikbranche dazu aufgerufen, bei ihren Konzerttourneen Benzin von BP zu boykottieren. Nach Angaben der Band haben sich Lady Gaga, Creed und die Backstreet Boys dem Aufruf angeschlossen.
...
Die Grünen diskutieren angesichts der Ölkatastrophe über einen Aufruf zum Boykott der deutschen Aral - Tankstellen des BP-Konzerns. Der Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Bundestag, Winfried Hermann, forderte die Verbraucher auf, "diesem verantwortungslosen Konzern die Rote Karte zu zeigen", wie das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" berichtet. Auch andere Grünen - Politiker wie der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer riefen zum Protest an der Zapfsäule auf, "weil sinkende Umsätze bei BP auch andere Ölmultis zum Umdenken bringen würden". ..."
Angesichts der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko hat Standard & Poor's die Kreditwürdigkeit des britischen Ölkonzerns BP zum zweiten Mal innerhalb eines Monats herabgestuft. Die gestiegenen Schätzungen zum Ausmaß der Öl-Verschmutzungen und der zunehmende politische Druck auf den Konzern ließen nur noch ein Kreditrating von "A" zu, teilte die Ratingagentur in der Nacht zum Freitag mit. Die Bonität wird damit zwei Stufen schwächer gesehen als bisher.
Zugleich behält sich S&P weitere Herabstufungen vor. Das Rating bleibt auf der so genannten Watch List. Die Probleme und Risiken der Ölpest seien nicht gelöst. So sei das Leck am Bohrloch nach wie vor nicht geschlossen und das genaue Ausmaß der Verschmutzung unklar. Risiken lägen auch in den laufenden Ermittlungen gegen den Konzern mit möglichen weiteren Zahlungsverpflichtungen für die in London ansässige BP plc.
Der Konzern hatte bereits zugesagt, 20 Mrd USD in einen Treuhandfonds einzuzahlen, um für die Schäden der Ölpest aufzukommen. Auf Druck der US-Regierung hatte das Unternehmen auch seine Dividendenzahlungen ausgesetzt. Auch die S&P-Wettbewerber Fitch und Moody's haben ihre BP-Bewertungen gesenkt und behalten sich weitere Herabstufungen vor.
Als letzte der drei großen Ratingagenturen hat Moody's die Bonität des Ölkonzerns BP erneut gesenkt. Moody's Investors Service stufte das Rating für die vorrangigen unbesicherten Verbindlichkeiten auf "A2" von "Aa2" herunter, wie die Ratingagentur am Freitag mitteilte. Alle Ratings seien weiterhin auf der Beobachtungsliste für eine mögliche Herabstufung. Zur Begründung verwies Moody's wie zuvor schon S&P und Fitch auf die steigenden Kosten bei der Ölpest im Golf von Mexiko. Die Abstufung ist die zweite innerhalb eines Monats.
Zuvor hatten bereits die Ratingagenturen Fitch und S&P die Bonität der BP plc wegen der Ölpest im Golf von Mexiko gesenkt. S&P hatte das Kreditrating um zwei Stufen auf "A" heruntergestuft, Fitch hatte das langfristige Emittentenausfallrating und die Einstufung für die vorrangig unbesicherten Verbindlichkeiten von BP auf "BBB" von "AA" zurückgenommen.
1. Ein Verkauf von Anleihen soll rund 10 Milliarden Dollar Liquidität bereitstellen. Die Papiere sollen kurzfristig auf den Markt gebracht werden. In jedem Fall wird das für BP teuer (siehe Downgrade von BP durch alle drei grossen Ratingsagenturen)
2. Kreditaufnahme an den Finanzmärkten in Höhe von 20 Milliarden US-Dollar. Auch das wird teuer (siehe Downgrades)
3. 20 Milliarden US-Dollar durch den Verkauf von Vermögenswerten in den kommenden zwei Jahren.
Erinnert mich stark an den damaligen Vorstandschef von Bear Stearns, James E. (Jimmy) Cayne: Der spielte auch lieber ein paar Runden Golf, als sich um sein kriselndes Haus zu kümmern. Okay, wenn er nicht Golf spielte, dann spielt er Bridge (vor allem in der akutesten Krisenzeiten seines Arbeitgebers) ;-(
1. Vermögenswerte veräußern und Eingehen neuer Verbindlichkeiten bei Banken
2. Sicherheitsstandards überarbeiten
3. Vorstand feuern !
Na dann mal los!!!
Only after the last tree has been cut down / Only after the last river has been poisoned / Only after the last fish has been caught / Then will you find that money cannot be eaten.