Nach der Entscheidung der Briten zum Austritt aus der Europäischen Union hat die Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) das Land gleich um zwei Stufen heruntergestuft. Die Bonität erreiche jetzt nur noch AA, teilte die Agentur mit. Bislang hatte Großbritannien bei S&P die Bestnote von AAA gehabt.
S&P befürchtet nach dem Brexit-Votum ein weniger effektives und weniger stabiles politisches Umfeld. Zudem könnten sich die Finanzierungsbedingungen für das Land verschlechtern. Wegen der Befürworter der EU in Nordirland und Schottland stehe das ganze Land vor einer Zerreißprobe.
Den Ausblick für das Rating sieht S&P weiterhin als negativ an. Damit würden die Risiken für die Wirtschaftsentwicklung, den Fiskalhaushalt und die Rolle des Pfund Sterling als Reservewährung berücksichtigt.
Brexit hält Europas Märkte weiter im Würgegriff
Das EU-Referendum Großbritanniens prägt am Montagmittag wieder die Stimmung an den europäischen Finanzmärkten. Das britische Pfund fällt Richtung der Tiefs vom Freitag zurück und wird nur noch bei 1,32 Dollar gehandelt nach 1,50 Dollar unmittelbar nach Schließung der Abstimmungslokale am Donnerstagabend. Auch zum Euro verliert das Pfund deutlich an Wert, für einen Euro müssen nun 0,8342 Pfund bezahlt werden. Der DAX verliert 2,0 Prozent auf 9.366 Punkte, und der Euro-Stoxx-50 gibt um 1,9 Prozent nach. Der FTSE-100 fällt um 1,6 Prozent.
Sogar der spanische IBEX kann sich dem Trend nicht mehr entziehen und verliert 0,9 Prozent, nachdem er in der Eröffnung sehr fest auf das Ergebnis der Neuwahlen reagiert hatte. Podemos hat deutlich verloren, und die konservativen Wahlgewinner können nun voraussichtlich eine Koalition mit dem liberalen Bündnis Ciudadanos bilden.
"Der Brexit verlängert die Baisse", sagt Commerzbank-Marktanalyst Achim Matzke mit Blick auf die europäischen Dividendentitel. Der Markt sei von der Entscheidung der Briten auf dem falschen Fuß erwischt worden, und die Einarbeitung der neuen Situation benötige Zeit.
"Für die deutsche Wirtschaft ist das britische 'Leave' ein erheblicher Schlag, denn Großbritannien ist einer der wichtigsten Handelspartner", analysiert die DZ Bank die Lage. Die DZ rechnet bereits für das zweite Halbjahr mit einer Wachstumsabschwächung.
HSBC hat am Morgen europäische Aktien auf "Untergewichten" von "Übergewichten" heruntergenommen. Das Haus bevorzugt nun in Europa schweizerische und britische Aktien.
Gesucht ist dagegen Gold, das mit 1.328 Dollar je Feinunze wieder der 1.350er Marke entgegenstrebt. Auch Bundesanleihen sind unter Sicherheitsaspekten weiter gefragt. Die Rendite der zehnjährigen Papiere liegt bei minus 0,108 Prozent, damit allerdings noch über dem Freitags-Rekrordtief von minus 0,17 Prozent. Angesichts der Abspaltungstendenzen in Großbritannien selbst und der Diskussionen um den Weg des Austritts seien die Marktteilnehmer verunsichert, sagt Dirk Gojny, Analyst der Essener Nationalbank. "Die Lage wird undurchsichtig bleiben", ergänzt er.