Conduits: Wundertüten zur Risikosteuerung


Da werden Risiken immer raffinierter in kleine Päckchen verpackt, weitergereicht, zurückgenommen und wieder transferiert. Das Ergebnis ist, dass viele Marktteilnehmer gar nicht mehr so richtig wissen, wie brisant ihr "Risikopäckchen" eigentlich ist. "In Wirklichkeit ist das eine Wundertüte, bei der Sie nicht wissen, wo der Knallfrosch drin ist.", so Finanzminister Peer Steinbrück jüngst auf einer Handelsblatt Konferenz. Keiner wisse mehr so richtig, wo die zuvor mehrfach zersägten und neu verpackten Risiken abgeblieben sind.

So gründeten Banken Investmentvehikel (sog. Conduits) mit so spannenden Namen wie "Rhineland Funding" oder "Ormond Quay", die Forderungen wie beispielsweise langlaufende Kredite, Handelsforderungen oder extern geratete Wertpapiere einmalig ankauft und diese über die Ausgabe von Geldmarktpapieren refinanziert. So hatte Rhineland in verbriefte Kredite (Collateralized Debt Obligations, CDO) über 13 Milliarden Euro investiert und diese durch Ausgabe von "Commercial Papers" (Wertpapiere mit einer Laufzeit von 30 bis 60 Tagen) refinanziert. Anfang Oktober 2006 betrug allein das Volumen der mittels Conduits begebenen Wertpapiere mit kurzer Laufzeit (Asset Backed Commercial Paper, ABCP) 993,1 Milliarden US-Dollar. Klarer Vorteil für das Finanzsystem: Risiken werden auf mehreren Schultern getragen – dies stabilisiert tendenziell das Finanzsystem. Nachteil: Nur noch die wenigsten Marktteilnehmer wissen, was in den "Wundertüten" drin ist.

Ertragreiches Geschäft

Warum haben die in Schieflage geratene Sachsen LB, die IKB Deutsche Industriebank AG und viele andere Banken in massivem Umfang solche Conduits gegründet? Die Antwort ist ganz einfach: man hat mit diesen Zweckgesellschaften enorme Erträge eingefahren. So hat allein die IKB im zweiten Quartal 2007 immerhin 59 Mio. Euro bzw. 32 Prozent des Konzernüberschusses über solche "Wundertüten" verdient. Außerdem haben die von den Banken gegründeten Zweckgesellschaften den Vorteil, dass die eingegangenen Risiken nicht mit Eigenkapital unterlegt wurden.

Grundsatz der Risikotragfähigkeit massivst verletzt

Die Logik des Risikomanagements kann man ganz einfach mit einer Waage visualisieren. Auf der einen Waagschaale befinden sich die tatsächlichen Risiken, auf der anderen Waagschale findet man das Eigenkapital und evtl. Liquiditätsreserven. Beide Größen zusammen definieren die Risikotragfähigkeit. Gerät die Balance von Risikotragfähigkeit und tatsächlichem Risikoumfang aus den Fugen, werden zusätzliche Maßnahmen erforderlich, um Risiken loszuwerden oder die Risikotragfähigkeit zu erhöhen. Die Brisanz liegt jedoch bei der möglicht exakten Berechnung der übernommenen Risiken. In diesem Kontext hat der Chef der Deutschen Bank, Josef Ackermann (Bild), vor wenigen Tagen seine Vorstandskollegen ermahnt, künftig höhere Anforderungen an die eigenen Risikosysteme zu stellen. Investoren hätten sich in der Vergangenheit zu sehr auf das Urteil von Ratingagenturen verlassen, kritisierte er. Am Wochenende hatte Ackermann in einer Handelsblatt-Kolumne den Chefs anderer Banken eine zu nachlässige Einschätzung eigener Geschäftsrisiken vorgeworfen. "Die elementare Wahrheit, dass hohen Erträgen hohe Risiken gegenüberstehen, wurde von einigen – wieder einmal – ignoriert. Nicht überall erwies sich zudem das Risikomanagement als zureichend. Dies ist, um es klar zu sagen, vor allem ein Versäumnis des Managements dieser Häuser."


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