Mindestens 100 Container hat das am 19. Januar vor Sidmouth, England havarierte Containerschiff verloren. Ursprünglich hatte die "MSC Napoli" 2394 Container geladen. Der Schaden durch verlorene oder beschädigte Waren ist derzeit noch nicht abzusehen.
Die Einschätzung der Schadenhöhe kann insbesondere auch deshalb noch nicht beziffert werden, weil noch nicht sicher ist, ob die an Bord verbliebenen Container samt Ladung in Anbetracht des schlechten Wetters und der drohenden Gefahr des Auseinanderbrechens des Schiffs rechtzeitig geborgen werden können.
Spektakuläre Containerverluste auf hoher See
Container sind ein Symbol des modernen effizienten Welthandels, wovon mehr als 95 % auf dem Seeweg abgewickelt werden. Besonders stark hat sich der Containerverkehr entwickelt. Er steigerte sich in den vergangenen Jahren durchschnittlich um 10 % pro Jahr.
Schon jetzt sind Containerschiffe in Fahrt, die über 10.000 TEU (Twenty Foot Equivalent Unit = 20-Fuß-Container-Einheit) laden können, und Studien zufolge werden möglicherweise bald Schiffe für bis zu 15.000 TEU gebaut. Derartige Megacontainerschiffe stellen Kumule dar, die vor wenigen Jahren undenkbar waren. Im Gegensatz zur horizontalen Laderaumaufteilung konventioneller Stückgutschiffe mit Zwischendecks kennzeichnet Containerschiffe eine vertikale Teilung des Laderaums.
Ladung unter Deck sicherer
Unter Deck befinden sich sämtliche Container in Staugerüsten. Die Lukendeckel, meist sogenannte Pontondeckel, müssen mit einem Kran an Land gesetzt werden, um die Laderäume zu öffnen. Die an Deck gestauten Container (Deckscontainer) stehen auf den Lukendeckeln bzw. Stauvorrichtungen und werden mithilfe unterschiedlicher Lasch- oder Zurrsysteme befestigt. Bei offenen Open- Top-Containerschiffen reicht das Staugerüst vom Schiffsboden im Laderaum bis zur obersten Containerreihe, sodass es bei diesem Schiffstyp nicht notwendig ist, die Container zusätzlich zu verzurren.
Die Anzahl der Deckscontainer hat sich in den letzten Jahren stetig erhöht. Abhängig von der Schiffsgröße können unter Deck bis zu zehn Lagen Container gestaut werden, während an Deck bis zu acht Containerlagen über die gesamte Schiffsbreite gefahren werden können (aus Stabilitätsgründen staut man in den obersten Lagen an Deck häufig leichte Container oder Leercontainer). Somit werden heutzutage bis zu 60 % der Container ohne weiteren Schutz gegen die Naturelemente an Deck transportiert.
Schäden durch Aufschaukeln
Neben einer mangelhaften Stabilität des Schiffs — die oftmals aus der Unklarheit über die tatsächlichen Gewichte der geladenen Container resultiert — kommt es durch das sogenannte parametrische Rollen (Aufschaukeln des Schiffs in vorlicher See) immer wieder zu Schäden und Containerverlusten. Auch der wirtschaftliche Druck, enge Fahrpläne einzuhalten, bewirkt, dass die Schiffsführung Wetter bzw. Seegang sowie die Belastungen, denen das Schiff und die Container ausgesetzt sind, immer wieder falsch beurteilt.
Alle Deckscontainer zusammen ergeben oft eine riesige Wand und bieten somit eine große Angriffsfläche für den Wind. In Verbindung mit den Rollbewegungen des Schiffs, verursacht durch Seegang und Dünung, werden insbesondere die Container in den oberen Lagen an Deck zum Teil sehr starken Querbeschleunigungskräften ausgesetzt.
Diese Beschleunigungskräfte, das Stampfen des Schiffs und überkommendes Wasser bei schwerer See (grünes Wasser) belasten Deckscontainer und alle Elemente des Laschsystems stark. Die äußeren Containerreihen sind gegenüber überkommendem Wasser ungeschützt, sodass bei schwerer See ohne Weiteres Containerwände zerschlagen und die Güter in den Containern zerstört werden können. Nicht oder nur unzureichend gesicherte Ladung verrutscht und trägt vielfach dazu bei, dass komplette Containerstapel verloren gehen.
Totalverlust eines Containerschiffs die Ausnahme
Während der Totalverlust eines vollbeladenen Containerschiffs die Ausnahme ist, gehen jedes Jahr schätzungsweise zwischen 2.500 und 10.000 Deckscontainer samt Ladung über Bord.
Über Bord gegangene Container treiben oftmals noch einige Tage im Meer und sind eine Gefahr für die Schifffahrt. Da sie außerhalb der Häfen nur schwer zu bergen sind, gehen sie meist samt ihrer Ladung verloren. Vergessen werden darf auch nicht die Belastung für die Umwelt, weil nicht selten Deckscontainer mit Gefahrgutladungen betroffen sind. Allein die Suche und Bergung dreier im Dezember 2003 vor der holländischen Küste über Bord gefallener Container mit Fässern, die mit einem Holzschutzanstrich gefüllt waren, kostete mehrere hunderttausend Euro.
[Quelle: MunichRe]