Corporate-Governance-Forum nicht vom Tisch


Der Ende Oktober aus dem Amt scheidende EU-Binnenmarktkommissar Frits Bolkestein will zuvor noch seine umstrittene Idee umsetzen, ein so genanntes Corporate-Governance-Forum einzurichten. Er habe vor, dies in den kommenden Wochen ins Leben zu rufen, hieß es in der Kommission. Im Aktionsplan zur Modernisierung des Gesellschaftsrechts von 2003 ist dieses Vorhaben mit der Begründung angekündigt worden, das Gremium solle für die Konvergenz der nationalen Kodizes sorgen. Der rechtspolitische Sprecher der EVP im Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments (EP), Klaus-Heiner Lehne, sieht in Bolkesteins Absicht eine Missachtung des Parlaments.

Dieses habe sich in seiner Stellungnahme zu dem Aktionsplan im April eindeutig gegen ein solches Forum ausgesprochen, heißt es in einem Brief Lehnes an Bolkestein. Aufgrund des "einhelligen Widerstands der betroffenen Unternehmenswelt" habe er die Überzeugung, dass außerhalb der Kommission niemand ein solches Forum wolle, schreibt der CDU-Abgeordnete. Dieser "eindeutige Meinungsstand“ werde vom EP geteilt. Bolkestein missachte zudem auch Befürchtungen, das Gremium könne für eine weitere Regulierungswelle sorgen. Auch greife „vorschnelles Handeln" dem Nachfolger Bolkesteins vor.

Der Ire Charlie McCreevy übernimmt am 1. November das Binnenmarktressort. In ihrer Entschließung zum Aktionsplan haben die Abgeordneten "Zweifel an der Sinnhaftigkeit" eines Corporate Governance Forums geäußert. Die Koordinierung der Arbeiten an den nationalen Kodizes finde ohnehin schon auf Verbandsebene wie z.B. bei Unice, dem Dachverband der Industrie und Arbeitgeber, statt. Die Abgeordneten wiesen zudem darauf hin, dass eine Harmonisierung der nationalen Kodizes für das Corporate Governance nicht geplant, sei. Genau das erwartet die Industrie indes von zwei Empfehlungen zur Direktorenvergütung und der Rolle von Aufsichtsräten, die Bolkestein kommenden Mittwoch vorlegen will.

Dies sehe zwar zunächst unverbindlich aus, werde aber vermutlich zu einem späteren Zeitpunkt zu Richtlinien führen, kritisiert der Bundesverband der Deutschen Industrie. Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband bezeichnete die Initiative als "überzogen und verfehlt". Bolkestein vertritt hingegen die Auffassung, eine transparente Vergütungspolitik sowie die unabhängige Kontrolle von Entscheidungen des Managements seien unabdingbar, um nach diversen Finanzskandalen das Vertrauen in die Märkte wieder herzustellen. Mit seinen Empfehlungen will er eine größere Konvergenz innerhalb des Binnenmarkts erreichen.

Die Mitgliedstaaten sollen dafür sorgen, dass diese bis Ende 2005 umgesetzt sind und die Kommission über die eingeleiteten Schritte unterrichten, heißt es in den  Entwurfsdokumenten. Weitere Aktionen hat sich die Kommission ausdrücklich vorbehalten. Nach Vorstellung Bolkesteins sollen künftig alle börsennotierten Unternehmen eine Erklärung über ihre für das Folgejahr geplante Vergütungspolitik abgeben. Diese soll der Hauptversammlung zur Abstimmung vorgelegt werden, die allerdings nicht unbedingt bindend sein muss. Zudem sollen die Direktorengehälter ein ausdrücklicher Punkt auf der Tagesordnung für die Hauptversammlung sein. Die Höhe und Zusammensetzung der einzelnen Bezüge sowie Vergünstigungen oder Rentenregelungen sollen offen gelegt werden.

 

Zur Stärkung der Stellung von unabhängigen, nicht geschäftsführenden Direktoren und Aufsichtsräten empfiehlt die Kommission eine Reihe von Mindeststandards. Es wird aber betont, dass die Mitgliedstaaten diese lediglich als Anleitung für freiwillige oder gesetzliche nationale Regelungen betrachten sollten. Die Kriterien für die Unabhängigkeit finden sich daher nur in einem Anhang zur Empfehlung.

(Quelle: Dow Jones Newswires vom 1.10.2004)

 

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