EZB-Anleihekauf ohne Limit geplant

Das Hü und Hott des Euro-Krisenmanagements


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Nach einem Bericht des Fernsehsenders Bloomberg TV plant EZB-Präsident Mario Draghi Staatsanleihen von Euro-Krisenländern in unbegrenztem Umfang zu kaufen. Der Sender bezieht sich dabei auf zwei EZB-Mitarbeiter, die in den Plan eingeweiht sind. Draghi wolle die zusätzliche Liquidität dem Markt aber wieder entziehen.

Der EZB-Rat kommt am Donnerstag zusammen, um über den Ankauf von Staatsanleihen zu entscheiden. Es gilt als wahrscheinlich, dass die Währungshüter dem zustimmen. Lautester Kritiker des EZB-Chefs ist Bundesbankpräsident Jens Weidmann, der die monetäre Staatsfinanzierung ablehnt. Draghi hatte aber vor Abgeordneten des EU-Parlaments am Montag erklärt, dass der Kauf von Staatsanleihen mit einer Laufzeit von bis zu drei Jahren keine Finanzierung von Staatsschulden durch die Notenbank sei.

Merkel stärkt Bundesbank-Präsident Weidmann den Rücken

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat Bundesbank-Präsident Jens Weidmann einen Tag vor der mit Spannung erwarteten Sitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) in seiner harten Haltung gegen Staatsanleihekäufe den Rücken gestärkt. Zugleich versicherte sie auch EZB-Präsident Mario Draghi ihre Unterstützung für seine Geldpolitik, wenn sie innerhalb des Mandats der Notenbank bleibt.

"Sie hat gesagt, grundsätzlich unterstützt sie Jens Weidmann in seiner Ausrichtung, weil er da Recht hat, Geldpolitik und Fiskalpolitik sind zwei Paar Stiefel", berichtete der Unions-Budgetexperte Norbert Barthle aus einer Klausurtagung seiner Fraktion. Merkel habe aber sofort hinterhergeschickt, sie sei "selbstverständlich auch bei Draghi, wenn er sagt, dass er innerhalb seines Mandats die Geldwertstabilität durch entsprechende Maßnahmen sicherstellt", sagte Barthle.

Auch andere Teilnehmer berichteten, Weidmann habe laut den Ausführungen Merkels in der Sitzung deren "volle Unterstützung" in seiner Position gegen die Vermischung von Staatsfinanzierung und Geldwertstabilität.

Die Kanzlerin habe zudem "Verständnis" für die Situation gezeigt, in der sich Spanien befinde. Das Land, in das Merkel am Donnerstag zu einem bilateralen Besuch reisen wird, habe schwierige Reformen ergriffen, die aber noch nicht voll wirkten.

Merkel sei zu dem Thema nicht ins Detail gegangen und habe etwa zu begrenzten oder unbegrenzten Anleihekäufen nicht direkt Stellung bezogen, sagte Barthle. Um den Kurs des Euro zu stabilisieren, könne die EZB durchaus zu Anleihekäufen greifen, dies sei dann ein mögliches Mittel der Geldpolitik, was ihre Aufgabe sei. "Es ist aber nicht Aufgabe der EZB, Staatsschulden aufzukaufen und Fiskalpolitik zu betreiben", betonte der haushaltspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion.

Die Kanzlerin habe zudem "klipp und klar gesagt, die EZB ist unabhängig", was ein hohes Gut sei und von der Bundesregierung geschützt werde. "Deshalb geht sie davon aus, dass das, was da geplant ist, im Rahmen des Mandats geschieht."

Merkel stellte bei der Tagung für die angestrebte Bankenunion erneut klar, dass Haftung und Kontrolle nicht auseinander fallen dürften. Jeder Versuch, dies zu unterlaufen, werde auf deutschen Widerstand stoßen, wie andere Mitglieder der Frakion berichteten.

Scharfe Kritik von der FDP

Äußerungen von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zum angespannten Verhältnis zwischen Bundesbankpräsident Jens Weidmann und EZB-Präsident Mario Draghi stoßen in der FDP auf scharfe Kritik. "Der Bundesfinanzminister versucht die Konflikte zu verstecken, damit seine Krisenstrategie nicht angezweifelt wird", sagte der FDP-Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler Handelsblatt Online. "Wenn es keinen Krach zwischen der Bundesbank und der EZB gäbe, wären Jürgen Stark und Axel Weber nicht gegangen."

Schäuble hatte bei einer Bankenkonferenz des Handelsblatts in Frankfurt zu Debatte um neue Anleihekäufe der Europäischen Zentralbank (EZB) erklärt: "Ich sehe keinen Konflikt zwischen Draghi und Weidmann." Die Bundesregierung tue auch gut daran, sich nicht zur Politik der EZB zu äußern, denn andernfalls werde deren Unabhängigkeit infrage gestellt.

Schäffler sagte dazu, Schäuble habe ein "falsches Verständnis" von der Unabhängigkeit der Notenbank. "Diese operiert ja nicht im rechtsfreien Raum, sondern in den Grenzen von Art. 88 Grundgesetz und den Europäischen Verträgen." Die EZB habe den "klaren Auftrag" für Preisstabilität zu sorgen. "Dieses Ziel steht im Widerspruch zum Versuch, auf Teufel komm' raus durch Anleihenaufkäufe Austritte aus der Euro-Zone zu verhindern."

Spanien hofft auf rasche Hilfe der EZB

Der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy setzt in der Wirtschafts- und Finanzkrise seines Landes auf eine möglichst rasche Hilfe der Europäischen Zentralbank (EZB) durch Ankäufe spanischer und italienischer Staatsanleihen. Der Frankfurter Allgemeinen Zeitung sagte Rajoy: "Es ist jetzt besonders wichtig, dass sich die ganzen Unsicherheiten um den Euro auflösen und wir uns wieder zu vernünftigeren Zinsen finanzieren können."

Im Gespräch mit der Kanzlerin, die Donnerstag nach Madrid reist, will Rajoy um die bislang verweigerte Zustimmung Deutschlands zu einem Ankauf von Staatsanleihen durch die EZB werben. Über einen solchen Schritt will die EZB ebenfalls am Donnerstag entscheiden. Rajoy sagte der FAZ: "Die Risikoaufschläge sind nicht das Ergebnis der Fundamente der spanischen Wirtschaft, sondern der Zweifel am Euro. Deshalb beharre ich so sehr auf einer raschen Lösung."

Rajoy verband ein festes Bekenntnis zu Sparkurs, Reformen und Budgetdisziplin mit einer Bitte um Flexibilität der europäischen Partner bei der Finanzpolitik. "Die Risikoaufschläge und die Zinsdifferenzen machen unsere Anstrengungen zunichte", so der Regierungschef. "Es ist wichtig im Leben, Prinzipien zu haben. Aber manchmal ist es auch gut, flexibel zu sein."

Er versicherte zugleich, dass er die deutschen Bedenken verstehe. Es gehe nun aber vordringlich darum, den Euro als Kernstück der Union zu stabilisieren. Den deutschen Wirtschaftsvertretern, die Frau Merkel nach Spanien begleiten, stellte er "gute Gelegenheiten" für Investitionen und Kooperation in Aussicht.

 

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Kommentare zu diesem Beitrag

RiskNET Redaktion /06.09.2012 07:21
+++ Blessing wirbt für Fiskalunion +++

Commerzbank-Chef Martin Blessing hat sich für eine einheitliche Bankenaufsicht in Europa ausgesprochen. Damit übt Blessing den Schulterschluss mit Deutsche-Bank-Co-CEO Jürgen Fitschen, der am Vortag mit einer fast identischen Formulierung diese Meinung zum Ausdruck gebracht hatte. Eine gemeinsame Bankenaufsicht sei wichtig, wenn man an dem Ziel festhalte, einen einheitlichen europäischen Markt zu haben.

Für wesentlich wichtiger hält Blessing jedoch eine Fiskalunion in Europa. "Die einzige Alternative zu einer weiteren Fiskalunion ist ein Ende der Währungsunion, auch wenn das eine lange Zeit dauern würde", erklärt Blessing.

Dass sich die Situation im Bankensektor auf Sicht nicht deutlich verbessern wird, davon geht Blessing aus. Wie bei der Deutschen Bank sieht er auf die Banken eine Zeit der sinkenden Renditen zukommen. Fitschen hatte hier schon angedeutet, dass die Renditen im Sektor künftig vielleicht bei 14 bis 15 Prozent liegen könnten.

Blessing zeigte sich davon überzeugt, dass sich die Banken seit dem Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman Brothers im Dauerzustand des Umbruchs befinden. Mehr Regulierung und Aufsicht seien in der Folge zu erwarten gewesen. Allerdings seien viele Details hinsichtlich der strengeren Kapitalvorschriften von Basel III noch nicht geklärt - insbesondere bei den Liquiditätsregeln, die vorgeben mit wie viel Eigenkapital Banken künftig etwa Projekte im Bereich der Infrastrukturfinanzierung unterlegen müssen.
RiskNET Redaktion /06.09.2012 15:15
+++ FDP fasst Beschluss gegen EZB-Krisenpolitik +++

Die FDP-Bundestagsfraktion hat sich klar gegen die derzeitige Krisenpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) ausgesprochen. Ein entsprechender Antrag des FDP-Finanzexperten Hermann Otto Solms wurde nach Informationen von Handelsblatt Online bei ihrer Herbstklausur der FDP-Bundestagsfraktion in Mainz einstimmig angenommen.

"Die FDP wendet sich gegen dauerhafte Anleiheaufkaufprogramme der EZB", heißt es in dem Beschluss. Solche dauerhaften Stützungsmaßnahmen drohten gegen das im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union - Art. 123 AEUV - formulierte Verbot direkter Staatsfinanzierung ebenso zu verstoßen wie gegen das EZB-Mandat.

Die Zentralbank habe nach Art. 127 AEUV "vorrangig die Preisstabilität zu gewährleisten" und müsse ihr Mandat auch zukünftig in den Grenzen des deutschen Grundgesetzes - Art. 88 ausüben, heißt es in dem Beschluss weiter. "Danach bleibt die Bundesbank auch bei Übertragung ihrer Aufgaben an die EZB vorrangig der Sicherung der Preisstabilität verpflichtet. Dies wäre mit dauerhaften Stützungskäufen durch das EZB-System nicht mehr gewährleistet."

Der FDP-Finanzexperte Frank Schäffler begrüßte den Beschluss. "Geldpolitik ist kein rechtsfreier Raum". Auch die EZB müsse sich an Recht und Gesetz halten, wie es in einem Rechtsstaat üblich sei. "Daran wollen wir die EZB erinnern."
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