Der neue ifo-Präsident Clemens Fuest hat die Europäische Zentralbank (EZB) kritisiert, weil sie nunmehr Anleihen direkt von Unternehmen kauft. „Damit kommt das Handeln der EZB dem einer Geschäftsbank nahe. Die EZB ist nicht dafür ausgerüstet, Risiken von Kreditnehmern einzuschätzen. Ratings sind dafür kein Ersatz. Es besteht die Gefahr, dass marode Firmen ihre Risiken auf die EZB abwälzen. Zwar wäre eine Beschränkung auf Käufe bereits am Kapitalmarkt gehandelter Anleihen (Sekundärmarktkäufe) nur ein schwacher Schutz vor dem Erwerb überteuerter Anleihen durch die EZB, aber immerhin ein Signal dafür, dass das Kaufprogramm nicht dazu da ist, Risiken aus faulen Unternehmenskrediten zu vergemeinschaften."
Kritik von den Banken
Auch die privaten Banken haben das Ankaufprogramm der EZB für Unternehmensanleihen kritisiert. "Die Europäische Zentralbank wird keine zählbaren Effekte bei den Investitionen und bei der Verbraucherpreisentwicklung erzielen, wenn sie ab Mittwoch ihr Aufkaufprogramm von Unternehmensanleihen ausweitet, warnte der Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes, Michael Kemmer. Das Aufkaufprogramm sei "ohne positive Wirkung" – denn das Zinsniveau im Euroraum sei schon seit längerem kein Hindernis für Investitionen.
Kemmer kritisierte aber, mit den jüngsten Maßnahmen weite die EZB ihren Krisenmodus aus. "Das sorgt in der gegenwärtigen Lage mit Sicherheit nicht für größere Zuversicht und eine höhere Investitionsneigung." Vielmehr verleite die Notenbank viele Investoren zum Abwarten. Ähnlich wie bereits der Ankauf von Staatsanleihen könne die Maßnahme zu Preisverzerrungen und einer künstlichen Marktknappheit führen. Die EZB solle aber "wieder stärker hervorheben, dass die extrem expansive Geldpolitik kein Dauerzustand sein kann und ernsthafte Deflationsgefahren nicht zu erkennen sind".
Mehr Nachteile als Vorteile
Zuvor hatten bereits die Genossenschaftsbanken erklärt, das am Mittwoch beginnende Programm der EZB zum Ankauf von Unternehmensanleihen habe nach ihrer Überzeugung mehr Nachteile als Vorteile. "Der Kauf von Unternehmensanleihen wird einen kaum messbaren Beitrag zur Erfüllung des Preisstabilitätsziels leisten, erhöht aber die schädlichen Nebenwirkungen der ultralockeren Geldpolitik erheblich", so der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), Uwe Fröhlich. Selbst in den wirtschaftlich schwächeren Ländern sei der Finanzzugang nicht der wesentliche Hinderungsgrund für ausbleibende Investitionen.