Warum wir uns JETZT auf Stromausfälle vorbereiten sollten!

Der Heathrow-Vorfall und die Hellbrise


Der Heathrow-Vorfall und die Hellbrise Kolumne

Die jüngsten Ereignisse rund um den Stromausfall am Flughafen Heathrow und die zunehmenden Herausforderungen durch sogenannte "Hellbrisen" oder "Warme Lichtstürme" sind mehr als nur Warnsignale – sie sind ein Weckruf, der uns alle betrifft. Die Frage ist nicht mehr, ob ein großflächiger Stromausfall eintreten könnte, sondern wann. Und ob wir darauf vorbereitet sind.

Der Heathrow-Vorfall: Ein Lehrstück für unsere Verwundbarkeit

Am 21. März 2025 erlebte der Flughafen Heathrow, einer der größten Verkehrsknotenpunkte der Welt, einen massiven Stromausfall. Ein Brand in einem Umspannwerk legte den Betrieb für ganze 18 Stunden lahm. Der folgenschwere Ausfall resultierte aber nicht nur aus dem Brand und dem damit verbundenen Stromausfall an einem Netzanschlusspunkt selbst, sondern aus der Tatsache, dass die Notstromversorgung und die Anbindung an drei unabhängige Umspannwerke den Ausfall nicht kompensieren konnten und das Wiederhochfahren der IT- und Sicherheitssysteme erwartungsgemäß viel Zeit in Anspruch nimmt. Die vorhandenen Notfallkonzepte waren offensichtlich nicht ausreichend in der Praxis getestet worden, was bei der heutigen Komplexität der Systeme in vielen wichtigen Infrastrukturbereichen nicht die Ausnahme, sondern eher die Regel ist.

Dieser Vorfall zeigt deutlich: Es reicht nicht aus, Notfallpläne zu haben – sie müssen regelmäßig überprüft und unter realistischen Bedingungen geprobt werden. Denn die Realität ist oft komplexer als jede Theorie und verzeiht keine Fehler.

Die Hellbrise: Eine neue Bedrohung für unsere Stromnetze

Parallel dazu erleben wir eine neue systemische Herausforderung: die sogenannte "Hellbrise". Dieser Begriff beschreibt Situationen mit extremen Einspeisespitzen aus Photovoltaikanlagen, wie sie seit Anfang März 2024 verstärkt auftreten. Was zunächst nach einer guten Nachricht klingt – immer neuere Sonnenenergie-Rekorde – entpuppt sich als potenzielles Risiko für die Stabilität unserer Stromnetze. Die Netzbetreiber stehen vor der schwierigen Aufgabe, die hiermit einhergehenden Einspeisespitzen zu managen, um gefährliche Ungleichgewichte zu vermeiden. Hier wurde in der Vergangenheit verabsäumt, rechtzeitig entsprechende Regelmechanismen zu implementieren.

Die Folgen solcher Ungleichgewichte können drastisch sein: Regionale Netzabschaltungen oder im schlimmsten Fall sogar ein großflächiges Blackout, sollten die Sicherheitsmaßnahmen nicht rechtzeitig greifen. Selbst Netzbetreiber schließen temporäre Abschaltungen nicht mehr aus, wenn es darum geht, das Gesamtsystem zu schützen.

Was bedeutet das für uns?

Diese Entwicklungen machen deutlich, dass unsere Stromversorgung immer verletzlicher wird – durch technische Störungen, aber auch durch systemische Herausforderungen wie volatile erneuerbare Energien. Auch das Thema Sabotage und Angriffe auf Kritische Infrastrukturen ist leider kein Hirngespinst mehr. Die Abhängigkeit von komplexen Infrastrukturen erhöht das Risiko von Kaskadeneffekten im Falle eines Ausfalls. Was in Heathrow passiert ist, kann überall passieren.

Ein großflächiger Stromausfall hätte weitreichende Konsequenzen: von der Unterbrechung kritischer Dienstleistungen wie der Wasser- oder Gesundheitsversorgung bis hin zu logistischen Problemen bei der Versorgung mit Lebensmitteln und Medikamenten. Die gesellschaftlichen Auswirkungen wären gravierend und sind für viele Menschen kaum vorstellbar.

Warum Krisenvorsorge jetzt wichtiger denn je ist

Viele Menschen und Organisationen sind auf solche Szenarien nur unzureichend vorbereitet: Die meisten unterschätzen die Kaskadeneffekte und den langwierigen Wiederanlauf nach einem überregionalen Stromausfall deutlich, was auch mit einer Verharmlosung oder Bagatellisierung der Probleme zusammenhängt. Hier fehlt es an einer ehrlichen und offenen Sicherheitskommunikation. Gleichzeitig wird das Thema von verschiedenen Kreisen immer wieder für eigene Zwecke missbraucht. Eine sachliche und unaufgeregte Einordnung fällt daher oft schwer. Fakt ist: Wir sind massiv von der Stromversorgung abhängig.

Es ist daher entscheidend, dass wir uns jetzt mit persönlicher und organisatorischer Vorsorge beschäftigen. Jeder Einzelne sollte sich fragen: Bin ich vorbereitet? Habe ich ausreichend Wasser, Lebensmittel und Medikamente für mindestens 14 Tage? Weiß ich, wie ich meine Familie im Falle eines Blackouts zusammenführen kann? Unternehmen sollten prüfen, ob ihre Notfallpläne realistisch sind und regelmäßig getestet werden. Selbstverständlich wollen wir darauf hoffen, dass wir diese Vorbereitungen nie benötigen. Doch Hoffnung allein ist keine Strategie. In den letzten Jahren haben uns zahlreiche außergewöhnliche Ereignisse überrascht, die vorher kaum vorstellbar waren. Mangelnde Vorbereitung führt immer zu suboptimalen oder sogar falschen Reaktionen und zu unnötigen Schäden und Kosten. In diesem Fall können wir die Auswirkungen durch eine angemessene Vorbereitung zumindest deutlich lindern. 

Oft reichen schon mehrstündige Stromausfälle aus, um erhebliche Schäden und Kaskadeneffekte in der Infrastruktur oder Produktion auszulösen. Auch hier sind entsprechende Ablaufpläne und Vorbereitungen unabdingbar und oft nicht vorhanden. Unsere sehr hohe Versorgungssicherheit wiegt uns hier oft in falscher Sicherheit.

Handeln statt warten: So können Sie sich vorbereiten

  • Persönliche Vorsorge: Stellen Sie sicher, dass Sie genügend Vorräte für mindestens 14 Tage haben – Wasser, haltbare Lebensmittel, Medikamente und Erste-Hilfe-Ausrüstung.
  • Organisatorische Vorbereitung: Unternehmen sollten ihre Notfallpläne aktualisieren und realistische Tests durchführen. Besonders wichtig sind organisatorische Abläufe und gut vorbereitete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Denn wenn diese zu Hause ein Problem haben, kommen sie nicht zur Arbeit. Ohne Telekommunikation funktioniert auch die Koordination nicht. Die Pläne müssen also in den "Köpfen des Personals" vorhanden sein.
  • Kommunikation: Besprechen Sie mit Ihrer Familie oder Ihrem Team klare Abläufe für den Fall eines Stromausfalls.
  • Selbstcheck: Nutzen Sie praktische Hilfsmittel wie den Flyer "Blackout-Vorsorge in Unternehmen" für eine schnelle Überprüfung Ihrer Vorbereitung.

Jetzt handeln!

Denn auch die Hilfs- und Einsatzorganisationen werden betroffen sein und können nur begrenzt helfen. Deshalb muss jeder Einzelne von uns Verantwortung übernehmen und sich vorbereiten – denn im Ernstfall zählt nur, was jetzt vorbereitet ist. Die Selbsthilfe in nachbarschaftlichen Strukturen wird dann die entscheidende Rolle spielen, um möglichst rasch wieder Stabilität herzustellen. Während nach einem begrenzten Stromausfall von einigen Stunden – beispielsweise durch eine Zwangsabschaltung und sofern keine weitergehenden Schäden an der Infrastruktur entstanden sind – relativ schnell wieder Normalität einkehrt, ist dies nach einem wirklichen Blackout nicht zu erwarten. Hier beginnt die Krise erst nach dem Stromausfall, bis die Versorgungsstrukturen wieder ausreichend funktionieren, was viele Tage und länger dauern kann.

Wir haben es selbst in der Hand, ob wir wieder überrascht werden oder ob wir die Dinge vorher in die Hand nehmen. Eine Grundvorsorge ist weder im privaten noch im unternehmerischen Bereich ein Hexenwerk. Mit wenig Aufwand lässt sich die eigene Krisenfitness schnell erhöhen. Das gibt Sicherheit und macht uns selbst handlungsfähig, statt nur Opfer zu sein. Fangen wir jetzt damit an und hoffen wir trotzdem, dass wir diese Vorbereitungen zumindest für den aufgezeigten, aber möglichen Fall nie brauchen werden.

Autor: 
Herbert Saurugg, MSc, ist ein international anerkannter Experte für Blackout- und Krisenvorsorge sowie der Präsident der Gesellschaft für Krisenvorsorge.
Herbert Saurugg
, MSc, ist ein international anerkannter Experte für Blackout- und Krisenvorsorge sowie der Präsident der Gesellschaft für Krisenvorsorge. Der ehemalige Berufsoffizier beschäftigt sich seit 2011 intensiv mit der zunehmenden Komplexität und Verletzlichkeit unserer Gesellschaft und insbesondere mit dem Szenario eines möglichen überregionalen Strom-, Infrastruktur- und Versorgungsausfalls ("Blackout"). Saurugg ist Autor zahlreicher Fachpublikationen und als Keynote-Speaker und Interviewpartner zu diesen Themen bekannt. Sein umfangreicher Fachblog ist eine wertvolle Ressource für Kommunen, Unternehmen und Organisationen, aber auch für Privatpersonen, die ihre Blackout-Vorsorge verbessern und krisenfit werden wollen. Mit seiner langjährigen Erfahrung und seinem fundierten Fachwissen unterstützt er aktiv bei der Entwicklung und Umsetzung von ganzheitlichen Lösungen zur Bewältigung von außergewöhnlichen Krisensituationen.

 

[ Bildquelle Titelbild: Generiert mit AI ]
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