Alessandro Profumo, der Vorstandschef der italienischen Großbank UniCredit, tritt nicht sehr häufig in der deutschen Öffentlichkeit auf. Zu groß ist meist das mediale Interesse und obwohl Profumo seit einigen Monaten bereits fleißig die deutsche Sprache lernt, spricht er lieber Englisch. Die Angst vor einer Blamage à la Giovanni Trapattoni ("Ich habe fertig!") sitzt tief. Durch die Fusion seines Instituts mit der HypoVereinsbank ist er hierzulande aber gefragter denn je. Die Fachzeitschrift "die bank" beschreibt ihn als den "Star der italienischen Bankenwelt", als einen "Strahlemann und Gesellschaftslöwe, der es in den letzen Jahren zu viel Ruhm und Ehre gebracht hat". Der unbestrittene Star war Profumo somit auch beim diesjährigen Symposium des Centre for Financial Research (CFR) der Universität zu Köln, obwohl es mit Prof. Dr. Axel Weber (Deustche Bundesbank), Dr. Thomas R. Fischer (WestLB), Dr. Immo Querner (Talanx) und Dr. Markus Rieß (Allianz Global Investors) u.a.m. an Prominenz aus der Hochfinanz kaum mangelte. Was an Profumos Führungsstil beeindruckt, ist weniger die bloße Tatsache, innerhalb weniger Jahre eine der weltweit größten Banken aufgebaut zu haben, sondern insbesondere das Tempo. "Ruck-Zuck"-Profumo dürfte einen neuen Rekord bei dem Totalumbau der HVB-Group und der Integration in die UniCredit aufgestellt haben. Jüngster Coup: Mit 99,4 Prozent des anwesenden Kapitals stimmte die deutsche HypoVereinsbank für den Verkauf der Bank Austria Creditanstalt AG (BA-CA) an ihre italienische Konzernmutter. Die einstmals zweitgrößte deutsche Bank ist jetzt stark geschrumpft – die Konzernmutter dafür umso mehr gewachsen. Nur wenige Tage später dann die Übertragung der Mehrheitsbeteiligung an der polnischen Bank BPH aus dem Besitz der BA-CA und der UniCredit. Mit Ausnahme von Polen ist das Osteuropageschäft der Gruppe nun künftig bei der BA-CA angesiedelt. Hier blitzt das übergeordnete strategische Interesse der UniCredit am osteuropäischen Bankenmarkt durch.
Tempo, Tempo, Tempo
Alessandro Profumo geht derweil unbeirrt seinen Weg. Und er macht keine Kompromisse bei der Geschwindigkeit. Im ehrwürdigen Excelsior Hotel gegenüber des Kölner Doms zeichnet er das Szenario einer europäischen Universalbank. Bohrgeräusche arbeitender Handwerker stören den Vortrag, doch der ehemalige McKinsey-Berater zieht keine Augenbraue hoch, macht keine Pause, redet einfach weiter: Platz 14 weltweit gemessen an der Marktkapitalisierung, 430 Mrd. Euro Kreditvolumen, operative Tätigkeit in 20 Ländern, über 28 Millionen Kunden, 134.000 Mitarbeiter und die höchsten Marktanteile in Kroatien (22,4 %), Bulgarien (20,7 %), Polen (21,2 %), Bosnien (23,4 %) und Österreich (19,1 %). Das ist es, was einen europäischen Champion ausmacht. "Wir sind sehr ergebnisorientiert", sagt Profumo und meint damit eigentlich sich selbst. Wer bei der Zusammenführung der unterschiedlichen Kulturen im Gefolge einer Übernahme nicht mitzieht, bleibt eben auf der Strecke. "Das Vorleben einer Unternehmenskultur fängt beim Top-Management an", meint der Banker des Jahres 2002. Spezialisierung, Kundenzufriedenheit und Geschwindigkeit nennt er als Schlüsselfaktoren des Erfolgs. Und da ist wieder sein Merkmal: "Tempo, Tempo, Tempo" – die oberste Prämisse eines gelungenen Integrationsprozesses.
Römisches Reich auf dem Vormarsch nach Osten
Matthias Graf von Krockow, Sprecher der persönlich haftenden Gesellschafter der Privatbank Sal. Oppenheim, plant dagegen in anderen Kategorien. Wer einem Unternehmen mit über 200-jähriger Tradition vorsteht, denkt langfristig. So vergleicht er die UniCredit mit dem Imperium des Römischen Reichs, das konsequent nach Osten vorrückt, doch Profumo kontert gelassen: "Ich komme aus Genua, nicht aus Rom". Der promovierte Betriebswirt kam 1994 zum Credito Italiano und wurde dort ein Jahr später Generaldirektor. Im Jahr 1997 übernahm er den Chefsessel bei UniCredito und wurde mit 39 Jahren der jüngste Vorstandschef einer italienischen Großbank. Was ist sein Erfolgsrezept? Es ist das richtige Timing, die Finesse oder auch das Glück des Tüchtigen. Auf jeden Fall ist es nicht duplizierbar. Der Merger in Deutschland sei nur vor dem Hintergrund der Entwicklung im italienischen Bankenmarkt nachzuvollziehen, sagt er. Die Frage, inwieweit die Übernahme der HVB nur der Anfang einer Entwicklung im deutschen Bankenmarkt war, will er deshalb nicht beantworten. Er zieht es vor, über die Geschichte des eigenen Hauses zu reden. Denn er ist der eigentliche Macher der UniCredit-Gruppe, die in den 90er Jahren aus der staatlichen Bank Credit Italiano und mehrere Sparkassen fusioniert wurde. Profumo konsolidierte, internationalisierte das neue Institut und legte die Weichen für die noch heute bestehende Struktur der drei Bereiche Retailgeschäft, Firmenkunden und Private Banking. In der Folge expandierte die Bank konsequent nach Osteuropa und betrat damit weitgehend Neuland. Mittlerweile ist wohl mehr als ein Drittel aller Mitarbeiter in Zentral- und Osteuropa tätig, wo die Bankengruppe eine marktführende Stellung einnimmt.
Risikomanagement auf Holdingebene
Einen wichtigen Anteil am Erfolg hat auch das Risikomanagement. Auf der Holdingebene ist der Chief Risk Officer (CRO) angesiedelt, der die konzernweiten Assets managt, die Risiko-Politik bestimmt, einzelne Geschäftseinheiten unterstützt und für die Implementierung einer übergreifenden Risikokultur verantwortlich ist. Seit Januar 2006 besetzt diese Position der deutsche Risiko-Profi Henning Giesecke. Er ist auch für das laufende Basel-II-Projekt zuständig. Die Risiko-Divisionen verteilen sich auf die Bereiche Kreditrisiko, Marktrisiko, Liquiditätsrisiko und Operationelles Risiko. Die Einheit wurde erst im November 2005 – nach der Intergration der HVB – neu organisiert und strukturiert. Und zwar ganz nach der Art Alessandro Profumos: Tempo, Tempo!