Schärfere Regulierungen der Finanzmärkte

Der Regulierungs-Bluff


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Seit mehr als zwei Jahren werden schärfere Regulierungen der Finanzmärkte angekündigt. Geschehen ist bisher aber nichts. In dieser Woche wurde plötzlich in Berlin die Katze aus dem Sack gelassen. Erstens gibt es eine Beschränkung der Hedge-Fonds in Europa. Zweitens werden in Deutschland ungedeckte Leerverkäufe im Zusammenhang mit Anleihen von Eurostaaten verboten. Drittens will die Bundesregierung eine spezielle Steuer für den Bankensektor einführen. Ein beeindruckendes Paket. Es hat die Märkte in dieser Form auf dem falschen Fuß erwischt. Ist das jetzt der Durchbruch in Sachen Bankenregulierung, auf den wir so lange gewartet haben?

Um die Antwort vorweg zu nehmen: Nein, das ist es nicht. Es handelt sich eher um eine kosmetische Aktion, die die Verabschiedung des EUR 500 Mrd.-Rettungspakets im Bundestag erleichtern soll. Von den zentralen Punkten, die zu einer Stabilisierung des Finanzsektors notwendig sind, wird kaum etwas aufgegriffen. Zudem beschränken sich die Maßnahmen nur auf Europa, zum Teil sogar nur auf Deutschland. Sie waren nicht einmal mit den Partnern abgestimmt. In der globalen Welt der Finanzmärkte kann damit nur wenig bewirkt werden.

Schauen wir uns die Maßnahmen im Einzelnen an. Die Einbeziehung der Hedge-Fonds in die Bankenaufsicht und die Formulierung von Mindestanforderungen für Eigenkapital, Vergütungsregeln und Transparenz ist zweifellos wichtig. In globalen Finanzmärkten darf es keine Institutsgruppe geben, die von der allgemeinen Aufsicht ausgenommen ist.

Die Sache hat freilich zwei Haken. Der eine ist, dass sich die Regeln nur auf Europa beziehen. Hedge-Fonds sind aber besonders mobil und können leicht in andere Standorte ausweichen. Der andere ist, dass wir noch weit entfernt sind von einer einheitlichen Regelung in Europa. Es liegen derzeit zwei unterschiedliche Entwürfe für eine Direktive vor. Sie müssen erst noch von der Kommission, dem Rat und dem Parlament zusammengeführt werden. Jeder weiß dabei, dass die Briten als Hauptbetroffene skeptisch gegenüber Beschränkungen der Hedge-Fonds sind. Die Sache ist noch lange nicht
in trockenen Tüchern.

Das Verbot der ungedeckten Leerverkäufe hat mit der Reform der Finanzmärkte nichts zu tun. Es ist eine zeitlich befristete Maßnahme zur Beruhigung der Märkte. Die Bankenaufsicht versucht damit an die guten Erfahrungen anzuknüpfen, die mit einem ähnlichen Verbot im Herbst 2008 in den USA gemacht wurden. Tatsächlich sind die Preise für Kreditausfallversicherungen für Anleihen der Euro-Staaten unmittelbar nach dem Erlass des Verbots wie beabsichtigt deutlich gefallen.

Freilich kommt die Maßnahme zu spät. Die Märkte hatten sich schon in den letzten Wochen beruhigt. Die Tatsache, dass die deutsche Bankenaufsicht jetzt gewissermaßen nachtarockte, hat die Akteure sogar eher verunsichert. Es kam das Gerücht auf, dass die Aufsicht noch größere Verwerfungen befürchtete und daher nachlegen wollte. Deshalb der starke Einbruch beim Euro und bei den Aktien. Im Übrigen wird durch ein Verbot der Leerverkäufe kein Problem gelöst. Die zugrunde liegenden Spannungen existieren weiter, sie werden nur zugedeckt. Man sollte das Instrument eines Verbots der Spekulation immer nur sehr sparsam anwenden. Schließlich hat die Maßnahme den großen Nachteil, dass sie sich nur auf Deutschland bezieht. Wer weiter Leerverkäufe tätigen will, muss das in Zukunft nur über ausländische Dependancen tun.

Zur Besteuerung der Banken: Nach wie vor gibt es keine Entscheidung, welches der diskutierten Modelle (oder welche Kombination) realisiert werden soll:

  1. Die Finanzmarkttransaktionssteuer, bei der jede Finanztransaktion mit einer Abgabe belegt wird. Sie ist der weitest-gehende Vorschlag und könnte auch bei niedrigen Sätzen allein in Deutschland EUR 25 Mrd. Mehreinnahmen bringen. Freilich würde sie nicht nur von den Banken getragen, sondern zumindest zum Teil auf die Unternehmen und damit auf die Verbraucher überwälzt.
  2. Die Finanzaktivitätssteuer, bei der die Wertschöpfung der Banken, also Gewinne und Einkommen, belastet wird. Sie kann nicht so leicht überwälzt werden, bringt aber auch nicht so viel Einnahmen.
  3. Die allgemeine Bankenabgabe, die sich an den Verbindlichkeiten der Banken abzüglich Einlagen und Eigenkapital orientiert. Hier war ursprünglich vorgesehen, dass die Einnahmen (gut EUR 1 Mrd.) einem Fonds zugeführt werden, der bei künftigen Bankenrettungen einspringen soll.


Eine Bankenabgabe ist populär. Wer ist nicht der Meinung, dass die Kreditwirtschaft bestraft werden soll? Sie bringt dem klammen Finanzminister zusätzliche Einnahmen. Zur Bereinigung der Finanzprobleme hilft sie aber wenig. Vor allem wird sie die Spekulation nicht eindämmen. Kein Spekulant lässt sich von einer Abgabe in Höhe von 0,1 oder 1 % von Geschäften abhalten, bei denen er ein Mehrfaches verdienen kann. Ein Nachteil ist auch, dass sie in einer Zeit, in der die Konjunktur noch labil ist, Kaufkraft abschöpft. Schließlich ist auch diese Maßnahme regional beschränkt und führt zu unerwünschten Ausweichreaktionen. Freilich sollte man diesen Punkt nicht zu stark betonen. In Großbritannien und der Schweiz gibt es schon heute Börsenumsatzsteuern. Sie tun der Attraktivität dieser Finanzplätze keinen Abbruch.
Die großen Themen der Finanzmarktstabilisierung stehen immer noch unerledigt auf der Agenda: Die Verbesserung der Eigenkapitalausstattung der Banken, die Reform der Bankenstruktur durch eine Lösung des Landesbanken-Problems in Deutschland und international eine mögliche Beschränkung des Eigenhandels (die sogenannte Volcker-Regel), die Einführung einer geordneten Insolvenz für Banken, der Ersatz der nationalen Bankenaufsicht durch eine globale Aufsicht für globale Banken und die Neuformulierung der Rechungslegungsgrundsätze zur Erhöhung der Transparenz. Wer diese Probleme nicht angeht, wird die Finanzmärkte nicht nachhaltig verbessern.

Autor: Dr. Martin W. Hüfner, Chief Economist, Assenagon Asset Management S.A.



[Bildquelle: iStockPhoto]

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