Vor Ausbruch der Finanzkrise waren Bankaktien noch Lieblinge der Anleger. In der Zwischenzeit sind sie zum toxischen Asset geworden. Das Platzen der Kreditblase in der Peripherie der Eurozone hat tiefe Löcher in die Bilanzen der Geldinstitute gerissen. Da eine Rekapitalisierung über die Finanzmärkte in vielen Fällen nicht mehr möglich ist, sollen nun die Staaten ihre Banken retten. Diese stehen selbst mit dem Rücken zur Wand und drohen unter der eigenen Schuldenlast zusammenzubrechen. Ein Befreiungsschlag ist nicht in Sicht. Die Aussichten für den Bankensektor bleiben trübe.
Die Rally im Bankensektor nach dem ersten Dreijahrestender durch die Europäische Zentralbank (EZB) Ende vergangenen Jahres war nur von kurzer Dauer. Mit einem Abschlag von 18 Prozent seit Januar sind Banktitel zusammen mit Telekomaktien bislang die Verlierer des Jahres. Dabei gilt tendenziell, je weiter man sich der Peripherie nähert, desto höher fallen die Verluste bei den Banken aus. Zum Vergleich: Für den Euro-Stoxx-50 ging es im gleichen Zeitraum nur um 8 Prozent nach unten, der DAX weist seit Jahresbeginn sogar noch leichte Gewinne aus.
Die Anleger haben in der Zwischenzeit verstanden, dass die EZB die Probleme des Bankensektors nicht lösen kann. Die Zentralbank kann den Geldinstituten zwar Liquidität zur Verfügung stellen, darf den Sektor aber nicht rekapitalisieren. Denn dies liefe auf eine Monetisierung der Bilanzlöcher hinaus, was der EZB untersagt ist.
Doch jede Rettungsaktion durch die Staaten erhöht deren bereits gefährliche hohe Verschuldung. Diese leiden unter der Rezession in der Peripherie und Rekordarbeitslosenzahlen. Das in Brüssel geschmiedete Rettungspaket für den spanischen Bankensektor von bis zu 100 Milliarden Euro würde die Staatsverschuldung um 10 Prozentpunkte auf die kritische Schwelle von 90 Prozent des BIP erhöhen. Ab diesem Niveau wird das Wachstum eines Landes typischerweise wegen der hohen Verschuldung negativ belastet.
Kein Wunder, dass die positive Wirkung des Bailout an den Finanzmärkten nur von kurzer Dauer war. Die Renditen für spanische Benchmark-Anleihen sind seitdem weiter gestiegen und liegen nun bei rund 6,60 Prozent. Die Rendite für Bundesanleihen liegt gerade mal bei 1,50 Prozent. Das spricht nicht für eine Rückkehr der ausländischen Investoren an den spanischen Anleihemarkt. Somit könnten sich spanische Banken noch stärker als in der Vergangenheit genötigt sehen, Staatsanleihen des eigenen Landes aufzukaufen.
Das wiederum schwächt das Vertrauen in den Bankensektor zusätzlich, was wiederum das Vertrauen in die Staatsfinanzen weiter untergräbt. So hat Moody's die jüngste Herunterstufung von 28 spanischen Geldinstituten unter anderem mit der hohen Staatsverschuldung des Landes begründet. Ein Teufelskreis, der nicht nur für die iberische Halbinsel gilt.
"Das definitiv größte Problem des europäischen Bankensektors ist die enge Verknüpfung zwischen Staaten und Banken", sagt Jochen Felsenheimer, Fondsmanager bei Assenagon Credit Management. Dieses Band könne erst durch eine echte Wirtschafts- und Fiskalunion in der Eurozone durchschnitten werden. Ein solcher "Big Bang" zeichne sich aber nicht ab. Brüssel werde vielmehr an der Politik der kleinen Schritte festhalten.
Die Erwartungen der Investoren an den EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag sind in der Zwischenzeit nur noch gering. Bundeskanzlerin Merkel hat im Vorfeld deutlich gemacht, dass sie gegen jede Vergemeinschaftung der Schulden auf europäischer Ebene ist, solange andere Staaten keine Beschränkung der eigenen Souveränität hinnehmen wollen. Die Societe Generale rechnet nicht damit, dass die "Hochzeitsglocken" auf dem EU-Gipfel erklingen werden und bleibt somit auch gegenüber dem Bankensektor zurückhaltend eingestellt.
Kaufenswert sei der Sektor erst nach einem "Game Changer" durch die Politik. Als solche benennt Analyst Geoff Dawes die Schaffung eines europäischen Schuldentilgungsfonds, die Einführung von Euro-Bonds, die Ermächtigung der EZB zu theoretisch unlimitierten Anleihenkäufen oder eine volle Bankenunion. "Alle diese Maßnahmen stellen strukturelle Änderungen dar und würden den Bankensektor stützen." Allerdings seien die Hürden für die Umsetzung dieser Maßnahmen sehr hoch - die Hoffnung auf einen Befreiungsschlag verfliege gerade an den Märkten.
Die Aussichten für den Bankensektor bleiben also schwierig. Es droht eine Wiederholung des Musters der Vergangenheit: Erholungsrallys nach der Verabschiedung neuer Maßnahmen durch die Politik, die sich dann aber als unzureichend herausstellen. Der Druck der Finanzmärkte scheint noch immer nicht ausreichend groß zu sein, um einen wirklichen politischen Wandel in Brüssel zu bewirken. Bis dahin sollten die Anleger Vorsicht walten lassen.
[Bildquelle: Frank Romeike/RiskNET GmbH]