Laut dem "Global Corruption Barometer 2007" der internationalen Anti-Korruptionsorganisation Transparency International gehen 69 Prozent der Deutschen davon aus, dass die Korruption in den nächsten drei Jahren zunehmen wird. In den EU-Staaten zeigten sich bei der jährlichen Meinungsumfrage über Wahrnehmungen und Erfahrungen nur die Bürger Großbritanniens (72 Prozent) und der Niederlande (73 Prozent) pessimistischer, die Einschätzungen in allen anderen Ländern liegen deutlich darunter – am optimistischsten zeigten sich die Bulgaren (32 Prozent), Rumänen (36 Prozent) und Litauer (37 Prozent).
Sylvia Schenk, Vorsitzende von Transparency Deutschland, kommentiert diese Ergebnisse wie folgt: "Offensichtlich sind die Menschen durch die Berichterstattung über Skandale wie Siemens und VW sowie über viele Vorfälle auf lokaler Ebene aufgewacht und haben bemerkt, dass Korruption auch in Deutschland ein Problem ist. Trotzdem besteht zu übergroßem Pessimismus kein Anlass. Die Thematisierung in der Öffentlichkeit zeigt ja gerade, dass die Staatsanwaltschaften, aber auch kritische Journalisten zunehmend konsequent vorgehen und Interessenkonflikte inzwischen viel strenger beurteilt werden."
Deutschland hat allerdings nach wie vor nicht die UN-Konvention gegen Korruption ratifiziert – im Gegensatz zu über 100 Ländern, darunter Großbritannien, Frankreich, Kanada, Russland und die USA. "Erschreckend ist in dem Zusammenhang, dass 77 Prozent der Bevölkerung in Deutschland die Bemühungen der Regierung, Korruption zu bekämpfen, für unwirksam hält", führt Schenk weiter aus. "Hier müssen deutliche Signale von der Politik gesetzt werden!"
Privatwirtschaft und Parteien schneiden schlecht ab
Bei der Frage nach der Wahrnehmung von Korruption in den verschiedenen Sektoren in Deutschland werden die Privatwirtschaft und die politischen Parteien auf einer Skala von fünf ("höchst korrupt") bis eins ("überhaupt nicht korrupt") am schlechtesten bewertet (3,5). Im Vorjahr lagen hier die Parteien mit 3,7 noch allein an der Spitze. Am wenigsten korrupt werden wie im Vorjahr die Melde- und Zulassungsbehörden (mit 2,0) sowie das Bildungssystem (mit 2,2) eingeschätzt. Da sich die Wahrnehmung von Korruption im Bereich Parlament leicht gebessert hat, wird diese Institution in diesem Jahr mit 3,0 besser eingeschätzt als die Medien (3,1). Die deutlichste Verschlechterung findet sich bei den Versorgungsunternehmen, die eine Zunahme von 2,8 auf 3,1 verzeichnen. Hier sieht Schenk intransparente Strukturen, Zweifel an der Preisgestaltung, aber auch die immer stärker ins Blickfeld geratene enge Verflechtung mit der Politik – insbesondere auf kommunaler und Landesebene – als mögliche Ursachen.
Nach wie vor im oberen Mittelfeld sind die Nicht-Regierungsorganisationen ("NGOs") mit 2,8 zu finden. Sylvia Schenk: "Hier zeigt sich, dass Transparenz in der Zivilgesellschaft mindestens genauso wichtig ist wie bei Staat und Wirtschaft. Gerade die Nicht-Regierungsorganisationen sind zu recht unter wachsendem öffentlichem Druck, transparent zu arbeiten und Rechenschaft darüber abzulegen, wie sie sich und ihre Aufgaben finanzieren."
[Bildquelle: Frank Romeike]