Griechenland-Krise

Deutsche Finanzinstitute reichen Griechenland kleinen Finger


Deutsche Finanzinstitute reichen Griechenland kleinen Finger News

Bundesregierung und Finanzwirtschaft haben sich am Donnerstag im Grundsatz auf einen kleinen Beitrag der deutschen Banken und Versicherer an der Rettung von Griechenland geeinigt. Da der deutsche Vorschlag in Grundzügen dem zu Wochenbeginn von Frankreich unterbreiteten Modell folgt, können die Finanzminister der Eurozone wohl wie erhofft am Sonntag eine Lösung für die Beteiligung privater Gläubiger auf den Weg bringen.

"Zumindest für bis einschließlich 2014 fällig werdenden Anleihen (insgesamt 2 Mrd EUR) wird jedes beteiligte Institut (...) Finanzierungen wieder zur Verfügung stellen", sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble am Donnerstag auf einer Pressekonferenz mit Deutsche-Bank-CEO Josef Ackermann in Berlin. Gemessen am Gesamtengagement deutscher Banken von 10 Mrd EUR ist dies allerdings ein "relativ begrenzter" Anteil, räumte der Finanzminister ein. Rund 55% der von deutschen Banken und Versicherungen gehaltenen Griechenland-Bonds wird laut Schäuble nach 2020 fällig.

Zu den 2 Mrd EUR der privaten Banken und Versicherer kommen laut Schäuble noch die Engagements der Abwicklungsanstalten - dabei handelt es sich um die HRE und die Bad Bank der WestLB - 1,2 Mrd EUR hinzu, "sodass wir insgesamt von einer Größenordnung von 3,2 Mrd EUR reden". Diese Zahl über die deutsche Bereitschaft werde das BMF in den europäischen Prozess dazu einspeisen.

Der Finanzminister zeigte sich "zuversichtlich", dass eine Lösung zur Griechen-Hilfe bis Sonntag gefunden werde. Die Finanzminister der Eurozone wollen dann in Brüssel über einen Plan zur Rettung Griechenlands beraten, der möglichst beim nächsten Treffen am 11. Juli verabschiedet werden soll.

Optimistische Töne zu der Beteiligung von Banken und Versicherer an der Griechenland-Rettung waren am Donnerstag auch aus Belgien und Österreich zu vernehmen. Belgiens Notenbank-Präsident Luc Coene sagte, dass Banken und Zentralbank Gespräche über einen "Rollover" führen. Coenes österreichisches Pendant Ewald Nowotny bezeichnete den französischen Vorschlag am Donnerstag als einen "sehr, sehr interessanten Schritt für einige Länder".

Gemessen an dem von Frankreich vorgelegten Plan erscheint der Beitrag der deutschen Finanzinstitute allerdings eher bescheiden. Nach französischer Rechnung sollen Finanzinstitute von Juli 2011 bis Juli 2014 netto 30 Mrd EUR stellen, wie aus dem Dow Jones Newswires vorliegenden Entwurf hervorgeht. Nach den griechischen Banken, die laut einer Deutsche-Bank-Studie vom 28. Juni 50 Mrd EUR an Hellenen-Bonds halten, sind deutsche und französische Banken am stärksten in Griechenland engagiert.

Ackermann bezeichnete den Beitrag der Finanzbranche dagegen als freiwillig aber doch substanziell. Der von deutscher Seite vorgebrachte Vorschlag könne noch modifiziert werden. Ein zentrales Thema ist dabei weiterhin die Sicht der Rating-Agenturen und Wirtschaftsprüfer, mit denen laut Ackermann Gespräche geführt werden. "Das Thema ist hochkomplex", es müsse aber alles getan werden für eine Lösung, die zur Stabilisierung beiträgt.

Der derzeit kritischste Punkt bei der Rettung Griechenlands unter Beteiligung von privaten Gläubigern ist die Sicht der Rating-Agenturen. Noch ist unklar, ob die Großen der Branche eine Schuldenstreckung nach französischem Vorbild als Default und damit als Pleite Griechenlands werten würden. In diesem Fall müsse man sich nicht auf Folgen im Volumen von "300 Mrd EUR, sondern andere Größenordnungen" gefasst machen, warnte Ackermann am Mittwoch.

Der Deutsche-Bank-Chef und sein Commerzbank-Pendant Martin Blessing wiesen am Vortag zudem darauf hin, dass eine Verlängerung der Griechenland-Schulden bei den teilnehmenden Banken erhebliche Abschreibungen nach sich ziehen könnte. Der Deutsche-Bank-Chef hält Wertberichtigungen von bis zu 45% für denkbar, sofern man es "falsch" macht.

Das griechische Parlament hat am Mittwoch und Donnerstag außerdem ein umfassendes Sparpaket verabschiedet, der den hellenische Haushalt bis Ende 2015 um 28 Mrd EUR entlasten soll. Damit ist der Weg frei für 12 Mrd EUR an Hilfskrediten, die Griechenland schon im Juli benötigt.


[Bildquelle: iStockPhoto]

Kommentare zu diesem Beitrag

RiskNET Redaktion /03.07.2011 19:18
+++ Allianz an Griechenland-Rettung mit 300 Mio EUR beteiligt +++

Der Versicherungskonzern Allianz beteiligt sich bis 2014 mit rund 300 Mio EUR am aktuellen Hilfsprogramm für Griechenland. Das sagte Allianz-Chef Michael Diekmann dem am Montag erscheinenden Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Deutsche Banken und Versicherer hatten zugesagt, sich mit insgesamt 3,2 Mrd EUR an der Rettung Griechenlands zu beteiligen.

Damit sich das Land in Zukunft wieder Geld am Kapitalmarkt besorgen könne, bräuchten "die Gläubiger ein gewisses Sicherheitsnetz", forderte Diekmann. Sonst würde momentan kein privater institutioneller Anleger Geld in Griechenland investieren. Nach den Vorstellungen von Diekmann soll deshalb ein Teil des Geldes aus dem Euro-Rettungsmechanismus für die Schaffung eines Anleiheversicherers verwendet werden, der die Anleihen absichert.

Die Allianz selbst hat innerhalb eines Jahres die griechischen Staatsanleihen in ihrem Besitz von 3,3 Mrd auf 1,3 Mrd EUR reduziert.
RiskNET Redaktion /12.07.2011 16:25
+++ Commerzbank-Chef plädiert für Umschuldung Griechenlands +++

Unter dem Eindruck einer abermaligen Zuspitzung der Staatsschuldenkrise im Euroraum hat sich der Vorstandsvorsitzende der Commerzbank, Martin Blessing, für eine Umschuldung Griechenlands ausgesprochen. Ein solcher Weg werde "steinig, aber gangbar" sein, schreibt Blessing in einem Beitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (FAZ - Dienstagausgabe). Er rechnet damit, dass die privaten Gläubiger Griechenlands, zu denen auch die Commerzbank zählt, insgesamt einen Beitrag von mehr als 50 Mrd EUR zu leisten hätten.

Blessing schlägt vor, allen Gläubigern anzubieten, ihre griechischen Staatspapiere mit einem 30%-Abschlag in 30 Jahre laufende Papiere mit einem Zinssatz von 3,5% zu tauschen. Für diese Papiere solle die Euro-Gruppe garantieren. Das Modell müsse so ausgestaltet werden, dass es auch als "Blaupause für Portugal und - falls erforderlich - Irland" dienen könne. "Weitermachen wie bisher ist nicht möglich", schreibt Blessing, der eine Ansteckung Italiens und Spaniens befürchtet.
Risk Academy

Die Intensiv-Seminare der RiskAcademy® konzentrieren sich auf Methoden und Instrumente für evolutionäre und revolutionäre Wege im Risikomanagement.

Seminare ansehen
Newsletter

Der Newsletter RiskNEWS informiert über Entwicklungen im Risikomanagement, aktuelle Buchveröffentlichungen sowie Kongresse und Veranstaltungen.

jetzt anmelden
Lösungsanbieter

Sie suchen eine Softwarelösung oder einen Dienstleister rund um die Themen Risikomanagement, GRC, IKS oder ISMS?

Partner finden
Ihre Daten werden selbstverständlich vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Weitere Informationen finden Sie in unseren Datenschutzbestimmungen.