Zwischen transatlantischer Orientierung und chinesischem Weg

Die erschöpfte Globalisierung


Michael Hüther/Matthias Diermeier/Henry Goecke (2018): Die erschöpfte Globalisierung – Zwischen transatlantischer Orientierung und chinesischem Weg, Springer Verlag, Wiesbaden 2018, ISBN 978-3-658-20070-1. Rezension

Wer mit offenen Augen durch die Welt läuft, wir die vielfältigen Krisenzeichen unserer Zeit wahrnehmen. Auf dem diesjährigen RiskNET Summit wies Professor Günther Schmid, vormals Bundesnachrichtendienst, darauf hin, dass wir in einer Zeitenwende mit drei Stresstests leben: Es sind deutliche Risse in der Weltordnung erkennbar. Unsere Zeit sei durch eine apolare Welt gekennzeichnet, die keine Regeln mehr habe. Der US-Präsident nimmt Abschied von der Wertegemeinschaft des Westens. Die Welt ist eine Arena des Kampfes von Akteuren. Keine Verlässlichkeit, sondern disruptive Politik. Russland, China und die USA testen die Weltordnung. Das sei der zweite Stresstest. Stresstest drei: China prüft permanent seine Stellung in der Welt – vor allem gegenüber den USA. China strebt ein Jahrhundertprojekt an. Es soll mit Technologie und Digitalisierung die vollkommene Kontrolle über die Bevölkerung erlangt werden. Schmid nennt es eine technikbasierte Welt.

Das Autorenteam um Michael Hüther präsentiert ein ähnliches Bild: Der gesellschaftliche Zusammenhalt schwindet, die politischen Strukturen erodieren und die wirtschaftlichen Verhältnisse überzeugen nicht mehr. Von einer Tendenzwende wird angesichts der Neuerungen, Enttäuschungen, Unbestimmtheiten, Führungsverluste, Konflikte durch zunehmende globale Vernetzungen und der scheinbar abnehmenden politischen Gestaltungskraft gesprochen.

Geschrieben wurde das Buch von Michael Hüther, Professor und Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft und Matthias Diermeier und Dr. Henry Goecke, beide sind Referenten im Institut der deutschen Wirtschaft.

Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs 1989 war die Globalisierung mit großer Hoffnung auf weltweite Wohlstandsmehrung und politische Modernisierung durchgestartet. Heute wirkt sie erschöpft: die Anzahl dynamischer Volkswirtschaften stagniert, viele Entwicklungsländer bleiben zurück und Industrieländer erleben eine Renaissance des Protektionismus. Das Buch analysiert strukturiert dies aus historischer Perspektive anhand der verschiedenen Dimensionen internationaler Verflechtung und entwickelt Bedingungen für eine inklusive Globalisierung in der Zukunft.

Der Schlüssel für das Verständnis dieser Entwicklungen ist – nach Ansicht der Autoren – in dem Verständnis und der notwendigen, weil unvermeidbaren normativen Verortung der Globalisierung. "Denn die Selbstverständlichkeit einer westlich geprägten Globalisierung ist ebenso wenig haltbar wie die Vorstellung einer wertfreien, rein markttechnisch begründeten globalen Wirtschaft.

Im ersten Abschnitt wird ein Blick auf die Tendenzwende gerichtet. Anschließend werden die wesentlichen Treiber, die Globalisierung, begrifflich und definitorisch gefasst, um daraufhin die Illusion über die Globalisierung unserer Zeit näher zu analysieren. Abschließend werden zwei Systematiken bemüht, auf deren Grundlage im Folgenden die Analyse betrieben wird: Netzwerke und Hierarchien als Verständnismodelle historischer Entwicklung sowie die Frage nach der normativen Qualität der Globalisierung.

Fazit: Ein wichtiges Buch für eine bessere Orientierung in einer Weltunordnung. Das Buch liefert Argumentationshilfen für die Außenwirtschaftspolitik, die internationale Ordnungspolitik, die Geopolitik sowie die internationale Klimapolitik für unsere global vernetzten Volkswirtschaften. Auch die Entwicklungen im Bereich der Digitalisierung verändern die Gesellschaft und die Strukturen radikal. Heute ist nicht absehbar, welche Szenarien unsere Zukunft dominieren werden. Möglichweise werden digitale Netzwerke die Funktion von zentralen Staaten übernehmen. Oder werde die sozialen Netzwerke die Arena von Cyberarmeen von morgen? Oder können Netzwerke für eine Demokratisierung der Massen genutzt werden? Das Buch liefert viele Impulse für zukünftige Szenarien.

[ Bildquelle Titelbild: Springer Verlag ]
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