Konjunkturforscher aus drei europäischen Staaten erwarten eine moderate Erholung im Euroraum. Das Wachstum dürfte sich im zweiten Quartal des Jahres mit 0,3 Prozent geringfügig beschleunigt haben, erklärten die drei Forschungsinstitute ifo, Insee und Istat aus Deutschland, Frankreich und Italien in ihrer gemeinsamen Konjunkturprognose. Im ersten Quartal war die Wirtschaft um 0,2 Prozent gewachsen. Im dritten und vierten Quartal wird sich demnach das Wachstum bei je 0,3 Prozent stabilisieren.
Die Erholung dürfte zahlreiche Sektoren und Mitgliedsländer erfassen, heißt es in der Gemeinschaftsprognose. Getragen werde sie vor allem von einem Anstieg der Inlandsnachfrage. Der Außenbeitrag dürfte eher gering ausfallen. Die privaten Investitionsausgaben dürften durch zunehmende Ersatz-, aber auch Erweiterungsinvestitionen belebt werden, die aufgrund der Finanz- und Wirtschaftskrise aufgeschoben waren. Im Gegensatz dazu dürften sich die privaten Konsumausgaben nur schwach entwickeln, da die Arbeitslosigkeit anhaltend hoch ist und die real verfügbaren Einkommen bestenfalls mäßig steigen.
Unter der Annahme, dass der Ölpreis im Prognosezeitraum um 114 Dollar pro Fass und der Wechselkurs um 1,36 Dollar je Euro schwanken werden, dürfte die Inflationsrate in den kommenden zwei Quartalen lediglich geringfügig zulegen und weiterhin deutlich unter dem Inflationsziel der Europäischen Zentralbank von knapp 2 Prozent verharren.
Die größten Risiken für die konjunkturelle Erholung sehen die Institute in einem möglichen Anstieg der Sparquote der privaten Haushalte im Euroraum, um die zum Teil beträchtlichen Schuldenstände zu reduzieren, in einer schwächeren Nachfrage aus Asien und Lateinamerika sowie in einer Eskalation der internationalen Konflikte in Osteuropa und dem Nahen Osten, die zu einem starken Anstieg der Energiepreise führen könnten.
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Der Internationale Währungsfonds (IWF) bleibt seinem Ruf als oberste "geldpolitische Taube" treu. In seinem Bericht zu den gerade beendeten Artikel-IV-Konsultationen für die Eurozone rät der Fonds der EZB zu Staatsanleihekäufen und den Politikern, Regeln in Zweifelsfall locker auszulegen. Das gilt für Kapitalanforderungen, die fiskalische Eigenverantwortung von Staaten sowie europäische Haushaltsregeln.
Der IWF lobt die jüngst von der Europäischen Zentralbank (EZB) angekündigten Maßnahmen als "völlig mit früheren Empfehlungen" des IWF übereinstimmend. Er ist auch mit der Zusage der Zentralbank zufrieden, weitere Maßnahmen für den Fall zu ergreifen, dass die Inflation zu niedrig bleibt.
Sowohl externe als auch interne ökonomische Schocks könnten die Eurozone in eine Deflation stürzen, warnt der IWF und legt der EZB ans Herz: "Der Kauf von Staatsanleihen entsprechend dem Kapitalschlüssel der EZB würde deren Renditen senken, die Aktien- und Anleihepreise steigen lassen und schließlich auch Endnachfrage und Inflation im ganzen Euroraum erhöhen."
Die von der EZB favorisierten Käufe privater Wertpapiere hält der IWF nur als Ergänzung von Staatsanleihekäufen für sinnvoll.
Ansonsten ist der IWF vor allem besorgt darüber, dass die Eurozone-Politiker das ohnehin schon schwache Wirtschaftswachstum durch eine allzu orthodoxe Regelbefolgung gefährden könnten. Zwar sei ein Abbau der öffentlichen Schulden einerseits mittelfristig sinnvoll, doch sprächen andererseits die Unterlauslastung der gesamtwirtschaftlichen Kapazitäten dafür, die Wirtschaft mit öffentlichen Mitteln anzuregen, heißt es in dem Bericht.
Vor diesem Hintergrund empfiehlt der IWF: "Die fiskalische Reaktion muss flexibel sein. Starke negative Wachstumsüberraschungen sollten nicht mit zusätzlichen Einsparungen beantwortet werden." Wo Hauhaltsspielraum bestehe, sollten die Staaten ihn für eine wachstumsfreundliche Politik nutzen. Im Falle einer Deflation sollten die Staaten die Ausnahmeklauseln nutzen, die ihnen die Haushaltsregeln böten.
Auch in Sachen Eigenkapitalkausstattung von Banken befürwortet der IWF ein pragmatisches Vorgehen. Zwar seien das Anliegen selbst und der ehrgeizige Zeitplan generell begrüßenswert, doch sei auch hier eine gewisse Flexibilität angeraten, wenn Finanzstabilität und Marktgegebenheiten das nahelegten.
Schließlich kritisierte der IWF noch die Absicht der Europäer, mögliche Folgen der aktuell laufenden umfassenden Bankprüfung durch die EZB national abzuwettern. "Eine gemeinsame finanzielle Absicherung würde die Verbindung zwischen Staaten und Banken lockern und käme der Glaubwürdigkeit der umfassenden Bankprüfung zu Gute", schreibt der IWF.
Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, hat vor einer Aufwertung des Euro gewarnt. Bei seiner ersten Anhörung vor dem Wirtschafts- und Währungsausschuss des neu gewählten Europaparlaments forderte Draghi zudem die Mitgliedstaaten auf, die vereinbarten Haushaltsregeln einzuhalten. Mit neuen Details zu den im Juni angekündigten geldpolitischen Maßnahmen wartete Draghi nicht auf.
"Unter den gegenwärtigen Umständen ist ein höherer Wechselkurs ein Risiko für eine anhaltende Fortdauer der Konjunkturerholung", sagte der EZB-Präsident in den Einleitenden Bemerkungen zu seiner vierteljährlichen geldpolitischen Anhörung. Der Euro reagierte auf diese Äußerungen kaum.
Draghi warnte die Abgeordneten vor einer Aufweichung des europäischen Fiskalpakts. Die Haushaltsregeln dürften bei ihrer Umsetzung nicht verwässert werden, sagte er. Zwar sei eine gewisse Flexibilität möglich, doch dürfe das nicht alleine als Möglichkeit gesehen werden, Wirtschaftswachstum mit noch mehr Schulden zu erzeugen.