Studie der Economist Intelligence Unit

Die nächsten Schritte zur Professionalisierung des Risk Managements


Die nächsten Schritte zur Professionalisierung des Risk Managements News

Eine von der Economist Intelligence Unit im Auftrag von SAS weltweit durchgeführte Umfrage hat untersucht, wie die globalen Finanzinstitutionen ihr Risikomanagement in der Folge der Finanzkrise angepasst haben. Die Online-Umfrage wurde im Februar 2010 durchgeführt. International haben sich 346 Führungskräfte aus dem Bereich Risikomanagement in Banken und Versicherungen an der Studie beteiligt. Ergänzt wurde die empirische Studie durch eine Reihe von vertiefenden Experteninterviews. Nachfolgend werden einige wesentliche Ergebnisse der Studie zusammenfassend dargestellt.

In der Zwischenzeit werden von der Mehrzahl der Experten als wesentliche Treiber der Finanzkrise Fehler im Risikomanagement identifiziert. Insgesamt muss es darum gehen, mehr Zeit und Ressourcen auf das ernsthafte Nachdenken über die wesentlichen kritischen Zukunftsszenarien und Risiken zu lenken – und weniger in die Modellierung von "Details" der Risikomodelle. Dies erfordert ein breites Verständnis, interdisziplinäre Zusammenarbeit und auch neue mathematische Methoden – zumindest neu in der Anwendung in diesem Segment. Das Risikomanagement muss sich auf das konzentrieren, was für Banken und Versicherung wirklich zu Krisen führen kann. Und es muss vermieden werden, bei der Bildung von Risikomodellen den größten Teil des Risikos – nämlich die Möglichkeit der Modellfehler und Datenunsicherheiten – schon a priori wegzudefinieren. Kreditinstitute benötigen Risikomodelle und Risikobewältigungsstrategien, die auf extreme Krisenszenarien ausgerichtet sind und nicht solche, die nur dann gut funktionieren, wenn Risiken lediglich moderat sind.

In diesem Kontext ist die jüngste Finanzkrise kein Argument gegen Risikomodelle, die unvermeidlich sind, sondern ein Argument für deren Weiterentwicklung. So bietet die Krise eine Chance auf einen ernsthaften Fortschritt im Risikomanagement.

Vor der Finanzkrise waren viele CEOs eher damit beschäftigt sich auf Umsatz- und Renditewachstum zu konzentrieren, als wachsende Risikokonzentrationen zu analysieren. Die Krise hat hier zu einem Umdenkprozess geführt. Die Branche hat in der Zwischenzeit die strategische Bedeutung des Risk Managements erkannt und daher in den Mittelpunkt der strategischen Entscheidungsfindung gesetzt.

Bereits in der im Jahr 2009 veröffentlichten Analyse "After the Storm: A New Era for Risk Management in Financial Services" stellten lediglich ein Drittel der Finanzdienstleister fest, dass die bestehenden Risikomanagement-Systeme den künftigen Aufgaben ihrer Branche gewachsen sind. Neben der schlechten Datenqualität wurden vor allem ein mangelhaftes Fachwissen sowie die fehlende Risikokultur als die größten Hindernisse aufgezählt.

Mehr als die Hälfte der Teilnehmer gab an, dass sie ihr Risikomanagement bereits grundlegend auf den Prüfstand gestellt hätten oder dies beabsichtigten. Dabei zielten sie auf eine Verbesserung der Datenqualität und -verfügbarkeit, eine Stärkung der Risk-Governance, eine Verschiebung hin zu einem unternehmensweiten Ansatz im Risikomanagement sowie wie auf eine engere geschäfts- und prozessübergreifende Integration der Risiken ab.

Die Themen Corporate-Governance-Strukturen, Daten, IT-Systeme und Software, Geschäftsprozesse und -abläufe stehen daher bei vielen Banken und Versicherern auf der Agenda der Entscheidungsebene. Chief Risk Officer haben in der Zwischenzeit in vielen Unternehmen einen wichtigen Platz auf der Entscheidungsebene eingenommen.

Doch trotz dieser Fortschritte bleiben Schwächen. In der Praxis existieren Engpässe bei den personellen Ressourcen. Und auch die Themen Daten- und IT-Systeme sind wesentliche Stolpersteine auf dem Weg einer Professionalisierung des Risikomanagements. Und parallel erschweren unklare regulatorische Entwicklungen die langfristige Planung.

Die Ergebnisse der Studie auf einen Blick:

  • Das Vertrauen ist hoch, aber es besteht die Gefahr der Selbstzufriedenheit.
  • Der Fokus auf die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften (Compliance) kann die Aufmerksamkeit von neu auftretenden Risiken ablenken.
  • Eine klar definierte Risikostrategie ist in vielen Unternehmen in der Zwischenzeit definiert, trotzdem verbleiben einige Schwächen etwa hinsichtlich Aktualisierung
  • Die Finanzinstitute investieren in Ausbildung und Personalbeschaffung, um Know-how-Lücken zu schließen
  • Es dominieren weiterein eher Silo-orientierte Ansätze im Risikomanagement.
  • Die Finanzinstitute kämpfen weiterhin mit den Themen Datenqualität und -verfügbarkeit.


Vertrauen ist hoch, aber es gibt ein Risiko von Selbstgefälligkeit

Insgesamt blicken Finanzinstitute optimistisch in die Zukunft. Rund drei Viertel der Befragten glauben, dass die Aussichten für das Umsatzwachstum im nächsten Jahr gut sind, während 68 Prozent sich positiv über die Aussichten für die Rentabilität äußern. Das Vertrauensniveau spiegelt die weit verbreitete Ansicht wider, dass sich das Finanzsystem stabilisiert hat. Die Studienautoren weisen jedoch darauf hin, dass die Gefahr der Selbstzufriedenheit nicht zu unterschätzen sei.

Die Konzentration auf Compliance könnte von "emerging risks" ablenken

Rund um die Welt haben die Regulierungsbehörden ihre Kontrolle von Finanzinstituten verstärkt. Eine große Anzahl der befragten Führungskräfte sieht in der Unsicherheit über die künftige Regulierung ein Haupthindernis für ein wirksames Risikomanagement. Es besteht die Gefahr, dass die Institute sich zu stark auf das Thema "Compliance" konzentrieren und neue Risikoentwicklungen nicht oder zu spät erkennen.

Risikostrategie vorhanden - aber Schwächen verbleiben

Sechs von zehn der befragten Führungskräfte bestätigen, dass eine klar definierte Risikostrategie existiert, die regelmäßig aktualisiert wird. Allerdings verbleiben besorgniserregende 40 Prozent, die keine regelmäßigen Updates durchführen oder keine klare Risikostrategie vorhalten.

Investitionen in Ausbildung und Personalbeschaffung

Die Mehrzahl der Führungskräfte bestätigt, dass fehlende Risikomanagement-Expertise ein wichtiger Treiber der Krise war. Mehr als die Hälfte der Entscheider weist daher darauf hin, dass die Investitionen in Ausbildung und Personalbeschaffung erhöht werden.

Problem beim Silo-Denken im Risikomanagement

Die Finanzkrise hat verdeutlicht, dass unterschiedliche Risiko- und Datensilos dazu führen, dass Risikokonzentrationen massiv unterschätzt werden. Sie führen zu inkonsistenten und redundanten Daten, die einen transparenten Überblick über eine mögliche Beeinträchtigung laufender Prozesse verhindern. In einer solchen Umgebung, mit fehlender oder mangelhafter Datenkonsistenz, ist ein vorausschauendes Risikomanagement ebenso unmöglich wie eine schnelle Reaktion auf Marktentwicklungen.

Basierend auf der aktuellen Umfrage ist weniger als die Hälfte der Befragten zuversichtlich, dass sie die Interaktion von Risiken bereichsübergreifend verstehen. So wird u. a. eine schlechte Kommunikation zwischen den Abteilungen als ein wesentliches Hemmnis für ein wirksames Risikomanagement gesehen.

Der Kampf mit der Qualität und Verfügbarkeit von Daten

Heute erkennt die Mehrzahl der Finanzdienstleister, dass die Qualität und Verfügbarkeit der Daten verbessert werden muss. Die Erhebung, Speicherung und Aggregation der Daten ist in vielen Banken und Versicherungen die Achillesferse. Lediglich 39 Prozent der Befragten glauben, dass sie in diesem Bereich Fortschritte gemacht haben.

Grosses Bild > Rebuilding Trust: Next Steps for Risk Management in Financial Services
 

Download: "Rebuilding Trust: Next Steps for Risk Management in Financial Services"



[Bildquelle oben: iStockPhoto]

Kommentare zu diesem Beitrag

Jan /19.09.2010 23:30
Völlig richtig, die Fokussierung auf die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften (Compliance) vernebelt nicht selten den Blick auf das Wesentliche. Auch die Diskussion um Basel III und die neue Regulierung blendet viel zu stark die betriebswirtschaftliche Seite aus. Risk Management ist ein strategisches Werkzeug zur Unternehmenssteuerung ... und Teil einer wertorientierten Unternehmenssteuerung!
Beat /20.09.2010 21:04
Die grösste Huerde sehe ich vor allem in den siloorientierten Organisationsstrukturen der Finanzdienstleister. So kann Risk Management nicht funktionieren. Hier könnte von Industrieunternehmen einiges gelernt werden. Die sind integrierter organsisiert ...
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