Die deutschen Aufsichtsbehörden hegen erhebliche Meinungsunterschiede über die Zukunft der Referenzzinssätze für die Finanzbranche. Während die Bundesbank auf eine Reform für die Ermittlung von wichtigen Zinssätze wie den Libor setzt, hat die Finanzaufsicht Bafin offen eine Abschaffung ins Spiel gebracht, wie das Handelsblatt berichtet. "Man muss realistisch sein: Den Libor wird man nicht über Nacht ersetzen können", sagte Bundesbankvorstand Andreas Dombret der Zeitung. "In Zukunft könnte es aber auch andere Referenzzinssätze geben, was wir begrüßen würden."
Die Bafin-Präsidentin Elke König hatte Zweifel daran geäußert, "ob die Ermittlung von Sätzen wie Libor und Euribor überhaupt nachhaltig reformiert werden kann". Ihrer Meinung nach müsse nicht nur an einer "Generalüberholung" der Sätze arbeiten werden, sondern auch am "Ersatz des Systems".
Der Skandal über eine mutmaßliche Manipulation des Libor und anderer Zinssätze durch eine Reihe von Großbanken hat die Finanzbranche erschüttert und beschäftigt seit Monaten die Aufsichtsbehörden. Der Libor-Zins wird täglich ermittelt und soll anzeigen, zu welchen Sätzen sich Banken untereinander Geld leihen. Er basiert auf von außen kaum nachprüfbaren Angaben der Banken und bildet die Grundlage für billionenschwere Finanzgeschäfte rund um den Globus.
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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich besorgt über die weltweiten Wechselkursmanipulationen und die Entwicklung in Japan gezeigt. "Ich bin nicht sorgenfrei mit Blick auf die Wechselkursmanipulationen und auch nicht völlig sorgenfrei im Augenblick hinsichtlich Japan", sagte Merkel beim Weltwirtschaftsforum in Davos.
Zur Bekämpfung des jahrelangen Preisverfalls hat die Bank of Japan (BoJ) am Dienstag ihr mittelfristiges Inflationsziel von 1 auf 2 Prozent erhöht und einen unbefristeten Ankauf von Staatsanleihen und anderen Wertpapieren ab 2014 beschlossen.
Die Notenbank erfüllt damit entsprechende Forderungen der neuen Regierung von Ministerpräsident Shinzo Abe. Japans neuer Regierungschef verlangt von der Notenbank seit seinem Amtsantritt im Dezember ein noch stärkeres Öffnen der Geldschleusen. Mit der lockeren Geldpolitik soll die lahmende Konjunktur angekurbelt werden.
Merkel warnte vor einer Instrumentalisierung der Notenbanken durch die Politik. Notenbanken könnten die strukturellen Probleme nicht lösen und nicht als "Ausputzer" von politischen Fehlentscheidungen fungieren. Notenbanken könnten allenfalls eine Art Überbrückungsfunktion in Krisen übernehmen. Das habe die Europäische Zentralbank (EZB) getan. Dabei hat sie nach Ansicht Merkels ihr Mandat "bis an den Rand" des Erlaubten genutzt. Makroökonomische Schwächen jedoch könnten Zentralbanken "nicht ewig übertünchen", warnte die Kanzlerin.
Anshu Jain, Co-Vorsitzender des Vorstandes der Deutschen Bank, muss laut einem Pressebericht in der Affäre um Zinsmanipulationen voraussichtlich keine persönlichen Sanktionen der deutschen Finanzaufsicht BaFin fürchten. Eine Abberufung als Vorstand sei derzeit kein Thema, sagten mehrere mit den Untersuchungen vertraute Personen der "Welt am Sonntag" (WamS).
Persönliche Verfehlungen seien ihm nicht vorzuwerfen, heißt es in Aufsichtskreisen, die betroffenen Mitarbeiter arbeiteten mehrere Hierarchieebenen unter ihm. Und in eine Gesamtverantwortung könne man ihn rechtlich kaum nehmen. Schließlich habe er bis Anfang 2009 nicht im Vorstand der Bank gesessen. Die Einschätzung der Aufsicht dürfte sich nur ändern, wenn in der Angelegenheit neue Vorwürfe gegen Jain auftreten würden, heißt es in dem Bericht weiter.
Eine Sprecherin der Deutschen Bank wollte den Bericht am Samstag gegenüber Dow Jones Newswires nicht kommentieren. Die BaFin war für eine Stellungnahme kurzfristig nicht erreichbar.
Seit Monaten ermitteln Aufseher in Europa und den USA gegen Banken, die an der Manipulation der Referenzzinssätze Libor und Euribor beteiligt gewesen sein sollen. Die Deutsche Bank gehört zu den Beschuldigten. Sieben Mitarbeiter mussten das Unternehmen bereits wegen einer möglichen Verwicklung in die Affäre verlassen. Aktive und ehemalige Vorstände hatte Aufsichtsratschef Paul Achleitner dagegen bereits vergangenen Sommer für unschuldig erklärt.
Die Aufsicht habe Jain dennoch besonders im Blick, weil er zur fraglichen Zeit oberster Chef der Investmentbank und damit der beschuldigten Händler war, schreibt das Blatt. Umso mehr verlange man glaubwürdige Belege für eine innere Umkehr. "Wir haben sehr genau im Blick, wie konsequent er in dieser Sache handelt, wie schnell belastete Mitarbeiter die Bank verlassen", zitiert die WamS Aufseherkreise.
Die Deutsche Bank hatte erst kürzlich mitgeteilt, sie prüfe, inwieweit sie gerichtlich gegen möglicherweise betrügerische Händler vorgehen kann. "Im Zuge unserer internen Untersuchung prüfen wir alle Optionen, um Maßnahmen gegen Personen zu ergreifen, wenn deren Fehlverhalten erwiesen ist. Dazu können auch rechtliche Schritte gehören", erklärte die Bank.
Die Deutsche Bank kommt bei ihren internen Untersuchungen im Skandal um die Manipulation der Zinssätze Euribor und Libor voran. Nachdem bislang zwei Händler im Zusammenhang mit Libor-Manipulationen suspendiert worden sind, wurden nun fünf weitere Mitarbeiter freigestellt. Das sagte eine mit dem Vorgang vertraute Person zu Wall Street Journal Deutschland. Diese waren im Geldhandel auch für die Festsetzung des Euribor zuständig und auf niedrigen bis mittleren Hierarchiestufen angesiedelt, wie die Person sagte.
Die Deutsche Bank verwies auf die bisherige Stellungnahme, wonach sie Mitarbeiter mit einem „unangemessenen Verhalten" suspendiert oder entlassen hat. Die Führung der Bank wusste nichts von den Verfehlungen, hatte Aufsichtsratschef Paul Achleitner betont.
Die Aufsichtsbehörden in Deutschland, Großbritannien und den USA ermitteln mit Hochdruck, inwieweit Bankenmitarbeiter tatsächlich die Zinsen manipuliert haben. Auf den Euribor und Libor basieren Finanztransaktionen in Billionenhöhe. Bei den Ermittlungen gerät der Euribor zunehmend in den Fokus. Die Untersuchungen laufen in Deutschland seit Sommer vergangenen Jahres. Nachdem sich die RBS an diesem Mittwoch auf eine Strafzahlung von 613 Millionen US-Dollar geeinigt hat, wird als nächstes ein Ergebnis bei der Deutschen Bank erwartet.
Bei der RBS waren wohl 21 Mitarbeiter involviert. Der Chef des RBS-Investmentbanking, John Hourican, wird als Konsequenz seinen Hut nehmen. Die RBS hob hervor, dass Hourican an der mutmaßlichen Zinsmanipulation nicht beteiligt war. Bei der Deutschen Bank fallen die Verfehlungen unter den damaligen Bereich des jetzigen Co-Vorstandschefs Anshu Jain: das Investmentbanking.
Die schweizerische Großbank UBS hatte in dem Zusammenhang bereits 1,4 Milliarden Franken zahlen müssen, um sich freizukaufen. Die britische Bank Barclays war mit der Zahlung von rund 450 Millionen US-Dollar deutlich glimpflicher davongekommen.
Offiziell gibt es kaum Aussagen der Bank zu den Manipulationen. Sowohl bei der Pressekonferenz Ende Januar als auch bei der Anhörung vor dem Ausschuss des Bundestages waren die Aussagen des zuständigen Vorstands, Stephan Leithner, äußerst knapp. Das ist verständlich: Jede Aussage kann gegen die Bank verwendet werden. Auch wenn sie sich mit den Behörden auf Strafzahlungen einigt, ist das noch lange nicht das Ende vom Lied. Vor allem in den USA scharen klagefreudige Investoren, die sich durch die Manipulationen geschädigt sehen, schon mit den Füßen.
In Deutschland sorgte eine Klage von Metzler Investment bereits im Herbst 2011 für Schlagzeilen. Das Investmenthaus hatte sich einer Sammelklage mit anderen Kapitalanlagegesellschaften angeschlossen, die sich gegen mehr als zwanzig Institute in den USA richtet. Zu den beklagten Instituten gehört auch die Deutsche Bank. Der Fall läuft noch.
Indes versucht die Deutsche Bank wenigstens an anderer Stelle Geld zu sparen. Sie will im Libor-Skandal Bonuszahlungen in Millionenhöhe so lange einfrieren, bis Klarheit herrscht. So hat die Bank einen der verdächtigen Händler nicht nur entlassen, sondern auch Bonuszahlungen an ihn von 40 Millionen Euro auf Eis gelegt. Das sagte eine mit der Angelegenheit vertraute Person.
Eine Gruppe um den Händler Christian Bittar war bei der Deutschen Bank nach Angaben eines Insiders für Geschäfte zuständig, die sich auf wichtige Zinssätze wie Libor oder Euribor bezogen. Bittar soll auch versucht haben, sich mit Händlern anderer Banken zusammenzutun, um diese Zinssätze zu beeinflussen.
Händler wie er wurden prozentual an den Gewinnen beteiligt, die sie der Bank einbringen. Die Entlohnung wurde üblicherweise zeitlich gestreckt: Der Bonus bestand aus einem Baranteil und Aktienanteilen, die über drei Jahre ausbezahlt wurden. Die Deutsche Bank schloss den Bereich des Eigenhandels, in dem Bittar arbeitete, Ende 2008. Er war einer von zwei Händlern, die 2011 schon in Verbindung mit den versuchten Manipulationen entlassen wurden.