Wie Computer denken

Digital


Jürgen Beetz (2019): Digital – Wie Computer denken, 393 Seiten, Springer Fachmedien, Wiesbaden 2019, ISBN 3-662-58630-3 Rezension

Kein Tag vergeht, an dem nicht ein Bericht oder ein Artikel über die Digitale Zukunft veröffentlicht wird. Neue disruptive Technologien und die Digitalisierung greifen mittlerweile in alle Bereiche des gesellschaftlichen und wirtschaftliche Handelns ein. Informationen sind überall in Echtzeit verfügbar. So zumindest die Versprechungen der IT-Konzerne. Was ist aber Digitalisierung? Ist es der Blick eines Roboters auf die reale Welt? Wie werden Daten verknüpft und was versprechen sich die IT Konzerne und Staaten von Big Data und "Artificial Intelligence" (AI), in der deutschen Sprache häufig fälschlicherweise mit "Künstlicher Intelligenz" übersetzt? In welchem Zusammenhang steht die Binäre Logik mit AI?

Die ersten Webstühle wurden nach dem binären System über Lochkarten gesteuert. Der Erfinder Joseph-Marie Jacquard erfand 1805 die Jacquard Maschine zur Herstellung von figurenreichen Stoffen. Er löste damit eine Evolution in der Produktionstechnik aus, da es zuvor nur in Handarbeit möglich war, Stoffe mit komplizierten Mustern zu erstellen. Um die aktuelle Diskussion um Digitalisierung und Künstliche Intelligenz zu verstehen, ist ein Blick in die Geschichte sehr hilfreich. Und diese Reise von der Entwicklung der Programmiersprache bis in die heutige Zeit unternimmt auch Jürgen Beetz, Autor des Buches "Digital – Wie Computer denken". In einfacher und verständlicher Sprache und mit vielen konkreten Beispielen werden sowohl die technischen Funktionsweisen klassischer Computer als auch neuronaler Netze beschrieben. So lernen die Leser zunächst, wie Computer funktionieren und "denken".

Aber dem Autor geht es nicht nur um das Verständnis von Computern. Durch immer leistungsfähigere Computer in Kombination mit Big Data können immer mehr Daten gespeichert und verarbeitet werden. Und immer mehr Daten einzelner Personen werden gesammelt, so dass die Auswirkungen auf jeden Einzelnen oder die Gesellschaft insgesamt noch nicht abzuschätzen sind.  

Ein Beispiel zur Veranschaulichung: Das von der IBM entwickelte Produkt der "Intelligent Video Analytics" ermöglicht es, digitale Videos in wertvolle Informationen umzuwandeln. Es handelt sich hierbei um eine Videoanalyselösung, die einen umfangreichen Satz von Metadaten erzeugt, die bewegliche Objekte in einem Videostrom oder einem aufgezeichneten Video einer überwachten Umgebung beschreiben. Diese Daten werden in einer Datenbank gespeichert, die eine schnelle Suche, Korrelation und Analyse unterstützt. Somit ist es nur noch eine Frage der Zeit, wann über Gesichtserkennung die Möglichkeit besteht herauszufinden, wann wer sich wo aufgehalten hat. Wer nun glaubt, er habe nichts zu verbergen, sollte sich genauere Gedanken über Blogs, E-Mails und Gewohnheiten im Internet machen. Denn Google, Amazon etc. speichern jede Nutzeraktivität, analysieren und überwachen Daten und Verhaltensweisen. Der Weg zur Beeinflussung des Individuums ist nicht mehr fern.  

Aber es gibt auch Gegenbeispiele für eine sinnvolle Nutzung von AI. So wurde auf RiskNET am 21.Oktober 2019 ein Artikel zum Thema AI veröffentlich. Dort haben Datenanalyse-Experten der Rückversicherers Munich Re gezeigt, wie neben internen Daten auch externe, öffentlich zugängliche Daten, zum Beispiel zur Geografie, Gebäuden, Wetter oder sozioökonomische Daten mit Hilfe maschinellen Lernens die Ursachen für Schäden herausfinden, um so präventiv gegensteuern zu können. So können Risikoeintritte verhindert werden.

Auch werden mit Hilfe von AI und neuronalen Netzen Wetterprognosen und Klimaveränderungen exakter prognostizierbar.

Mit interessanten, lehrreichen und nachdenklichen Beschreibungen über AI, soziale Netzwerke, Hacker, Roboter, Überwachung und viele weitere Themen schildert der Autor die Auswirkungen der Digitalisierung auf unser Leben.  

Positiv anzumerken sind das Personen- und Sachregister, die Fußnoten mit vielen weiterführenden Informationen und Links.

Welche Konsequenzen und Schlüsse zieht der Autor aus seinen Erläuterungen? Auf Seite 358 stellt er folgende These auf: "Ich glaube, dass sich die Entwicklung der 'digitalen Vernetzung' weder überschauen noch bremsen, noch in ihren Auswirkungen beurteilen lässt. Auf jeden Fall sind wir weitergekommen, als 'sich der kleine Moritz vorstellt'. Umso vorsichtiger sollten wir unsere nächsten Schritte bedenken und abwägen."

Mit dieser Aussage bleibt der Autor meines Erachtens ein Schritt hinter der wichtigsten Frage stehen. Der Frage nämlich, wer in der Zukunft die Hoheit über die Daten haben soll? Sollen dies privatwirtschaftliche Konzerne wie Amazon, Alibaba oder Google sein? Oder sollen es Staaten sein? Welche Gefahren sind hier für die Gesellschaft zu erwarten?

Fazit: Wer ein kluges, informatives, sachkundiges und gut verständliches Buch über die Digitale Welt lesen möchte, dem sei dieses Buch empfohlen.

[ Bildquelle Titelbild: Springer Fachmedien ]
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