Datenskandale, Finanzpleiten oder Naturkatastrophen. Unternehmen stehen lokal, national und global vor großen Herausforderungen, wenn es um das Bewerten und Bewältigen unterschiedlicher Risikoszenarien geht. Damit Gefahrenpotenziale dauerhaft verringert und Chancen genutzt werden können, ist ein durchgängiges Verständnis von Risikomanagement als Teil der strategischen Unternehmensführung erforderlich.
Dies vor Augen stellt sich die Frage nach dem Status quo im Risikomanagement. In welchen Branchen wird ein aktives Risikomanagement betrieben? Welche Erfahrungen sind Teil der Entscheidung für ein zukunftsweisendes Risikomanagement und wie werden die dazugehörigen Prozesse und Methoden in der eigenen Organisation implementiert, umgesetzt und gelebt? Und vor welchen Hürden stehen Unternehmen beim Thema Risikomanagement? Auf diese Fragen liefert das "Chancen-/ Risiko-Radar 2013" fundierte Antworten. Initiiert von Avanon, einem Unternehmen der Thomson Reuters GRC, und durchgeführt durch die Experten des Kompetenzportals RiskNET, erlaubt die Studie einen tieferen Einblick zu Strategien des Risikomanagements in Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen.
Mehr als 580 Unternehmensvertreter aus verschiedenen Verantwortungsbereichen – vom CEO über Geschäftsführer sowie den Leitern des Risikomanagements oder Controllings – beteiligten sich an der rund 6-wöchigen Studie. Ergänzt wurden die empirischen Ergebnisse durch ausgewählte Experteninterviews. Dank ihrer Mithilfe ist dieses umfassende Werk zum "Chancen-Risiko-Radar 2013" entstanden.
Die eigene Erfahrung hat den Vorteil vollkommener Gewissheit
Von Konfuzius wissen wir, dass es dreierlei Wege gibt, klug zu handeln: erstens durch Nachdenken, das ist der Edelste, zweitens durch Nachahmen, das ist der Leichteste, und drittens durch Erfahrung, das ist der Bitterste.
Bei der Mehrheit der Studienteilnehmer überwiegen eigene historische Erfahrungen als Hauptmotiv für das Etablieren eines Risikomanagements oder Compliancemanagements in der eigenen Organisation. Möglicherweise hat die eigene Erfahrung den Vorteil der vollkommenen Gewissheit. Die feste Überzeugung: Die Krisen, die von anderen Unternehmen und Branchen bekannt sind, können uns als Unternehmen nicht treffen. Denn wir sind besser und haben alles im Griff.
Die Ökonomen Kenneth Rogoff und Carmen Reinhart hatten in ihrem aktuellen Buch "Dieses Mal ist alles anders" das "This time is different"-Syndrom analysiert. Er besteht in der festen Überzeugung, dass Krisen nur anderen Menschen in anderen Ländern und zu anderen Zeiten passieren; jetzt, hier und bei uns kann es keine Krise geben. Wir machen alles besser, wir sind klüger, wir haben aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt. Pure Selbstüberschätzung – wie uns eine Analyse der Ursachen und Verläufe der Finanzkrisen der vergangenen Jahrhunderte vor Augen führt. Die Autoren zeigen auf, dass es wohl in der menschlichen Natur liegt, dass wirklich schlimme Dinge nur den anderen passieren und nicht einem selbst.
Reputationsrisiken dominieren die Risikolandkarte der Unternehmen
Risikomanagement und Business Continuity Management überwiegen bei der Verknüpfung des Themas Risikomanagement mit weiteren Themen. Potenzielle Reputationsrisiken erzielen den meisten Studienzuspruch in allen Branchen, gefolgt von politischen Risiken. Bei Finanzdienstleistern überwiegt der Bereich "Regulierung/Gesetze/Compliance". Im Umfeld von Corporate Governance dominiert branchenübergreifend die Unternehmens- und Risikokultur als größtes Risikopotenzial, während Kommunikationsrisiken bei Finanzdienstleistern dominieren.
Im Bereich der Risikomethoden dominieren bei Kollektionsmethoden Interviews sowie Checklisten. Analytischen Methoden sind vielfach unbekannt oder kommen praktisch nicht zum Einsatz. Analog zu den analytischen Methoden sind auch Kreativitätstechniken vielfach unbekannt beziehungsweise finden in der Praxis keine bis wenig Anwendung. Die bevorzugte Kreativitätsmethodik im Bereich der Risikoanalyse ist das Brainstorming, gefolgt von Szenarioanalysen. Nur etwas mehr als Ein-Viertel der Befragten wissen um den Mehrwert eines unternehmerischen Risikomanagements oder Compliancemanagements.
Optimierungspotenziale beim unternehmerischen Risikomanagement sehen die Mehrheit der Studienteilnehmer im Bereich der Risikokultur. Bei den IT-Werkzeugen dominieren Excel und Tabellenkalkulationen.
Nachfolgend haben wir die wesentlichen Ergebnisse des Chancen-Risiko-Radars 2013 zusammengefasst:
- Bei den Motivtoren für ein Risikomanagement ist auffällig, dass es eher um eine "reaktive Motivation" geht. Das heißt, erst aus scheinbar schlechten Erfahrungen zu lernen und deshalb ein Risikomanagement zu etablieren. Stichwort: reaktiv statt aktiv! Hinzu kommt die "Daumenschraube" der Gesetze, die ebenfalls zu einem Handeln veranlasst. Die Frage: Wäre ohne sich ändernde gesetzliche Rahmenbedingungen nichts passiert? Gleiches gilt für den zunehmenden Wettbewerbsdruck. In der Schlussfolgerung passiert scheinbar ohne Druck nichts.
- Risikomanagement wird in den meisten Fällen noch als das "Vermeiden von Wagnissen" verstanden und weniger als das "Erkennen von Chancen". Die Wahrnehmung der Akteure verhaftet zu stark im Negativen. Es dominieren die Downside-Risikomanager.
- Bei den externen Risiken überwiegen bei den Befragten mögliche Reputationsrisiken, gefolgt von politischen Risiken. Beides Themenkomplexe, gegen die man sich mit einer "sauberen" und professionellen Kommunikation nach außen und innen weitgehend schützen kann. Dem Motto folgend: Gute Kommunikation fängt zuhause an. In diesem Kontext steht auch die Unternehmens- und Risikokultur. Ebenfalls eine Frage der internen Kommunikation.
- Die Mehrheit der befragten Unternehmen verfolgt eine Risikoanalyse über einen Betrachtungshorizont eines Jahres. Ein Umstand, der aufgrund zunehmender strategischer, wirtschaftlicher und sozialer und politscher Faktoren als zu kurz angesehen werden kann. Viele Risikofaktoren bedürfen eine längerfristigen Analyse und Auswertung.
- Eine Mehrzahl der Unternehmensvertreter sieht einen klaren Optimierungsbedarf in der eigenen Risikokultur. Diese hängt im Wesentlichen von einer internen "Reinheit" der Kommunikation ab. Das heißt im Umkehrschluss: Eine gute Kommunikation nach innen und außen stärkt die Unternehmenskultur und damit die Risikokultur in der eigenen Organisation.
- Die Studie zeigt abschließend auf, dass die Mehrheit der Befragten Tabellenkalkulationen als Software-Werkzeuge Nummer Eins im Risikomanagement einsetzt. Erstaunlich bei weitaus besseren Analysewerkzeugen, die mittlerweile zur Verfügung stehen. Trotzdem setzt doch eine Vielzahl der Anwender auf "Old-School-Methoden", um kritische Unternehmensbereiche zu betrachten.
Download des aktuellen "Chancen-Risiko-Radar 2013" in der RiskNET eLibrary:
[Bildquelle oben: © kangshutters - Fotolia.com]
Kommentare zu diesem Beitrag
!! Das gilt auch im Risk Management. Nicht wenige Unternehmen müssen aber erst so schmerzhaft Erfahrungen sammeln, bis der Markt sie aussortiert hat !!!