Der Vorstandschef der Commerzbank, Martin Blessing, erwartet von Europas Spitzenpolitikern weitere Strukturreformen. Die Europäische Zentralbank (EZB) habe nach der Finanzkrise mit einer lockeren Geldpolitik die Eurozone stabilisiert und der Politik damit viel Zeit verschafft. "Die Politiker müssen ihren Teil aber noch beitragen", sagte Blessing beim European Banking Congress in Frankfurt.
Strukturreformen seien auch das geeignete Mittel, um die Kreditvergabe, insbesondere in den südlichen Euro-Ländern, anzukurbeln. "Wenn ich mit unseren Kunden spreche, stelle ich nicht fest, dass es an Angeboten für Kredite mangelt", so Blessing. Im Gegenteil: Es gebe angesichts der unsicheren Wirtschaftsaussichten in Europa wenig Nachfrage aus den Unternehmen.
Wie in den vergangenen Wochen bereits von der Bundesbank und der Bafin erwähnt, hält auch der Commerzbank-Chef eine Verkleinerung des europäischen Bankensektors für notwendig. "Europa hat zweifellos ein fragmentiertes Bankensystem. Es ist möglich, dass wir bis zu einem bestimmten Grad Konsolidierung sehen. Es ist nur wichtig, dass Regulierungsvorhaben wie der Abwicklungsmechanismus diese Konsolidierung nicht verhindern", sagte Blessing.
Deutsche-Bank-CFO fordert klare Führung für Europa
Der Finanzvorstand der Deutschen Bank fürchtet, dass Europa gegenüber den USA und China ins Hintertreffen geraten wird. "Wir verlieren in den kommenden fünf bis zehn Jahren Anteile am weltweiten BIP an die USA, und wir werden auf lange Sicht auch Platz zwei (als Wirtschaftsmacht) an China verlieren", sagte Stefan Krause beim European Banking Congress. Das liege daran, dass sich Europa in den vergangenen Jahren vor politischen Reformen gescheut und sich so "durchgewurstelt" habe.
"Die Unternehmen, mit denen wir sprechen, haben volle Auftragsbücher und exportieren nach China wie verrückt", sagte Krause. Die Unsicherheit über den politischen Weg und das Wachstum in Europa verhindere dagegen Investitionen. Doch statt zunächst strukturelle Probleme zu beseitigen, gehe Europa den riskanteren Weg der expansiven Geldpolitik.
Damit die Aussichten weniger trüb sind, brauche Europa eine Strategie, "wie ein Unternehmen, das eine Vorwärtsstrategie hat, um zu wissen, welche Schritte es gehen muss". Dafür brauche Europa aber auch jemanden, der die Entscheidung für diese Strategie treffen. "Ich würde ein bisschen mehr Führung verlangen", sagte Krause.