EZB-Präsident Mario Draghi sieht die Ursachen der europäischen Schuldenkrise in der mangelhaften Abstimmung der Euro-Länder in der Finanz- und Wirtschaftspolitik. Bei einer Preisverleihung in Potsdam forderte der Währungshüter eine Reform der Institutionen in der EU und der Eurozone: "Die lockere Koordination gewährleistet weder Stabilität noch erleichtert sie ein effektives Krisenmanagement. Der institutionelle Rahmen des Eurogebiets muss daher überprüft werden, um der Währungsunion eine solidere Basis zu geben", sagte der Notenbanker laut Manuskript. Zuvor war er im Schloss Sanssouci mit dem "M100-Medienpreis" ausgezeichnet worden.
Draghi warnte davor, in Zeiten der Krise die Wirtschaftspolitik wieder jedem Land selber zu überlassen. Dieser Weg ist aus seiner Sicht nicht gangbar, weil die Volkswirtschaften zu verflochten sind. Daher bleibe nur die Schaffung einer neuen Architektur für dieses Europa. Der EZB-Chef sieht sie in einer stärkeren Bündelung von staatlichen Kompetenzen in Brüssel.
"Unsere Vision für die Wirtschafts- und Währungsunion basiert auf vier Säulen - Fiskalunion, Finanzunion, Wirtschaftsunion und politische Union." Die ersten drei Säulen sollen die Wirtschaftspolitik für den Währungsblock, aber auch für die gesamte EU steuern und so Ungleichgewichte verhindern. Die politische Union wird sich nach Draghis Überzeugung parallel entwickeln.
Der Zentralbank-Chef versuchte, seinen Zuhörern die Sorge um den Euro zu nehmen. Er sei die zweitwichtigste Währung auf der Welt. Sein Anteil an den globalen Devisenreserven betrage ein Drittel. Der EZB-Präsident bat die anwesenden Politiker, Journalisten und Verleger, in der Berichterstattung über Europa nicht in verstaubte Klischees zurückzufallen. "Was in anderen Mitgliedsländern geschieht, geht uns alle etwas an."
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