Staatsanleihenkauf-Programm (OMT) der Europäischen Zentralbank

Eine historische Entscheidung


Eine historische Entscheidung: Staatsanleihenkauf-Programm (OMT) der Europäischen Zentralbank News

Das deutsche Verfassungsgericht bereitet gegenwärtig die wohl wichtigste Entscheidung seiner Geschichte vor, denn es wird zum Staatsanleihenkauf-Programm (OMT) der Europäischen Zentralbank (EZB) Stellung nehmen. Danach kann die EZB in unbegrenztem Umfang Staatspapiere notleidender Länder aufkaufen, wenn diese Länder sich den Regeln des Europäischen Rettungsmechanismus (ESM) unterwerfen. Viele Beobachter vermuten, dass das Verfassungsgericht das OMT-Programm akzeptiert, weil es bereits den ESM akzeptiert hat. Ich vermute genau das Gegenteil.

Der Grund liegt in der Parallelität zwischen dem OMT-Programm der EZB und dem entsprechenden Programm des ESM, der sogenannten Secondary Market Support Facility (SMSF). Beide Programme sehen den Kauf von Staatspapieren auf dem Sekundärmarkt vor, werden unter nahezu identischen Bedingungen durchgeführt - nämlich der Unterwerfung des hilfesuchenden Staates unter die Regeln des ESM - und bieten kostenlosen Versicherungsschutz für die Käufer von Staatspapieren, wie er sich in Form von CDS-Versicherungen auch am Markt erwerben ließe.

Leistungen zur Kompensation von Schäden sind bislang weder vom einen noch vom anderen Programm erbracht worden, aber wie bei allen Versicherungen wird die ökonomische Wirkung bereits durch das Schutzversprechen an sich entfaltet. Das Schutzversprechen verringert die Zinsen, zu denen die Krisenstaaten sich verschulden können, und leitet wieder mehr privates Sparkapital vom deutschen Immobilienmarkt in deren Staatsapparate. Das dämpft den deutschen Bauboom, der das Wachstum der letzten drei Jahre maßgeblich getragen hat. Zugleich vermindert es die Anpassungslasten der Krisenländer und schwächt die Reformkräfte, die auf dem Wege über staatliche Ausgabenkürzungen und schmerzliche Sozialreformen auf eine Preiszurückhaltung hinwirken, durch die allein innerhalb des Euro-Verbunds eine Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit erreicht werden kann.

Der Unterschied zwischen dem OMT-Programm der EZB und dem SMSF-Programm des ESM liegt nur in der Höhe des gebotenen Versicherungsschutzes. Während die Haftung beim SMSF-Programm begrenzt ist, ist sie beim OMT-Programm unbegrenzt.

Das Verfassungsgericht hatte die Bundesregierung im letzten September gebeten, eine völkerrechtlich bindende Erklärung von den anderen Euro-Ländern zu verlangen, nach der eine gesamtschuldnerische Haftung beim ESM ausgeschlossen ist, weil der ESM-Vertrag in diesem Punkt unklar formuliert war. Damit wurde die deutsche Haftung von 700 Milliarden Euro auf 190 Milliarden Euro verringert. Es ist schwer vorstellbar, dass das Gericht nun die unbegrenzte Ausweitung der deutschen Haftung durch das OMT-Programm der EZB akzeptieren wird.

Die Parallelität der Programme impliziert einen Ultra-vires-Verdacht (Verdacht auf Kompetenzüberschreitung) für mindestens eine der beiden Institutionen, ESM auf der einen und EZB auf der anderen Seite. Wenn die Staatspapierkäufe geldpolitische Operationen sind, wie die EZB behauptet, dann überschreitet der ESM seine Kompetenzen. Und wenn sie fiskalischen Charakter haben, dann geht die EZB zu weit. Aus logischen Gründen verhält sich also mindestens eine der beiden Institutionen vertragswidrig. Gerade weil das Verfassungsgericht bereits grünes Licht für den ESM gegeben hat, kann das nur die EZB sein.

Manchmal wird behauptet, die Programme seien insofern unterschiedlich, als mögliche Abschreibungsverluste der EZB auf marode Staatspapiere nur virtuellen Charakter hätten und keine echten Verluste für die beteiligten Staaten seien. Es gebe keine Nachschusspflicht der Staaten bei Verlusten ihrer Notenbanken. Die Notenbanken könnten mit negativem Eigenkapital weiterarbeiten, ohne dass die Staaten die Verluste tragen müssen. Aber diese Behauptung ist falsch, denn natürlich schlagen die Verluste an Zins- und Tilgungsleistungen bei ausfallenden Staatspapieren im Portfolio der EZB über verminderte Gewinnausschüttungen in voller Höhe auf den Bundeshaushalt durch, so wie es die Verluste beim Rettungsschirm ESM tun. Die Verluste erzeugen eine Finanzierungslücke, die der Steuerzahler schließen muss. Die einzige Möglichkeit, dies zu verhindern, liegt in der inflationären Ausweitung der Geldmenge, denn sie würde die Verluste auf die Geldhalter verlagern. Sie wird jedoch durch Artikel 127 des Unionsvertrags ausgeschlossen.

Befürworter des OMT-Programms führen an, dass die Ankündigung, die Papiere eines Staates im Notfall zu kaufen, die Märkte sichtlich beruhigt hat. Unter den multiplen Gleichgewichten, die am Kapitalmarkt möglich seien, wähle das OMT ein gutes Gleichgewicht mit niedrigen Zinsen aus, das den Südländern die Fortsetzung der Verschuldung erlaube. Mit der bloßen Beobachtung der Marktberuhigung haben sie sicher recht, doch übersehen sie, dass diese Beruhigung dadurch zustande kam, dass das Investitionsrisiko den Steuerzahlern der noch gesunden Länder zugeschoben wurde. Die müssten nun eigentlich beunruhigt sein und wären es auch, würden sie die Dinge in ähnlicher Weise durchschauen, wie es die Akteure an den Finanzmärkten tun. Ihre Unkenntnis und ihr gutmütiges Vertrauen in die staatlichen Institutionen der Eurozone zur Marktberuhigung einzusetzen ist nicht nur zynisch und verantwortungslos, sondern letztlich auch sehr gefährlich, denn wenn sie das Spiel eines Tages doch durchschauen und sich über ihre leeren Geldbeutel wundern, werden sie vermutlich sehr aggressiv reagieren.

Wenn ein Land Gefahr läuft, in einer Verschuldungsspirale zu landen, ist es nicht die Aufgabe der EZB, es in ein besseres Gleichgewicht mit niedrigeren Zinsen zu überführen, denn die Möglichkeit, dorthin zu kommen, hat es auch selbst. Es kann seine Steuern erhöhen und damit beginnen, seine Schulden zurückzuzahlen. Oder es kann den Gläubigern Staatsvermögen als Sicherheit bieten. Dass das OMT eine Gemeinschaftsaufgabe sei, lässt sich mit dem Hinweis auf multiple Gleichgewichte nicht ohne weiteres begründen, denn ein jedes Land hat sein eigenes Gleichgewicht mit dem Kapitalmarkt.

Die Befürworter des OMT-Programms weisen ferner darauf hin, dass die Zentralbanken überall auf der Welt große Mengen an Staatspapieren kaufen, insbesondere in den USA. Aber auch das Argument zieht nicht. Da die Eurozone kein Bundesstaat ist, hat die EZB ein sehr viel engeres Mandat als die amerikanische Federal Reserve Bank (Fed). Sowohl das Verbot der Staatsfinanzierung mit der Druckerpresse nach Artikel 123 des Unionsvertrags als auch die Notwendigkeit, im Falle eines Staatskonkurses die Gläubiger statt der Steuerzahler zu belasten, wie es in Artikel 125 dargelegt ist, sind europäische Besonderheiten, die durch das Fehlen des gemeinsamen Staates erklärt wird.

Im Übrigen kauft die Fed nur Bundesanleihen und nicht etwa Papiere von einzelnen Bundesstaaten, die in Schwierigkeiten sind, wie etwa Kalifornien oder Illinois. Um Geld in die Wirtschaft zu bringen, kauft sie stets ein wohldiversifiziertes Portfolio aus privaten und staatlichen Papieren aller Regionen der USA und hält sich von den Pleitestaaten fern. Das ist das Gegenteil der regionalen Fiskalpolitik, die von der EZB betrieben wird.
Natürlich kann das deutsche Verfassungsgericht der EZB keine Weisungen erteilen. Das kann nur der Europäische Gerichtshof in Luxemburg.

Insofern ist die Bedeutung des zu erwartenden Gerichtsurteils begrenzt. Doch kann sich das Gericht eine Meinung darüber bilden, ob die Aktionen von EU-Organen mit den EU-Verträgen kompatibel sind, und falls es glaubt, dies sei nicht der Fall, kann es die Handlungen deutscher Institutionen, sogar jene des Bundestags, einschränken. Ex-Verfassungsrichter Udo di Fabio meinte gar, das Gericht könne die Bundesregierung zwingen, den Ausstieg aus dem Maastrichter Vertrag zu verhandeln, falls es ihr nicht gelinge, das OMT auszuhebeln. Ob das Gericht so weit gehen wird, ist aber fraglich.

Nach Lage der Dinge scheint es mir nur wahrscheinlich zu sein, dass das Verfassungsgericht die Rechtswidrigkeit des OMT erklären wird. Unklar ist, ob es daraus konkrete Schritte ableiten kann, die das OMT tatsächlich stoppen. Wie dem auch sei: Die Akteure auf den Finanzmärkten tun gut daran, sich auf diese Möglichkeit schon einmal gedanklich vorzubereiten.


Hans-Werner Sinn, Professor für Nationalökonomie und Finanzwissenschaft, Präsident des ifo InstitutsAutor:

Hans-Werner Sinn, Professor für Nationalökonomie und Finanzwissenschaft, Präsident des ifo Instituts

 

 

 

 

 

 

Quelle: Erschienen unter dem Titel "Eine historische Entscheidung", Handelsblatt, Nr. 127, 5./6./7. Juli 2013, S. 64; sowie in gekürzter Form unter dem Titel "Germany's Case Against the ECB", Project Syndicate, 25. Juni 2013.

 

 

[Bildquelle:© alphaspirit - Fotolia.com]



Kommentare zu diesem Beitrag

Redaktion RiskNET /10.02.2014 22:45
+++ Was Karlsruhes Verzicht für das OMT bedeutet +++

Das Bundesverfassungsgericht hat im Verfahren um das Staatsanleihekaufversprechen der EZB den Europäischen Gerichtshof (EuGH) um eine Vorabentscheidung gebeten. Die Luxemburger Richter sollen sagen, ob die von der Europäischen Zentralbank (EZB) für den Notfall zugesagten Outright Monetary Transactions (OMT) mit europäischem Recht in Einklang stehen.

Nach Meinung des Bundesverfassungsgerichts tun sie das nicht. Aber die Karlsruher Richter haben ihren Luxemburger Kollegen auch gleich vorgeschlagen, wie man diesen Verstoß reparieren könnte: Man könnte etwaige Staatsanleihekäufe der EZB in der Menge begrenzen, oder der EZB einen bevorrechtigten Gläubigerstatus einräumen, der sie vor den Auswirkungen eines Schuldenschnitts schützen würde.

Was der EuGH aus diesen Vorschlägen macht, wird über die Wirksamkeit des OMT und die künftigen Beziehungen beider Gerichte entscheiden.

Juristen sind zunächst einig darüber, dass die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, den EuGH anzurufen, eine Meilenstein in der europäischen Rechtsgeschichte ist. Von Anfang an war zwar allen klar, dass es gute Gründe für solch eine Überweisung gab. Dagegen sprach allerdings, dass Karlsruhe das zuvor noch nie gemacht hat.

Nun hat es, und das Entsetzen bei Euro-Kritikern ist groß. "Das ist ein erstaunlicher Vorgang, weil das Verfassungsgericht damit seine Kontrollfunktion abgibt und den EuGH als uneingeschränkt zuständig für europäische Angelegenheit anerkennt", sagt der Londoner Europarechtler Gunnar Beck. Letzen Endes überantworte das Gericht damit die Entscheidung über die Frage, wie weit die Kompetenzen der EU auszulegen sind, dem EuGH. Und der ist bekanntermaßen sehr europafreundlich.

Wie werden die Luxemburger Richter mit den Vorschlägen aus Karlsruhe umgehen? Darüber gehen die Meinungen auseinander. "Meine Prognose ist, dass der EuGH teilweise auf die Vorschläge des Bundesverfassungsgerichts eingehen wird", sagt Bert Van Roosebeke, Referent beim ordoliberalen Centrum für europäische Politik (CEP) in Freiburg.

"Es wäre sehr problematisch für das künftigen Verhältnis der Gerichte zueinander, wenn der EuGH sich voll gegen das Bundesverfassungsgericht stellen würde", meint der Leipziger Staatsrechtler Christoph Degenhart, der eine der klagenden Parteien vertritt.

Europarechtler Beck dagegen glaubt das nicht: "Ich halte es für unwahrscheinlich, dass der EuGH diesen Vorschlägen folgen wird", sagt er.

Tatsächlich wäre das OMT-Programm dann auch nicht mehr das, was es derzeit ist - "a priori unbegrenzt". Wir erinnern uns: OMT kommen zum Einsatz, wenn die Staatsanleihezinsen eines Landes aus Sicht der EZB zu hoch sind, wenn sie zumindest teilweise deshalb zu hoch sind, weil die Finanzmärkte unterstellen, dass das Land gegen seinen Willen zu einem Euro-Austritt gezwungen werden könnte und wenn sich das Land in einem Hilfsprogramm des Rettungsfonds ESM befindet.

Bisher ist das Programm nie zum Einsatz gekommen, es ist noch nicht mal ein ausformuliertes Programm, sondern nur ein Beschluss des EZB-Rats. Und gegen den hatten verschiedene Personen und Gruppierungen in Karlsruhe geklagt.

Nach den Mitteilungen des Verfassungsgerichts ist klar, dass es die Bedenken der Kläger weitgehend teilt: Ja - es hält so beschriebene Staatsanleihekäufe für eine unerlaubte Staatsfinanzierung mit der Notenpresse, es sieht auch eine Überschreitung des EZB-Mandats und es sieht einen "ausbrechenden Rechtsakt".

Aber trotzdem soll nun der EuGH darüber befinden, ob die EZB gegen EU-Recht verstößt. Der Grund: Deutschland hat Kompetenzen nur unter der Maßgabe an die europäische Ebene abgegeben, dass sich europäische Institutionen an gemeinsam vereinbarte Regeln halten. Ob das zutrifft, soll nun der EuGH entscheiden. Nach Meinung von Gunnar Beck ist es "ausgeschlossen", dass der EuGH das OMT als rechtswidrig einstufen wird.

Und Staatsrechtler Degenhart meint: "Der EuGH sieht sich als Motor der Integration, und dass der EuGH hier über seinen Schatten springt und uneingeschränkt das Programm verwirft, ist nicht unbedingt zu erwarten."

Gleichwohl werden die tatsächlichen Möglichkeiten der EZB, selektiv Staatsanleihen bestimmter Mitgliedsstaaten zu kaufen, durch die Kritik der deutschen Verfassungsrichter beschränkt. Nahezu alle Beobachter gehen davon aus, dass die EZB das OMT jetzt auf Eis legen wird, wenn sie auch öffentlich das Gegenteil behauptet.

Nach Degenharts Einschätzung würde es "der Achtung vor dem Gericht entsprechen, dass die EZB bis zur endgültigen Entscheidung durch EuGH und am Ende BVerG keine Schritte unternimmt, die irreversibel sind, und seinen Bedenken Rechnung trägt." Auch die Ökonomen Hans-Werner Sinn (ifo Institut) und Marcel Fratzscher (DIW), in der Sache selbst entgegengesetzter Meinung, glauben nicht, dass die EZB das OMT in der jetzigen Situation aktivieren würde.
RiskNET Redaktion /11.07.2013 15:35
+++ EZB-Direktor Coeure drängt auf Strukturreformen +++

Strukturreformen in den Euroländern und eine Wiederbelebung der Kreditvergabe sind nach den Worten von Benoit Coeure dringend erforderlich, um Wachstum und Investitionen im Euroraum wieder in Gang zu bringen. Bei einem Vortrag in Paris warnte Coeure, der Mitglied im Direktorium der Europäischen Zentralbank (EZB) ist, vor einem nachlassenden Reformeifer. "Niedrige Zinsen und verbesserte Marktbedingungen könnten den Eindruck erwecken, dass Reformen über einen längeren Zeitraum gestreckt werden können. Reformen sind aber eine dringliche Angelegenheit", sagte Coeure laut Redemanuskript.

Die EZB könne die Wirtschaft stützen und die makroökonomischen Aussichten verbessern. Die Regierungen der Euroländer müssten aber Srukturreformen durchführen, um die Investitionsbedingungen für die Unternehmen zu verbessern. Der Rückgang der Investitionen ist laut Coeure gegenwärtig der Faktor, der das Wachstum im Euroraum am stärksten hemmt. Im ersten Quartal 2013 lagen die Investitionen im Euroraum um 22 Prozent niedriger als vor der Krise im zweiten Quartal 2007. Im laufenden Jahr erwarte die EU-Kommission einen weiteren Rückgang um 2,6 Prozent.

Zur Belebung des Wachstums müsse die Kreditversorgung in allen Teilen der Eurozone wieder belebt werden, sagte Coeure. Bisher seien die Finanzierungsbedingungen in den Ländern des Euroraums weiterhin sehr unterschiedlich. Die lockere Geldpolitik der EZB habe dies nicht ausgleichen können. Daher müsse das Vertrauen im Bankensektor wiederhergestellt werden, wobei der Einrichtung einer Bankenunion im Euroraum eine Schlüsselfunktion zukomme. Zusätzlich zu der gemeinsamen Bankenüberwachung hält der Währungshüter dabei auch die Einrichtung einer zentralen Abwicklungsbehörde und eines Abwicklungsfonds für unerlässlich.

Coeure begrüßte ausdrücklich den Vorschlag der EU-Kommission zur Bankenabwicklung und kündigte an, ihn detailliert zu prüfen. Die EU-Kommission hat am Mittwoch ihren Vorschlag für einen gemeinsamen Abwicklungsmechanismus für Banken vorgelegt, der eine zentrale Behörde auf Seiten der Kommission vorsieht. Die Bundesregierung kritisiert diesen Vorschlag, da aus ihrer Sicht dafür die Rechtsgrundlage fehlt. Sie will in einem ersten Schritt ein Netz nationaler Abwicklungsbehörden schaffen.
RiskNET Redaktion /10.07.2013 18:31
+++ Berlin kritisiert Brüsseler Vorschlag zu Bankenabwicklung umgehend +++

Die Bundesregierung hat erwartungsgemäß grundsätzliche Kritik an dem am Mittwoch vorgestellten Brüsseler Vorschlag für eine zentrale EU-Behörde zur Bankenabwicklung geübt und gewarnt, damit könnte sich der Prozess der geplanten Bankenunion verzögern. "Nach unserer Auffassung überzieht der Kommissionsvorschlag die Kompetenzen der Kommission", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert bei einer Pressekonferenz. "Sie hat sie nach der derzeitigen Rechtslage nach unserer Auffassung nicht."

Der Vorschlag der Kommission sehe eine zentrale Behörde auf Seiten der Kommission vor, sagte die Sprecherin des Finanzministeriums, Marianne Kothé. "Das entspricht nicht den Vorstellungen, die wir haben."

Kern des Brüsseler Vorschlags ist die Einrichtung einer solchen zentralen Stelle bei der Kommission selbst. Berlin hat dieses Ansinnen in der Vergangenheit stets unter Verweis auf eine hierfür aus deutscher Sicht fehlende Rechtsgrundlage zurückgewiesen und gemeinsam mit Frankreich vorgeschlagen, stattdessen in einem ersten Schritt ein Netz nationaler Abwicklungsbehörden zu schaffen und später begrenzte EU-Vertragsänderungen vorzunehmen.

Seibert bekräftigte diese Haltung und warf dem zuständigen EU-Kommissar Michel Barnier vor, mit seinem Vorschlag den gewollten Prozess zu einer europäischen Bankenunion zu behindern. Barniers Vorschlag gebe der Brüsseler Behörde Kompetenzen, die sie laut deutscher Rechtsauffassung nach den geltenden Verträgen nicht haben könne. "Im Effekt heißt das, dass der nun vorliegende Vorschlag der Kommission aus unserer Sicht eben den Weg zur Bankenunion leider nicht beschleunigen, sondern verzögern wird", erklärte der Regierungssprecher. Hingegen hätte sich der deutsch-französische Vorschlag "sehr viel zügiger umsetzen lassen".

Seibert und Kothé wiesen bei der Pressekonferenz ausdrücklich Vorwürfe zurück, die Bundesregierung nehme in der Sache eine Blockadehaltung ein. "Es bleibt unser Ziel, die ins Auge gefassten wichtigen Elemente der Bankenunion nun auch wie vereinbart umzusetzen", sagte der Regierungssprecher. "Es ist nicht das Interesse der Bundesregierung, hier irgend einen Prozess im Zusammenhang mit der Bankenunion zu bremsen, sondern das Gegenteil ist der Fall", betonte die Sprecherin des Finanzministeriums.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat die Kommission erst am Dienstag bei einem Treffen der Finanzminister in Brüssel davor gewarnt, einen solchen Vorschlag zu unterbreiten. Zuvor hatte er bereits angekündigt, notfalls werde er gegen solche Vorschläge klagen. "Ich werde mit aller Kraft dagegen kämpfen, dass der Vorschlag im Rat angenommen wird", hatte Schäuble Mitte Juni bei einer Veranstaltung in Berlin gesagt. "Und wenn ich das nicht schaffe, bin ich gezwungen, den Europäischen Gerichtshof anzurufen."
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