Seit Monaten vollziehen die Strom- und Gaspreise eine Achterbahnfahrt. Volatil heißt das im Wirtschaftsdeutsch. Auf diesen Schlingerkurs auf den Strom- und Gasmärkten müssen sich auch die Energieversorger und -erzeuger einstellen.
Ein Beispiel hierfür ist die Lausitz Energie Kraftwerke AG (LEAG). Deren Leiter Vermarktung, Stefan Globig, verdeutlichte im Rahmen des jüngsten RiskNET Summit die Risiken im Energiesektor und sprach von einer "Entwicklung historischen Ausmaßes". Und so bewegen sich Energieunternehmen zwischen Liquiditätsrisiken, Kontrahentenausfall- sowie Preisänderungsrisiken. Für die LEAG bedeuten volatile Energiemärkte größere Chancen und im selben Atemzug höhere Risiken. Das bestätigt Globig: "Die Marktchancen haben sich innerhalb kürzester Zeit signifikant erhöht – allerdings auch die Ergebnis- und Liquiditätsrisiken" und fügt hinzu: "Für viele Marktteilnehmer sind Maßnahmen zur Liquiditätsabsicherung von großer Bedeutung." Damit meint der LEAG-Manager unter anderem, dass Sicherheitszahlungen ein hohes Liquiditätsrisiko für die Unternehmen darstellen. Von daher sei für ihn die Achtsamkeit in verschiedene Richtungen das Gebot der Stunde.
In seinem Vortrag "Wenn die Energiemärkte verrücktspielen: Abhängigkeit und Unsicherheit als Risiko" wies Globig auf die extremen Volatilitäten an den Strommärkten hin. So schwankte beispielsweise der Stundenpreis für Strom am 28. August 2022 zwischen 700 EUR/MWh gegen 21 Uhr und nahe 0 EUR/MWh um 15 Uhr. Dieses Beispiel unterstreicht, dass im Jahr 2022 Volatilitäten zu beobachten waren, die die Marktteilnehmer so noch nicht kannten. So haben vor allem Maßnahmen zur Liquiditätsabsicherung eine höhere Bedeutung als noch in der Vergangenheit – insbesondere im Zusammenhang mit teuren Beschaffungskosten und dem sogenannten Margining.
Margining ist dem Grunde nach ein Mechanismus, der die Risiken bei einem Ausfall des jeweiligen Geschäftspartners begrenzen soll. Steigt beispielsweise der Strompreis um 10 EUR/MWh, so muss ein Stromerzeuger bei einem an der Börse getätigten Geschäft diese 10 EUR/MWh bis zur tatsächlichen Lieferung hinterlegen. Was hier zunächst wenig erscheint, führt bei großen Positionen zu Liquiditätsbedarfen im dreistelligen Millionen- oder sogar Milliarden-Bereich.
Genau unter diesem Phänomen hatten zahlreiche Marktteilnehmer zu leiden und mussten Gegenmaßnahmen einleiten. Nach den Preisspitzen Ende August waren seitdem am Markt grundsätzlich fallende Preise zu verzeichnen. Auch die Volatilität hat sich ein wenig beruhigt. Nichtsdestotrotz führt der frühe Wintereinbruch bereits im Dezember zu einer höheren Stromnachfrage und entsprechend sinkenden Gasspeicherständen.
Für Unternehmen und Risikomanager bleibt der Winter spannend. Spätestens im Frühjahr 2023 wird sich zeigen, wie voll die Gasspeicher sind und welche alternativen Beschaffungswege zur Vorbereitung des Winters 2023/2024 zur Verfügung stehen. In jedem Fall bleibt ein hohes Maß an Unsicherheit bestehen – sowohl kurz- als auch mittel- und langfristig.
So stellt sich die Frage, wie die LEAG mit diesen Unsicherheiten umgeht? Das Gebot der Stunde heißt: Abhängigkeit nachhaltig verringern und das zum nächstmöglichen Zeitpunkt: Mit dem dimensionierten Zubau erneuerbarer Energien auf konfliktfreien Bergbaufolgeflächen in Kombination mit innovativen Speicher und emissionsarmen Kraftwerkslösungen bringt das Unternehmen Grünstromversorgung auf ein zukunftsfähiges Niveau. Im Lausitzer Revier soll mit der "GigawattFactory" - PV- und Windanlagen mit bis zu 7 GW installierter Leistung das größte Zentrum grüner Energie in Deutschland" errichtet werden. Für Globig sei das eine einzigartige Chance für die Region, um unter anderem eine preisstabile, grundlastfähige Versorgung sicherzustellen sowie Grünstrom als regionalen Standortvorteil anzubieten.
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