Europas Börsen kommen am Mittwochmittag nicht auf die Beine. Der Rücktritt des obersten Wirtschaftsberaters im Weißen Haus, Gary Cohn, sorgt für Unruhe. Der ehemalige Goldman-Sachs-Banker gilt als ein überzeugter Verfechter des Freihandels. Mit seinem Rücktritt hat er offenbar die Konsequenz aus seiner Niederlage im Streit um die von Trump geplanten Strafzölle auf Aluminium und Stahl gezogen. "Mit dem früheren Goldman-Investmentbanker verliert die Wall Street auch noch den wichtigsten Kontakt ins Weiße Haus", warnen Beobachter.
Der DAX fällt um 0,2 Prozent auf 12.094 Punkte, der Euro-Stoxx-50 verliert 0,3 Prozent auf 3.347 Punkte. Der Euro handelt etwas höher bei 1,2425 Dollar. Der als sicherer Hafen geltende Yen hat mit dem Cohn-Rücktritt kräftig zugelegt. Daneben profitieren in diesem Umfeld die Anleihen vom Sicherheitsbedürfnis der Anleger. Die Kurse steigen, die Renditen sinken also.
US-Präsident Donald Trump hat derweil die Europäische Union erneut scharf kritisiert und mit Zöllen auf Autoimporte von 25 Prozent gedroht. Die EU sei zu den USA "besonders hart", sagte er bei einem Treffen mit dem schwedischen Regierungschef Stefan Löfven. "Sie machen es für uns fast unmöglich, mit ihnen Geschäfte zu machen", sagte Trump über die Europäer. Die wirtschaftliche Situation sei "sehr, sehr ungerecht".
Optimisten hoffen, dass ein möglicher Einbruch an der Wall Street bei einer tatsächlichen Umsetzung der Strafzölle Trump zur Vernunft bringen würde. Zudem bestehe die Hoffnung, das Trump nach der Nachwahl eines Sitzes im US-Repräsentantenhauses in der Nähe von Pittsburgh am 13. März von seinen Plänen ablässt, so die LBBW. Die Gegend gehöre zum sogenannten "Rust Belt" und beheimate viele Trump-Fans.
Erst vor wenigen Tagen warnte Bernhard Mattes, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) und Chef der deutsch-amerikanischen Handelskammer, vor einer unglücklichen Spirale von Gegenmaßnahmen, die durch Strafzölle ausgelöst werden könnten. Er wies in einem Interview mit der Tageszeitung FAZ darauf hin, dass in einem Handelskrieg alle verlieren würden.
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Die Strafzölle der USA auf Stahl und Aluminium verstoßen nach Ansicht des ifo Instituts gegen die Regeln der Welthandelsorganisation WTO. "Die EU darf aber nun nicht ihrerseits mit Zöllen auf Stahl und Aluminiumprodukte aus Drittstaaten wie China oder Russland reagieren, um die eigene Industrie vor den Effekten der Handelsumlenkung zu schützen", sagte Gabriel Felbermayr, Leiter des ifo Zentrums für Außenwirtschaft. "Vielmehr müssen sich die EU und die Bundesregierung dafür einsetzen, dass alle anderen WTO-Mitglieder gemeinsam die Einhaltung der WTO-Regeln einfordern, um den handelspolitischen Konflikt einzugrenzen."
Felbermayr fügte hinzu: "Donald Trump hat Recht, wenn er auf hohe Einfuhrzölle der EU bei Autos (10 Prozent) und anderen Produkten verweist. Im Durchschnitt liegen die Importzölle der USA in der Tat unter jenen der EU. Dies entspricht dem in der Uruguay-Runde 1986-1994 verhandeltem Recht; doch hat sich die Welt seither stark verändert. Die Bundesregierung und die EU sollten den USA bei Verzicht auf Schutzzöllen die Verhandlung eines Abkommens in Aussicht stellen, dass den schnellen Abbau aller Zölle im transatlantischen Handel vorsieht, sowohl auf europäischer als auch auf amerikanischer Seite."
"Die EU muss außerdem entschieden mit Vergeltungszöllen reagieren, die durch die WTO erlaubt sind", verlangte Felbermayr weiter. "Damit beginnt ein Handelskonflikt, der nur Verlierer kennt. Dies ist eine extrem bedauerliche und auch gefährliche Entwicklung. Auf Vergeltung zu verzichten, ist aber keine Option. Die glaubwürdige Drohung mit Vergeltungszöllen ist notwendig, damit Länder ihren WTO-Verpflichtungen treu bleiben. Europa würde sich unglaubwürdig machen, verhielte es sich jetzt passiv. Andere Länder könnten sich ermutigt fühlen, ebenfalls unliebsame Regeln zu brechen."