Die Ratingagentur Moody's rechnet durch die Erdbebenkatastrophe in Japan mit hohen Schäden für Versicherer und Rückversicherer weltweit. Dies werde in beiden Branchen zu negativen Auswirkungen auf die Kreditwürdigkeit führen, teilte Moody's Investors Service am Montagvormittag mit.
Die endgültige Summe der versicherten Schäden und welche Konzerne diese tragen müssten, hänge von der Art der Versicherung ab - die Erdbebenrisiken in Wohngebieten werden von einem staatlichen Versicherungsprogramm abgedeckt, die der Unternehmen nicht -, von der Höhe der abgeschlossenen Rückversicherung sowie der Struktur von Rückversicherungsprogrammen. Als weitere unbekannte Größe bezeichnete die Agentur mögliche Betriebsunterbrechungsschäden durch Beschädigung der Elektrizitäts- und Transportinfrastruktur.
"Die Bewertung der Schadensansprüche wird ein langwieriger Prozess werden, da die Größe und der Umfang des Ereignisses die Ressourcen der Versicherer zur Schadensregulierung erheblich belasten wird", hieß es. "Zudem dürften die Nachbeben noch wochenlang anhalten und zu weiteren Versicherungsschäden führen."
Am Freitag hatte ein Beben der Stärke 9,0 vor der nordöstlichen Küste Japans das Land erschüttert. Im Anschluss an das stärkste bisher in Japan registrierte Erdbeben war eine meterhohe Flutwelle über das Land gerollt und hinterliess eine Spur der Verwüstung. Tausende Menschen starben bei der Katastrophe, mehrere Tausend werden vermisst.
Laut Moody's dürften die globalen Rückversicherer auf nominaler Basis die höchsten Schadensansprüche verzeichnen, darunter Munich Re, Swiss Re, und Hannover Rück, sowie die französische SCOR und die Berkshire Hathaway Reinsurance aus dem Unternehmensgeflecht des US-Multimilliardärs Warren Buffet.
Nur geringen Einfluß auf Liquidität und Finanzsituation
Die Ratingagentur Fitch geht davon aus, dass die durch die Erdbebenkatastrophe in Japan verursachten Versicherungsschäden von der Versicherungs- und Rückversicherungsbranche ohne weitreichende Liquiditätsprobleme oder übermäßige finanzielle Belastungen getragen werden können. Und das, obgleich es sich um eines der am höchsten versicherten Ereignisse in der Geschichte handeln dürfte, teilte Fitch am Montag mit.
Aufgrund des Umfangs und der Komplexität der Versicherungsschäden werde es einige Zeit in Anspruch nehmen, bis die internationalen Schadenregulierer und die lokalen Sachverständigen die entstandenen Schäden beziffern könnten. Die Versicherungsschäden dürften aber deutlich unter den volkswirtschaftlichen Schäden liegen.
So seien die Schäden bei Wohnimmobilien von einem staatlichen Versicherungssystem abdeckt. Die Regierung übernehme damit Schäden in Höhe von bis zu 4,3 Bill JPY (rund 52,6 Mrd USD). Japanische Sachversicherer hätten in den vergangenen Jahren erhebliche Katastrophenreserven in Höhe von 524 Mrd JPY aufgebaut. Zudem würden Erdbebenpolicen nur als Zusatzversicherung angeboten und nur zwischen 14 Prozent und 17 Prozent der Häuser in Japan seien davon abgedeckt. Darüberhinaus habe das Epizentrum in einiger Entfernung von den stark bevölkerten Gebieten um Tokio und Osaka gelegen. In den betroffenen Gebieten sei die Versicherungsquote geringer als in den Großstädten.
Etliche Rückversicherer dürften allerdings infolge der Katastrophe ihre Gewinnprognosen für 2011 senken und im Laufe des Jahres weitere Katastrophenschäden in ihre Bilanz nehmen, so Fitch. Aufgrund der Flut in Australien und dem Erdbeben in Neuseeland hatten die Unternehmen bereits etliche Schäden verbuchen müssen und mehrere Rückversicherer hatten erklärt, ihr Katastrophenbudget 2011 größtenteils bereits aufgebraucht zu haben.
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Der schweizerische Rückversicherer Swiss Re kann die Schäden der Katastrophe nach dem Erdbeben in Japan noch nicht abschätzen. Dazu sei die Situation zu komplex, teilte der Züricher Konzern am Montag mit. Auch Besonderheiten des japanischen Versicherungsmarktes machten eine Schätzung schwierig. Es läuft jedoch darauf hinaus, dass vorrangig Feuerschäden der Rückversicherungsbranche zu schaffen machen werden.
Unklar sei die Situation auch deshalb noch, weil Japan von gleich mehreren Katastrophen getroffen wurde. Neben dem eigentlichen Erdbeben und den folgenden Tsunamis wurde die betroffene Region von Feuern heimgesucht. Hinzu kommt die Gefahr einer nuklearen Katastrophe. Jedes einzelne dieser Ereignisse muss aus Sicht der Swiss Re von Versicherungen unterschiedlich betrachtet werden. Dabei macht es sogar einen Unterschied, ob Privatpersonen oder Unternehmen die Geschädigten sind.
Die Kosten der durch Erdbeben oder Tsunami zerstörten und beschädigten Wohnhäuser werden vom japanischen Staat aufgefangen. Von diesen Schäden sei der Rückversicherungsmarkt im Regelfall nicht betroffen, glaubt die Swiss Re. Im Gegensatz dazu würden Feuer in Gebäuden von Erstversicherern abgedeckt, und hier seien dann auch die Rückversicherer entsprechend betroffen.
Anders sei die Lage bei versicherten Unternehmenskunden. Hier seien auch Schäden durch Tsunamis und Erdbeben von der privaten Versicherungswirtschaft abgedeckt. Die Swiss Re nannte keine Kosten, die daraus möglicherweise auf den schweizerischen Rückversicherer zukommen können. Analysten rechnen jedoch mit hohen Schäden, nachdem die Branche im bisherigen Jahresverlauf schon durch das Erdbeben in Neuseeland und die Überflutungen in Australien hart getroffen worden war.
Von einer möglichen Atom-Katastrophe wären die Rückversicherer dagegen relativ wenig betroffen. Swiss Re erklärte, dass Erdbeben und Tsunami-Schäden an den japanischen Atomreaktoren normalerweise nicht versichert seien. Unversichert seien nicht nur die Atomkraftwerke selbst, sondern auch Schäden, die den Betreibern der Kraftwerke durch Haftungsansprüche Dritter entstehe könnten. Bei der Versicherung von Eigentum sei zudem eine Verseuchung durch radioaktive Strahlung ausgeschlossen. Für die Grundeigentum- und Sachversicherung sei deshalb nicht von beträchtlichen Schäden durch ausgetretene Radioaktivität auszugehen.
Der französische Versicherungskonzern AXA erwartet unmittelbar keine wesentlichen finanziellen Auswirkungen der Erdbebenkatastrophe in Japan. Dies geht aus einer Mitteilung hervor, die der Konzern am Montagabend auf seiner Homepage veröffentlicht hat. Nach bisherigen Informationen seien keine erheblichen Belastungen aus dem Versicherungsgeschäft in Japan auszumachen, heißt es in dem Statement. Das Geschäft umfasse Lebensversicherungen, Kfz-Direktversicherungen, Asset Management und Versicherungen für Großunternehmen.
AXA habe zudem Maßnahmen ergriffen, seinen Kunden in Japan entgegenzukommen. Dazu gehört die sofortige Auszahlung von Versicherungsansprüchen, die Möglichkeit eines sechsmonatigen Aufschubs von Prämienzahlungen sowie die Einrichtung einer kostenlosen Hotline. Außerdem sei ein Spendenfonds in Höhe von 1 Mio USD aufgelegt worden.
Der Versicherer teilte zudem mit, dass bislang keine Todesfälle unter den 8.000 AXA-Mitarbeitern in Japan zu beklagen seien.
US-Katastrophenforscher rechnen mit versicherten Schäden aus dem Erdbeben und dem Tsunami in Japan von 12 Mrd bis 25 Mrd USD. Von diesen Kosten für Versicherer würden wohl 2 Mrd bis 4 Mrd USD von staatlichen Stellen in Japan übernommen, berichtete das auf Katastrophenforschung spezialisierte Unternehmen Eqecat. In der Kostenschätzung seien die zerstörten Autos und Schiffe durch den Tsunami sowie der Ausbruch zahlreicher Feuer enthalten. Ebenfalls in der Prognose enthalten seien 2 Mrd bis 3 Mrd USD, die von Lebensversicherern zu tragen seien.