Versicherer sollten den Zusammenhang von Schadenentwicklung und Klimawandel stärker als bisher ins Blickfeld rücken. Dies ist das Ergebnis einer aktuellen Studie der Allianz Group und des World Wildlife Fund (WWF). Es ist der erste Bericht einer großen Versicherungsgruppe über die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Klimawandel in den USA. Sie befasst sich mit den Auswirkungen auf Waldbrände, Stürme sowie Überflutungen und weist nach, wie sich diese Gefahren auf Assekuranz und ihre Kunden auswirken.
Wetterbedingte Zerstörungen nehmen zu
Der Bericht weist im Detail nach, dass der Klimawandel Wetterkonstellationen ändern und ihre Zerstörungskraft steigern kann mit der Folge höherer Schäden durch Überflutung, Waldbrand und Sturm. Das unmittelbar größte wetterbedingte Risiko erwächst den USA aus Hurrikans, deren Frequenz und Zerstörungspotenzial anschwellen dürften. Bedingt durch ansteigende Meeresspiegel über die kommenden Dekaden wächst außerdem das Überflutungsrisiko von Küstenstädten und Teile der US-Küstenstaaten. Waldbrände dürften noch öfter ausbrechen und sich noch verheerender als bisher auswirken. Diese Trends könnten dazu führen, dass in Gebieten, die hohen Wetterrisiken ausgesetzt sind, der entsprechende Versicherungsschutz unbezahlbar wird. Tatsächlich steigen die Prämien in Regionen, die dem Hurrikan-Risiko ausgesetzt sind, bereits an. In einigen Fällen geben Versicherer das Geschäft in diesen Gebieten allerdings auf.
Klimawandel in den Fokus stellen
Allianz und WWF wollen einen Beitrag dazu leisten, dass insbesondere Versicherungen, Regierungen und Aufsichtsbehörden besser mit dem Klimawandelrisiko umgehen. "Wir müssen zukünftig besser verstehen, welche Auswirkungen der Klimawandel hat und wie sich dadurch das Umfeld unserer Kunden ändert", sagt Clem Booth, Vorstandsmitglied der Allianz AG. "Wenn wir trotz gewaltiger Umbrüche einen Weg gefunden haben, Risiken wie die erste Atlantiküberquerung oder den Terrorismus weltweit zu versichern, muss es auch möglich sein, die Folgen des Klimawandels abzudecken". "Die Erderwärmung ist die größte Gefahr für Umwelt, Mensch und Fauna. Keiner von uns kann es sich leisten, nichts dagegen zu tun", sagt Carter Roberts, President und CEO des US-amerikanischen WWF. "Die Assekuranz ist persönlich daran interessiert, ihren Teil der Problemlösung beizusteuern. Hier hat die Allianz eine Führungsrolle übernommen. Wir hoffen, dass die gesamte Versicherungsbranche den Klimawandel zu einem Top-Thema macht."
Konkrete Empfehlungen
Der Bericht enthält Empfehlungen, wie mit den potenziell schädlichen Auswirkungen des Klimawandels in den USA umzugehen ist. Insbesondere appelliert er an Regierungen und Versicherer, sich gegen Marktverzerrungen zu wenden und deutlich zu machen, was für Konsequenzen Hausbesitzer, Konsumenten und Unternehmen zu tragen haben, wenn sie in risikobehaftete Gebiete ziehen. Aufsichtsbehörden sollten sorgfältig die Auswirkungen von Programmen prüfen wie das National Flood Insurance Program, das die Versicherungsprämie künstlich niedrig hält. Damit wird der tatsächliche Preis des Überschwemmungsrisikos verschleiert und es entsteht ein Anreiz, sich in Gebieten mit hohem Risiko anzusiedeln. Außerdem schlägt der Bericht den US-amerikanischen Versicherern vor, mögliche Änderungen durch den Klimawandel – etwa steigender Meeresspiegel und Ausdehnung der Waldbrandperioden – in ihre Kalkulationen einzubeziehen, statt ausschließlich mit Wetterdaten aus der Vergangenheit zu arbeiten.
Einfluss auf Stadtplanung und Bauvorschriften
Der Bericht spricht sich auch dafür aus, dass Versicherer Landverbrauch und Siedlungstätigkeit in Regionen hohen Risikos beeinflussen sollten. So bieten beispielsweise Mangrovensümpfe einen Schutz vor Sturm, Überschwemmung und Flutwellen; sie sollten ebenso erhalten werden wie Wälder, die das Erdrutschrisiko mindern. Ein weiterer Ansatzpunkt, um Schäden infolge des Klimawandels zu begrenzen, sind sturmfeste und energieeffiziente Baumaterialien, verbesserte Bauvorschriften und allgemein die Aufklärung darüber, wie sinnvoll solche Maßnahmen sind. Booth: "Verbraucher können nur gewinnen, wenn sie in Gebäuden wohnen und arbeiten, die ausreichend Schutz gegen Sturm, Feuer und Überschwemmung auf dem neuesten technischen Stand bieten".
"Grüne" Bauweisen unterstützen
Fireman's Fund Insurance Company, ein Unternehmen der Allianz AG, wird im Herbst 2006 eine gewerbliche Gebäudeversicherung einführen, die Anreize stiftet "grün" zu bauen, also Gebäude zu errichten, die energieeffizient sind und die die Emission von Treibhausgasen verringern. So bietet eines der Produktbausteine einen Rabatt für Gebäude, die LEED- (Leadership in Energy and Environmental Design) oder "Green-Globe"-zertifiziert sind. Ein weiterer Baustein stuft Kunden günstiger ein, die sich bei Renovierungsarbeiten (beispielsweise Dach, Fenster, Heißwasser- und Elektrizitätsinstallationen) für energieeffizienten ("grünen") Ersatz entscheiden. Ein dritter Produktbaustein bietet einen Preisabschlag, wenn nach dem Erwerb beispielsweise einer Klimaanlage diese von unabhängigen Gutachtern auf korrekte Installation und auf Energieeffizienz geprüft und abgenommen wurde. "Unsere neuen Produkte werden die Energieeffizienz verbessern, den Treibhausgasausstoß verringern und dem Kunden Einsparmöglichkeiten bieten. Energieeffiziente Gebäude sind stabiler und sicherer; doppelt verglaste Fenster etwa bersten bei einem Brand seltener als einfaches Fensterglas", sagt Chuck Kavitsky, Chief Executive Officer von Fireman’s Fund. "Viele Hausbesitzer machen sich wegen des Klimawandels Sorgen, ohne recht zu wissen, was sie dagegen tun können. Wir halten nunmehr etwas bereit, das Hauseigentümer aufgreifen können und das mehr bewirkt als allein die Entlastung ihres Portemonnaies".
Problemlösungen für Kunden und Assekuranz
In Übereinstimmung mit den Empfehlungen der Studie hat die Allianz zahlreiche Initiativen gestartet, die ihren Kunden und der Branche helfen das Problem zu lösen. Sie wird in den nächsten fünf Jahren 600 Millionen US-Dollar in Projekte mit erneuerbaren Energien investieren. Außerdem führt sie ein neues Arbeitsinstrument ein, dass sich auf das Angebot von Google Earth stützt und über das Kunden abschätzen können, wie hoch sie dem Naturkatastrophenrisiko ausgesetzt sind. Außerdem hat sich die Allianz vorgenommen, den Treibhausgasausstoß der Gruppe bis 2012 um 20 Prozent zu verringern. Sie will außerdem untersuchen, wie die Auswirkungen des Klimawandels in ihre Risikomodelle integriert werden können.
Download Studie "Climate Change and Insurance: An Agenda for Action in the United States":
Info: Was ist der WWF? Das Kürzel WWF steht in den Vereinigten Staaten und Kanada für World Wildlife Fund; das Logo der Organisation, der Pandabär, ist weltweit bekannt. Der WWF setzt sich an vorderster Front für den Schutz bedrohter Tierarten und ihres Lebensraums ein und will die biologischen Vielfalt auf unserem Planeten erhalten. Er arbeitet im fünften Jahrzehnt seines Bestehens als weltumspannende Naturschutzorganisation und ist in über 100 Ländern aktiv. Mit rund 1,2 Millionen Mitglieder allein in den USA und weiteren 4 Millionen in den übrigen Ländern ist der WWF eine der größten privat finanzierten Naturschutzorganisation der Welt. |