Die Einrichtung einer gemeinsamen Bankenaufsicht in der Eurozone ist einen Schritt weiter: Am Dienstag einigten sich die EU-Parlamentarier mit den Mitgliedsstaaten auf die Struktur der neuen Behörde. Dabei wurden die wichtigsten Punkte beibehalten, die von den Finanzministern im Dezember festgelegt wurden.
Den Plänen nach soll die Aufsicht über die 6.000 Banken der Eurozone verschärft werden und so eine neue Finanzkrise wie in Spanien, Griechenland oder Zypern verhindern. Auch Länder, die nicht Mitglieder der Währungsunion sind, können sich beteiligen.
Im vergangenen Juni hatten sich die Staats- und Regierungschef darauf verständigt, dass der Europäische Rettungsfonds ESM die Banken direkt rekapitalisieren kann, wenn die Aufsicht Mitte 2014 voll einsatzbereit ist. Dadurch soll die oft unheilvolle Verknüpfung zwischen Staat und Bankensystem gelöst werden. "Das ist der erste fundamentale Schritt in Richtung einer echten Bankenunion, die das Vertrauen in die Banken der Eurozone wiederherstellen wird und die Standfestigkeit und Verlässlichkeit des Bankensektor sichert", sagte EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier.
In Hinblick auf Zypern sagte Barnier, die Eurozone sei derzeit "Schwierigkeiten ausgesetzt". "Wenn die Bankenunion bereits bestehen und funktionieren würde, wäre es bedeutend einfacher, mit diesen Schwierigkeiten umzugehen".
Beschlossen wurde am Dienstag der Plan, dass die Aufsichtsbehörde bei der Europäischen Zentralbank angesiedelt wird. Ihre Entscheidungen müssen vom Direktorium abgesegnet werden. Vor allem den großen Banken soll sie auf die Finger schauen. Kleinere Institute sollen wie bisher weitgehend der nationalen Aufsicht unterstehen, wen sie nicht die finanzielle Stabilität gefährden.
Als Erfolg verbuchten die Abgeordneten, dass das Europäische Parlament ein Vetorecht bei der Besetzung des Leiters der neuen Agentur und seines Stellvertreters erhält. Zudem kann es ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Vorsitzenden einleiten. Die Übereinkunft muss noch offiziell von den Mitgliedsstaaten und dem Parlamentsplenum bestätigt werden. Am Mittwoch wird noch über die Umsetzung der Kapital- und Liquiditätsvorschriften sowie über die Bonus-Übergrenzen verhandelt; auch hier wird eine Einigung erwartet.
EU-Parlamentspräsident Martin Schulz begrüßte die Übereinkunft. Die Zypern-Krise zeige aber, dass die Politik schnell einen Lösungsmechanismus für die Restrukturierung oder Abwicklung gescheiterter Banken einrichten müsse. Die Kommission will dazu noch in diesem Jahr einen Vorschlag einbringen. "Die heutige Einigung ist ein Schritt zum Aufbau einer Bankenunion", sagte Schulz. "Wir brauchen eine solche Union, um das wirtschaftliche Vertrauen in Europa wiederherzustellen und die negative Rückkopplungsschleife zwischen Banken und nationalen Haushalten zu durchbrechen."
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EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier will bei der geplanten Aufspaltung von Großbanken ehrgeiziger vorgehen als Deutschland und Frankreich. "Wahrscheinlich werde ich eine ambitioniertere Reform vorlegen als die Regierungen in Berlin und Paris", sagte Barnier dem Handelsblatt.
Die Bundesregierung und die französische Regierung wollen die Banken zwingen, den Eigenhandel im engeren Sinne vom Rest des Geschäfts abzutrennen und in eine organisatorisch unabhängige Gesellschaft zu verlagern.
Damit bleiben die beiden größten EU-Staaten deutlich hinter den Vorschlägen einer vom finnischen Notenbankgouverneur Erkki Liikanen geführten EU-Expertengruppe zurück. "Der Liikanen-Bericht bleibt für mich die Arbeitsgrundlage", sagte Barnier. Er wolle daher "bei der Abtrennung der Risiken weitergehen" als Deutschland und Frankreich. Sein Gesetzentwurf dazu komme im September, bestätigte Barnier.
Der EU-Kommissar kündigte darüber hinaus an, dass er die geplante EU-Abwicklungsbehörde für Banken nicht bei der EZB ansiedeln will. "Die Bankenabwicklung sollte nicht in derselben Hand liegen wie die Bankenaufsicht. Deshalb wollen wir dafür eine unabhängige Behörde schaffen", sagte er.
Diese neue Behörde solle die Zusammenarbeit zwischen den nationalen Abwicklungsfonds organisieren. Es werde sich dabei um eine "Zusammenarbeit auf freiwilliger Basis" handeln. Er wolle die nationalen Fonds nicht dazu verpflichten, sich im Notfall gegenseitig Geld zu leihen. Barnier beugte sich damit dem Druck der großen EU-Staaten. Er hatte vorher mehrfach versucht, eine gemeinsame Haftung für die nationalen Abwicklungs- und Einlagensicherungsfonds vorzuschreiben.
Bei den 44 Großbanken Europas klafft für das Erreichen der strengen Kapitalvorschriften nach Basel III immer noch eine Lücke von knapp 112 Milliarden Euro. Diesen Kapitalbedarf ermittelte der halbjährlich von der Europäischen Bankenaufsicht EBA und dem Baseler Ausschuss durchgeführte Test, der dieses Mal die Kapitalausstattung der Banken per 30. Juni 2012 untersuchte. Die Banken müssen bis 2019 auf eine harte Kernkapitalquote von 7 Prozent kommen, davon trennt sie noch die nun ermittelte Kapitallücke.
Das Ergebnis des Stresstest zeigt trotz der noch fehlenden Milliardenbeträge deutliche Fortschritte. Im Vergleich mit dem vorangegangenen Test hat sich die harte Kernkapitalquote der Großbanken um durchschnittlich 0,9 Prozentpunkte verbessert. Aus diesem Grund sank auch der Kapitalbedarf der Großbanken um rund 86 Milliarden Euro. Die Verbesserung spiegelt die Bemühungen der Banken wieder, die Vorgaben der EU zu erfüllen.
Insgesamt beteiligten sich 157 Banken freiwillig an der Überprüfung. Der Test berücksichtigt die komplette Implementierung der Regeln nach Basel III, die ab 2019 gelten sollen. Übergangsregeln werden bei der Überprüfung ebensowenig berücksichtigt wie EU-spezifische Aspekte. Zudem fließen nur die zum Stichtag umgesetzten Kapitalmaßnahmen in den Test ein. Seither haben die meisten Banken umfassende Maßnahmen unternommen, um ihre harte Kernkapitalquote weiter zu verbessern.
Basel III zwingt die Banken dazu, höhere Eigenkapitalvorgaben zu erfüllen. Zudem müssen etwa systemrelevante Banken zusätzliche Kapitalpuffer vorhalten.