Interview mit dem Chefvolkswirt der Deutschen Bank

Europa ohne Euro


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Deutschland wird nach Einschätzung des scheidenden Chefvolkswirts der Deutschen Bank, Thomas Mayer, nicht um jeden Preis am Euro festhalten. Sollte die Stabilität der Währung nicht mehr gegeben sein, dann werde Deutschland "etwas anderes machen", sagte Mayer im Interview mit Dow Jones Newswires. Kritik übte Mayer an der Aussage von Bundeskanzlerin Merkel, Europa scheitere, wenn der Euro scheitere. "Sie sollte diesen Satz zurücknehmen. Es gibt Europa auch ohne Euro", sagte der Ökonom. Mayer tritt zum 31. Mai 2012 als Chefvolkswirt der Deutschen Bank und Leiter von DB Research zurück.

Mayer räumte ein, dass die Neigung Deutschlands zu Alleingängen in dieser Hinsicht gering sei und sich ein Ausstieg aus dem Euro überdies nicht von heute auf morgen bewerkstelligen ließe. Gleichwohl sagte er: "Wenn die (Stabilität der Währung) nicht gewährleistet ist, dann denke ich, wird man Mittel finden, was anderes zu machen. Ich halte nichts von dem Merkel'schen Satz: Scheitert der Euro, scheitert Europa. Sie sollte diesen Satz zurücknehmen. Es gibt Europa auch ohne Euro." In Europa habe es in den vergangenen Jahrhunderten schon so viele Währungen gegeben, dass man sich fragen müsse, warum der Euro die letzte Währung gewesen sein solle.

Mayer, Chefvolkswirt Deutsche BankDer weitere Weg aus der Euro-Schuldenkrise wird nach Mayers (Foto) Einschätzung nicht bei den französischen Präsidentschaftswahlen entschieden. "Wichtiger ist die Frage, ob die Italiener und die Spanier Kurs halten. Wenn die Kurs halten, wird, egal wer in Frankreich Präsident wird, einschwenken müssen. Wenn die beiden Länder nicht Kurs halten, dann wird, wer immer in Frankreich Präsident wird, ebenfalls in Richtung dieser Länder gehen", sagte Mayer und fügte hinzu: "Wenn Spanien und Italien nicht Kurs halten, müssen wir uns in Deutschland fragen, ob das die Währung ist, die wir wollten. Das ist eine Debatte, die den Wahlkampf 2017 beeinflussen wird." Allerdings, so räumte er ein, wäre ein Euro-Ausstieg ein längerer politischer Prozess.

Der Idee einer Fiskalunion in Europa kann der Chefvolkswirt der Deutschen Bank nicht viel abgewinnen: "Souveräne Staaten müssen selbst haften. Meines Erachtens müsste man in Griechenland einen Präzedenzfall sehen", sagte er. Wer sich so unverantwortlich verhalte, müsse auch bankrott gehen können. Die Regierungen des Euroraums sieht Mayer in der Pflicht, verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen. "Die Länder müssen den in- und ausländischen Anlegern ganz klar machen, dass alle Maßnahmen umgesetzt werden, dass die Staatshaushalte konsolidiert und die externen Finanzierungslücken geschlossen werden", betonte er.

Die Reduzierung des spanischen Haushaltsdefizits um 5,5 Prozentpunkte binnen zwei Jahren bei einer Arbeitslosenquote von fast 25 Prozent hält der Ökonom nicht für unzumutbar. "Es ist leistbar, wenn damit wieder Vertrauen hergestellt wird, damit inländische und ausländische Kreditgeber über das Bankensystem Kredite bereitstellen und Unternehmen und private Haushalte bereit sind zu investieren und im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu konsumieren", sagte Mayer.

Das volle Interview im Wall Street Journal Deutschland


[Bildquelle: iStockPhoto]

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